Echo der Liebe
könnte es nicht richtig hinunterschlucken. "Manchmal. Aber meistens war sie sehr fröhlich. Und sehr klug und hübsch, so wie du und Maeve."
Obwohl Rianna das alles schon oft gehört hatte, konnte sie gar nicht genug davon bekommen. "Wie kommt es, dass Daddy nicht fröhlich ist?"
Wieder veränderte sich Grannys Gesichtsausdruck, und mit einem Mal wünschte Rianna, sie hätte die Frage nicht gestellt. Aber wie sonst sollte sie etwas erfahren? Die Erwachsenen erzählten einem freiwillig nie etwas - sie sagten höchstens: "Putz dir die Zähne" und "Mach deine Hausaufgaben".
"Er arbeitet zu viel", sagte Granny. "Und er vermisst eure Mama ganz schrecklich."
"Ich vermisse sie auch." Maeve hätte sich jetzt über sie lustig gemacht, weil sie niemanden vermissen konnte, an den sie sich nicht erinnerte. Aber Granny schien sie zu verstehen.
"Sie hätte sich gewünscht, dass du eine wirklich tolle Geburtstagsparty feierst."
Maeve erschien in ihrem Schlafanzug auf der Treppe. Sie rieb sich die Augen und gähnte. "Ist das Frühstück fertig?"
"Ich bin sieben", platzte Rianna heraus, nicht in der Lage, diese erstaunliche Tatsache für sich zu behalten.
"Toll", sagte Maeve.
"Maeve McKettrick", schimpfte Granny. "Wenn du frech sein willst, geh besser gleich wieder zurück ins Bett." Sie wandte sich lächelnd an Rianna. "Und auf dich warten ein paar Geschenke in der Küche."
Das verbesserte Riannas Laune schlagartig. Sie mochte Geschenke.
Maeve kam widerwillig die Treppe hinunter.
"Du glaubst wohl, du bist schon ein Teenager", flüsterte Rianna ihr ins Ohr, als Granny in der Küche verschwand. Sie wollte es Maeve heimzahlen, dass sie ihren siebten Geburtstag für nicht sonderlich wichtig hielt. "Nur weil du eine Zahnspange bekommst."
"Zumindest bin ich kein Baby mehr", zischte Maeve. "Wie du."
Rianna ballte ihre Hände zu Fäusten. "Ich bin kein Baby!"
Im selben Moment kam Granny zurück. Sie behauptete immer, sie hätte Augen im Hinterkopf. Manchmal glaubte ihr Rianna sogar und stellte sich vor, wie sie unter dem toupierten Haar hervorguckten.
"Das reicht", sagte Granny. "Heute ist so ein schöner Tag, und deswegen werden wir alle nett zueinander sein."
Neben Riannas Teller lag ein großer Berg Geschenke. jedes einzelne war mit einer Schleife versehen, und sie vergaß sofort, dass Maeve sie Baby genannt hatte. Laut überlegte sie, welches davon wohl von ihrem Vater war.
Ganz kurz wurden Coras Lippen schmal. Er hat etwas zur Ranch schicken lassen", sagte sie. "Myrna Terp hat vorhin angerufen und es mir gesagt."
Mrs. Terp arbeitete bei McKettrickCo und steckte Maeve und Rianna immer Kekse oder Bonbons in bunten Papierchen in die Tasche, wenn sie ins Büro kamen. Ihr Vater tat dann so, als würde er es nicht bemerken.
"Ich hoffe, es ist ein Hund", sagte Rianna.
"So ein Quatsch", rief Maeve.
"Maeve", mahnte Granny.
Maeve verdrehte die Augen. Das tat sie sehr oft. Rianna vermutete, dass ihre Augen eines Tages einfach aus ihrem Kopf fallen und auf dem Boden herumkullern würden.
"Vielleicht ist es auch eine Mommy", überlegte Rianna.
"Man kann keine Mutter kaufen, Doofi", entgegnete Maeve. Doch ein weiterer Blick von Cora ließ sie verstummen.
"Du liebe Zeit, Maeve", brummte ihre Großmutter. "Ich kann es kaum er-warten, dass du sechzehn wirst." Allerdings klang ihre Stimme nicht so, als würde sie es ernst meinen. Das war noch etwas, was sie an Erwachsenen störte. Immerzu sagten sie etwas und meinten etwas ganz anderes.
Derweil inspizierte Rianna das oberste Geschenk. "Kann ich es aufmachen?"
"Iss erst", bestimmte Cora und stellte Riannas Lieblingsfrühstück auf den Tisch: French Toast mit Blaubeeren und Schlagsahne. Außerdem gab es Milch und Orangensaft. Fast befürchtete Rianna, sie würde acht werden, bevor sie die Geschenke öffnen durfte.
Nach dem Frühstück stürzte sie sich auf den Berg.
Ein Malbuch.
Ein kleines Plastikpony mit lavendelfarbener Mähne und Schwanz.
"Das ist für mich", sagte Maeve.
Außerdem bekam sie von Granny ein paar Kleider für die Barbiepuppen und ein goldenes Medaillon in einer roten Samtschachtel.
Als sie das Medaillon auspackte, hielt Rianna die Luft an. Maeve hatte genau so eins bekommen, als sie zehn wurde. Deshalb hatte Rianna geglaubt, dass sie noch weitere drei Jahre warten musste, bis sie etwas anderes tragen durfte als Plastikperlen.
Mit zitternden Fingern öffnete sie das kleine herzförmige Medaillon. Darin entdeckte sie ein Foto von ihrer Mutter und eines
Weitere Kostenlose Bücher