_ebook - GER_ - Francesca Shaw - Allerliebste
dagegen, dass Miss Donaldson und ich in Rye End Hall bleiben. Sie wollten sogar mein Land kaufen. Sind Sie nicht mehr am Kauf interessiert?“
Marcus legte Miss Danes Hand wieder in seine Armbeuge und setzte den Weg zum Haus fort. „Es gibt viele Arten, Miss Dane, auf den Busch zu klopfen“, antwortete er ausweichend. „So, durch welche Tür haben Sie das Haus verlassen?“
„Durch die Seitentür. Sie ist unverschlossen.“
Überrascht schaute er Miss Dane an. „Wirklich, Madam! Haben Sie keine Angst vor Einbrechern? Sie sind tatsächlich die ungewöhnlichste Frau, die mir je begegnet ist!“
„Wenn wir schon über ungewöhnliches Benehmen reden, Sir, dann müsste ich Sie fragen, warum Sie zu dieser Zeit im Freien sind? Es muss mindestens halb drei Uhr sein.“
„Ich habe bei Sir George Dover Karten gespielt. Der Abend war so angenehm, dass ich zu Fuß heimgekehrt bin. Aber, wie Sie zu Recht bemerkt haben, ist es spät geworden. Gute Nacht, Miss Dane.“ Er hob ihre Hand an, drückte ihr einen Kuss auf die Innenseite des Handgelenks, um nicht mit ihren nach Fisch stinkenden Fingern in Berührung zu kommen, und entfernte sich dann auf dem vom Mond beschienenen, nach Brightshill führenden Weg.
KAPITEL 5
Einige Tage nach dem missglückten Angelversuch wurde Mr. Jeremy Blake, der seinen Besuch zuvor brieflich angekündigt hatte, in Rye End Hall erwartet. Miss Donaldson wischte emsig nicht mehr vorhandenen Staub fort und machte dadurch Antonia noch aufgeregter, als sie ohnehin schon war. „Bitte, Maria, hör auf und setz dich hin! Mr. Blake wird gleich hier sein, und du bist ganz erhitzt. Oh, lausche mal!
Kann es sein, dass ich eine Kutsche höre?“
Maria versteckte das Staubtuch unter den Sofakissen und drückte die Frisur zurecht.
Antonia strich ihr einziges hübsches Tageskleid glatt und warf hastig einen Blick in den über dem Kamin hängenden Spiegel. Sie war zuversichtlich, dass ihr Aussehen einen betagten Anwalt beeindrucken werde. Das widerspenstige braune Haar war glatt zurückgekämmt und wurde von einem dunklen Band gehalten. Das hochgeschlossene Kleid hatte am Kragen und den Ärmeln einen kurzen Besatz aus Brüsseler Spitze. Als Schmuck trug sie nur die Bernsteinkette, die sie von der Mutter geerbt hatte.
Als das vor kurzem eingestellte Hausmädchen Mr. Blake ankündigte, drehte sie sich um.
Ein Mann, der kaum älter war als sie, stand auf der Türschwelle des Salons. Er sah gut aus, hatte ein freundlich wirkendes, offenes Gesicht und ordentlich geschnittenes braunes Haar. Er trug tadellos geschneiderte schlichte Kleidung und war weit von dem Bild des verknöcherten Anwaltes entfernt, das sie sich von ihm gemacht hatte.
Die Damen waren überrascht, und das traf auch auf ihn zu. Es gelang ihm nicht schnell genug, das Erstaunen und die Freude zu verhehlen, die er beim Anblick der hinreißenden, sich ihm zur Begrüßung nähernden jungen Dame empfand.
Er hatte damit gerechnet, eine steife, förmliche alte Jungfer unbestimmbaren Alters vorzufinden. Stattdessen sah er eine junge Frau vor sich, die schlichte Eleganz ausstrahlte. Sie entsprach nicht ganz dem allgemeinen Schönheitsideal, da sie zu groß und obendrein gertenschlank war. Auf Mr. Blake machte sie jedoch einen bewundernswerten Eindruck.
Er setzte eine höfliche Miene auf und ergriff die Hand der Dame.
„Guten Tag, Mr. Blake. Ich hoffe, Sie hatten eine angenehme Reise.“
„Ja, danke, Madam. Ich habe die Nacht in Berkhamsted im ,Weißen Hirsch'
verbracht.“
„Erlauben Sie, dass ich Ihnen Miss Donaldson vorstelle, meine Gesellschafterin.“ Diese Dame entsprach mehr Jeremys Erwartungen. Er verneigte sich höflich vor ihr, folgte der Aufforderung, sich zu setzen, und nahm die ihm angebotene Teetasse entgegen.
„Mir ist klar, dass Sie nur einen flüchtigen Eindruck von Rye End Hall bekommen haben“, äußerte Antonia in bewusst gleichmütigem Ton. „Aber darf ich fragen, ob das die Art von Anwesen ist, die Ihr Auftraggeber sucht?“
„Ja, das ist es“, antwortete Mr. Blake freundlich. „Die Lage des Objektes entspricht genau Sir Josiah Finchs Anforderungen, und das Haus macht einen charmanten Eindruck.“
„Sir Josiah Finch?“
„Ich glaube, ich begehe keinen Vertrauensbruch, wenn ich Ihnen mitteile, dass ich im Auftrag von Sir Josiah Finch handele, der vor ungefähr einem Jahr aus Hinterindien zurückgekehrt ist und sich nun in dieser Gegend, aus der seine Familie stammt, ansiedeln möchte.“
„Wie
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