_ebook - GER_ - Francesca Shaw - Allerliebste
vorschnellte, gezwungen war, sich ständig umzudrehen, um ihn nicht aus den Händen zu verlieren. Plötzlich merkte sie, dass die Angelschnur sich ihr um die Fußgelenke gewickelt und sie sich vollkommen darin verheddert hatte.
„Ach, halt still!“ herrschte sie den Fisch an, der ihr den Gefallen jedoch nicht tat und ihr mit dem feuchten Schwanz die Vorderseite des Kleides nass machte.
„Ich hätte mir denken können, dass Sie das sind!“ Die halb belustigt, halb verdrossen klingende Stimme war ihr ganz aus der Nähe ans Ohr gedrungen.
Erschrocken schrie Antonia auf. Sie machte eine ungeschickte Bewegung, durch die der Angelhaken aus dem Maul des Flussbarsches gerissen wurde, der dann ihren Händen entglitt und ins Wasser schnellte. Vor Angst klopfte das Herz ihr bis zum Hals, als sie sich hastig umdrehte. Lord Allington stand vor ihr, bequem an den Stamm einer über das Wasser hängenden Weide gelehnt.
„Haben Sie unbegrenzte Fähigkeiten, Miss Dane?“ fragte er, und seine Mundwinkel zuckten verdächtig.
„Wagen Sie nicht, mich auszulachen!“ brauste sie auf. „Sie haben mich zu Tode erschreckt und dazu gebracht, den Fisch fallen zu lassen!“
„Dem Aussehen nach ist das eine sehr gute Angel. Schade, dass sie Ihnen aus der Hand geglitten ist.“ Je wütender Antonia wurde, desto mehr schien Seine Lordschaft sich zu amüsieren.
„Hätten Sie sich nicht wie ein Dieb in der Nacht hinter mir angeschlichen …“ Hastig machte Antonia einen Schritt vorwärts und merkte, dass die Angelschnur sich noch fester um ihre Fußgelenke zog. „Oh, zum Kuckuck mit dieser Angelschnur! Sie scheint lebendig zu sein!“
„Stehen Sie still! Ich werde Sie befreien.“ Marcus schlenderte zu Miss Dane und hockte sich neben ihr hin.
Antonia schaute auf seinen Kopf und spürte vor Verlegenheit brennende Röte in die Wangen steigen, als er ihre Fußgelenke berührte. Unbehaglich regte sie sich und wusste nicht, was sie mit den Händen anfangen solle. „Wenn Sie so herumzappeln, machen Sie alles nur noch schlimmer“, sagte er scharf. „Hören Sie, das ist der falsche Augenblick für Zimperlichkeit, Miss Dane! Wollen Sie bis Tagesanbruch hier bleiben?“
„Nun, dann beeilen Sie sich“, antwortete sie schnippisch und war froh, dass man im Mondlicht ihre geröteten Wangen nicht so deutlich sehen konnte. „Können Sie die Angelschnur nicht durchschneiden?“
„Ich soll sie durchschneiden?“ Marcus setzte sich auf die Hacken und schaute zu Miss Dane hoch. Seine Augen glitzerten im Mondlicht. „Wirklich, Miss Dane! Ich begreife, dass Sie keine Anglerin sind. Wäre der Angelhaken nicht in den Falten Ihres Kleides verschwunden, könnte ich schneller sein. Ich habe jedoch nicht vor, mich daran am Daumen zu stechen.“
„Nun, dann tun Sie Ihr Bestes.“ Antonia zitterte innerlich und empfand eine Fülle von Gefühlen, die von Verlegenheit und Entrüstung bis hin zu einer seltsamen Erregtheit und dem schrecklichen Drang reichten, die Finger durch Lord Allingtons volles Haar gleiten zu lassen.
Es kam ihr wie eine Ewigkeit vor, bis er schließlich aufstand, den Angelhaken vorsichtig zwischen Daumen und Zeigefinger haltend. Die Angelschnur lag lose im Gras. „So, geschafft! Nun können Sie wieder anfangen. Wo sind Ihre Köder?“
„Da drüben, aber ich glaube, für heute Nacht habe ich genug geangelt.“
„Speck?“ Marcus starrte auf den Teller. „Du meine Güte! Was wollten Sie damit fangen?“ Wieder hatte Belustigung aus seiner Stimme geklungen.
„Natürlich Flussbarsche! Speck ist ausgezeichnet für Flussbarsche, wie Sie soeben gesehen haben.“
„Eine wahre Expertin“, äußerte Marcus scherzhaft. „Hier, nehmen Sie Ihren Angelhaken und die Angelleine.“
Er hielt Antonia beides hin, und der Umstand, dass sie sich ihm nähern musste, um die Sachen an sich zu nehmen, brachte sie ihm verwirrend nahe. Zögernd streckte sie die Hand nach dem Angelhaken aus, doch Lord Allington schüttelte den Kopf.
„Nein, nach gründlichem Überlegen meine ich, dass Sie Recht haben. Für heute Nacht haben Sie genug geangelt.“ Er befestigte den Haken an der Rolle und ließ die Angel fallen.
Er betrachtete Miss Dane und fand, dass sie selbst in dem einfachen, abgetragenen Kleid, mit der zerzausten Frisur und den widerspenstigen, ihr ins Gesicht hängenden Locken noch recht begehrenswert aussah, vor allem deshalb, weil sie sich ungekünstelt gab. Im Mondlicht sah er ihre klaren, von natürlich gebogenen vollen Wimpern
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