Echo des Zorns (German Edition)
Arschkarte.«
»Wehe, du zuckst jetzt zusammen«, dachte sie.
»Aber ich kann nicht zulassen, dass du mir den Fall versaust.« Sanft, aber brutal.
Luke schwieg einen Augenblick, dann fuhr er fort: »Ich muss mir sicher sein können, dass du ganz auf dem Posten bist.«
In ihrer Abteilung war Verlässlichkeit das Schlüsselwort. Man verließ sich auf die Kollegen. Man wusste, dass sie einem Rückendeckung gaben.
Luke presste die Lippen aufeinander, dann sagte er: »Ich weiß von der Panikattacke in Virginia.«
Sie zuckte zusammen. »Wie bitte?«, dachte sie.Nein, sie hatte sich doch in ein leeres Büro zurückgezogen. Niemand hatte …
»Zwei Polizisten haben dich gesehen. Sie haben es Hyde berichtet, und deshalb hat er dich zum Innendienst verdonnert, sobald du wieder in Washington warst.«
Ihr Atem ging viel zu schnell und stoßweise. »Ich hatte seit Wochen keine Attacke mehr. Der Polizeipsychologe hat grünes Licht gegeben.« Interessierte das denn niemanden?
»Ich gebe dir eine Chance.« Er neigte den Kopf leicht nach rechts. »Beweise, dass Hyde falsch liegt. Zeig ihm, was in dir steckt, zeig ihm diese Stärke, die es dem Watchman unmöglich gemacht hat, deine Persönlichkeit zu brechen.«
Aber er hatte sie doch gebrochen, und sie hatte nur noch gebettelt …
»Eins muss aber klar sein: Beim ersten Anzeichen von Schwäche, sobald ich das Gefühl bekomme, du bist der Arbeit nicht gewachsen …«
Er musste den Satz nicht beenden. Sie wusste Bescheid. »Ziehst du mich von dem Fall ab.« Dann würde sie gleich zweimal versagt haben, und dann konnte sie sich eine Karriere in der SSD abschminken.
Luke nickte grimmig.
Nun, zumindest wusste sie, woran sie mit ihm war und dass sie Monica verdammt dankbar sein musste.
»Jetzt sei so freundlich und untersuch den Computerkram, den die Techniker sichergestellt haben. Ab sofort arbeitest du offiziell an diesem Fall. Schließlich kann sich niemand so gut in geschützte Dateien hacken wie du. Die Typen, die Hyde darauf angesetzt hat, können dir nicht mal ansatzweise das Wasser reichen.«
Nein, das konnten sie nicht, aber wenn der Boss befahl, tanzten alle nach seiner Pfeife. Er hatte gewollt, dass sie sich aus dem Fall heraushielt und den neuen Computerspezialisten nur helfend zur Seite stand. Was sie getan hatte. Aber nun …
»Ich möchte alles über Jeremy Briars Leben und Familie wissen, jede noch so winzige Kleinigkeit«, fuhr Luke fort.
Sobald sie wieder im Büro war, würde sie sich als Erstes mit den Finanzen der Familie beschäftigen und herausfinden, ob ein Familienmitglied das Lösegeld dringend hätte brauchen können. Vielleicht steckte jemand geldmäßig in der Klemme. Zum Beispiel ein Vetter, der pleite war. Wenn es um Geld ging, wurden Verwandte leicht zu Feinden – zu tückischen Feinden.
Bisweilen verbarg sich der Täter im engsten Familienkreis.
Zugang zu den Bankkonten war ein Kinderspiel. Unpersönlich. Sich in die privaten E-Mail-Konten und Internetseiten einzuhacken war schon deutlich intimer.
»Bei dieser Geschichte werden die Medien total verrücktspielen«, sagte Luke mahnend. »Die Briars waren hier in der Gegend schon immer eine Schlagzeile wert, aber jetzt, wo Vater und Sohn tot sind, wird die Presse völlig ausflippen.«
Bis jetzt hatten die Medien die Verbindung zwischen den Entführungen noch nicht so ganz hergestellt. Die beiden jungen Männer, die lebend zurückgekehrt waren, waren von ihren Familien außer Landes gebracht worden, und die Presse war mit der Sorte Einfluss, wie ihn nur alteingesessener Geldadel besaß, zum Schweigen gebracht worden.
Was den anderen jungen Mann anging, Peter Hollister, den man seinen Eltern in Einzelteilen zurückgeschickt hatte, nachdem sie markierte Geldscheine als Lösegeld übergeben hatten …
Seine Familie hatte sein Leben praktisch ausradiert. Der Rest der Welt glaubte, Peter sei bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Geld konnte die Geschichte umschreiben.
»Was werden die Kidnapper tun, wenn die Medien anfangen, über sie zu berichten?«, fragte Sam. Manche Killer gierten nach Anerkennung. Der Brandstifter, den die SSD in Virginia gejagt hatte, war ganz versessen auf seine fünfzehn Minuten Ruhm gewesen.
Luke sah sie an. »Zuerst konnte man den Eindruck bekommen, als wollten sie nicht, dass die Kidnappings bekannt würden.« Sie, nicht er – Hyde war überzeugt, dass es sich um mehr als einen Täter handelte. »Aber so, wie sie Jeremys Leiche zur Schau gestellt haben, glaube
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