Echo des Blutes: Thriller (German Edition)
stand auch etwas über Sie. Erinnern Sie sich?«
Jessica erinnerte sich gut an den Artikel. Sie hatte sich dagegen gewehrt, den Kampf jedoch verloren. Natürlich war sie nicht gerade versessen darauf, dass Details ihres Privatlebens veröffentlicht wurden. Auch ohne dies dienten Polizisten und vor allem Detectives Verrückten oft genug als Zielscheibe.
»Ich erinnere mich«, sagte Jessica.
»Und ich habe den Fall des Rosenkranzmörders intensiv verfolgt.«
»Verstehe.«
»Damals ging ich noch zur Highschool«, sagte Albrecht. »Ich habe eine katholische Schule besucht. Der Fall hat uns alle furchtbar mitgenommen.«
Highschool, dachte Jessica. Der Typ ging damals zur Highschool. Ihr kam es vor, als wäre es gestern gewesen.
»Das war übrigens ein tolles Foto von Ihnen auf dem Cover der Zeitschrift«, fuhr Albrecht fort. »Wie Lara Croft. Viele Mitschüler von mir hatten Ihr Foto eine Zeit lang an der Wand hängen.«
»Sie wollen also einen Film drehen?«, fragte Jessica, um das Thema zu wechseln.
»Ich will es versuchen. Es ist etwas ganz anderes, eine Dokumentation oder einen Kurzfilm zu drehen. Bisher habe ich hauptsächlich Webisodes gemacht.«
Jessica wusste nicht genau, was Webisodes waren.
»Sie sollten mal auf meine Seite gehen und sich ein paar ansehen«, schlug Albrecht vor. »Ich glaube, sie werden Ihnen gefallen.«
Er reichte ihr eine Karte mit seinem Namen und einer Webadresse.
Jessica war so höflich, einen Blick auf die Karte zu werfen, ehe sie sie einsteckte. »Okay«, sagte sie. »Ich habe mich gefreut, Sie kennenzulernen, David. Wir stehen Ihnen jederzeit zur Verfügung.« Das meinte sie selbstverständlich nicht ernst. Sie deutete auf den Polizei-Transporter, der soeben eingetroffen war. »Jetzt muss ich aber.«
Albrecht hob eine Hand. »Kein Problem. Ich wollte mich nur kurz vorstellen.« Er strich sich wieder übers Haar. »Ich bleibe in Ihrer Nähe, aber Sie werden es gar nicht merken. Ich verspreche Ihnen, dass ich Ihnen nicht in die Quere komme. Ich mache mich unsichtbar.«
Unsichtbar, dachte Jessica. Da war sie aber gespannt.
Zwei Stunden später hatten sie den Papierkram erledigt, die Berichte geschrieben und den Verdächtigen im Verwaltungsgebäude der Polizei Ecke Achte und Race Street – im sogenannten Roundhouse – abgeliefert. Jetzt saß das Team im Restaurant Hot Potato Café auf der Girard Avenue.
Außer Jessica und Nicci Malone waren auch der erfahrene Detective Nick Palladino und Detective Dennis Stansfield – ein relativ neuer Kollege – mit dabei. Dennis Stansfield war Anfang vierzig und – zumindest seiner Meinung nach – der Traum aller Frauen. Seine Anzüge aus dem Ausverkauf saßen nie richtig, und er legte immer zu viel Aftershave auf. Zu seinen zahlreichen nervtötenden Angewohnheiten gehörte es, dass er ständig auf dem Sprung zu sein schien, als müsste er gerade woanders sein oder hätte etwas anderes zu tun, was viel wichtiger war als ein Gespräch mit den Kollegen.
Dennis Stansfield war erst ein paar Monate in der Abteilung und hatte sich noch mit niemandem angefreundet. Keiner wollte mit ihm zusammenarbeiten. Seine unangenehme Art war einer der Gründe. Seine nachlässige Arbeitsweise und seine verblüffende Fähigkeit, Zeugen dazu zu bringen, vollkommen dichtzumachen, waren zwei andere.
Jessica und Nicci saßen auf einer Seite des Tisches, Stansfield und Nick Palladino auf der anderen.
Nick Palladino, der von allen Dino genannt wurde, arbeitete schon eine halbe Ewigkeit beim Police Department Philadelphia. Er war ein Junge aus South Philly und verfügte über das Talent, Betrüger und Diebe aufzuspüren, an denen es in Philadelphia nicht mangelte.
Sie mussten alle noch ein paar Stunden arbeiten und tranken nur Kaffee oder Cola. Sie stießen miteinander an.
Lucas Anthony Thompson, sechsundzwanzig Jahre alt, wohnhaft in Port Richmond, war jetzt Gast mit Vollpension in den Zellen im Untergeschoss des Roundhouse. Er wurde des vorsätzlichen Mordes und der Vergewaltigung einer jungen Frau namens Marcia Jane Kimmelman angeklagt. Zeugenaussagen zufolge hatten die beiden sich bei einem Treffen der Anonymen Alkoholiker im Westen von Philadelphia kennengelernt. Da sich dort keiner mit Nachnamen vorstellte, wusste niemand, wer Thompson war. Sie hatten eine grobe Beschreibung, aber das war auch alles.
Auf einem unbebauten Grundstück in der Baltimore Avenue in der Nähe der Siebenundvierzigsten Straße fanden sie Marcias Leichnam. Sie war vergewaltigt
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