Echo des Blutes: Thriller (German Edition)
Sie Ihr großes, heißes Prachtexemplar auf den Tisch.«
Auf einmal musste Stansfield ganz schnell weg. Er schaute auf die Uhr, trank seinen Kaffee aus, murmelte Tschüss und machte sich davon.
An einem Tag wie diesem waren Jessica alle Cro-Magnon-Männchen dieser Welt vollkommen gleichgültig. Sie hatten einen Mörder in Gewahrsam genommen und einen Haufen Beweise gegen ihn. Kein Bürger oder Polizist war im Verlauf der Verhaftung verletzt worden, und auf den Straßen trieb sich ein Verbrecher weniger herum. Besser ging es kaum.
Zwanzig Minuten später trennten sie sich. Jessica ging allein zu ihrem Wagen. Sie hatte den Einsatz gemeinsam mit ihren Kollegen mit Bravour gemeistert. In solchen Situationen durfte man keine Schwäche zeigen. Die erschreckende Wahrheit war jedoch, dass jemand eine Waffe auf sie gerichtet hatte. Im Bruchteil einer Sekunde hätte alles vorbei sein können, wenn der Schütze abgedrückt hätte.
Jessica trat in einen Hauseingang und überzeugte sich davon, dass sie nicht beobachtet wurde. Als sie die Augen schloss, glitt eine Woge der Angst über sie hinweg. Sie hatte ihren Ehemann Vincent, ihre Tochter Sophie und ihren Vater Peter vor Augen. Peter Giovanni, der schon seit Jahren im Ruhestand war, und Vincent Balzano waren beide Cops und kannten die Risiken. Jessica stellte sich vor, wie sich beide über ihren Sarg in der St.-Paul’s-Kirche beugten. Sie hörte die Klänge der Dudelsäcke.
Mein Gott, Jess, dachte sie. Lass es sein. Wenn du zulässt, dass deine Gedanken diese Richtung einschlagen, bist du verloren. Andererseits war sie im Grunde eine toughe Frau, oder nicht? Sie war Detective beim Philadelphia Police Department. Sie war die Tochter von Peter Giovanni.
Verdammt, vor ihr musste man sich in Acht nehmen.
Als sie dann an ihrem Wagen ankam, zitterten ihre Beine nicht mehr. Noch bevor sie die Tür öffnen konnte, bemerkte sie jemanden auf der anderen Straßenseite. Es war David Albrecht, über dessen Schulter die Kamera hing. Er filmte sie.
Los geht’s, dachte Jessica. Das wird eine lange Woche.
Als sie einstieg und den Motor startete, klingelte ihr Handy. Sie meldete sich und erfuhr etwas, was sie schon immer vermutet hatte.
Sie war nicht die Einzige in ihrer Familie, vor der andere sich in Acht nehmen mussten.
3.
Ich höre, dass ein Lieferwagen in die Einfahrt fährt. Kurz darauf klopft es an der Tür. Ich öffne sie. Vor mir steht ein Mann um die vierzig, der schon einen kleinen Bauchansatz hat. Er trägt einen roten Blouson, eine mit Farbflecken übersäte Jeans und ein paar schmutzige Laufschuhe mit ausgefransten Schnürsenkeln. Er hält ein Klemmbrett in der Hand.
»Mr. Marcato?«, fragt der Mann.
Marcato. Ich muss lächeln, als ich den Namen höre.
»Ja.« Ich reiche ihm die Hand. Die Hand des Mannes ist rau und von Schwielen und Farbflecken übersät. Er riecht nach Nikotin und Terpentin.
»Ich bin Kenny Beckman«, sagt er. »Wir haben telefoniert.«
»Stimmt. Kommen Sie doch rein.«
Im Eingangsbereich stehen nur ein paar Plastikmülltonnen und verstaubte Glasvitrinen.
»Puh, was ist denn das für ein Gestank?«, fragt Beckman.
»Das kommt von nebenan. Da war früher mal eine Metzgerei. Ich glaube, die haben in dem Laden Fleisch vergessen, das jetzt verrottet. Ich muss es ihnen sagen.«
»Das sollten Sie tun. Sie können hier kein Geschäft betreiben, wenn es so stinkt.«
»Natürlich nicht.« Ich zeige auf den Raum. »Wie Sie sehen, ist ganz schön was zu tun.«
»Das kann man wohl laut sagen.«
Langsam durchquert Beckman den Raum und streicht über die halb verfallene Wand und über die verstaubten Fensterbänke. Mit der Taschenlampe beleuchtet er die Fußbodenleisten. Er zieht einen Zollstock aus der Tasche, nimmt ein paar Maße und schreibt sie auf das Klemmbrett.
Ich beobachte ihn aufmerksam und versuche einzuschätzen, wie schnell und beweglich er ist.
»Die Bodenbalken hängen durch«, sagt er nach etwa einer Minute. Er hüpft mehrmals auf und nieder, um die morsche Stelle zu finden. Die alten Balken knarren unter seinem Gewicht. »Als Erstes müssen wir die Balken abstützen. Erst wenn der Boden eben ist, kann ich mit den anderen Arbeiten beginnen.«
»Machen Sie alles, was notwendig ist, um das in Ordnung zu bringen.«
Beckman lässt den Blick noch einmal durch den Raum gleiten, um sich eine endgültige Meinung zu bilden. »Es ist eine Menge Arbeit, aber ich glaube, das kriegen wir hin.«
»Gut. Mir wäre es am liebsten, wenn Sie gleich
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