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Echo Einer Winternacht

Titel: Echo Einer Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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kann morgen nach Hause fahren, wenn sich alles beruhigt hat.«
    Die anderen drei sahen sich an. Es war keine schlechte Idee.
    »Geht das in Ordnung, wenn du allein hier bleibst?«, fragte Alex.
    »Das geht klar. Solange nur einer von euch meine Eltern anruft und ihnen erklärt, warum ich noch hier bin. Ich will nicht, dass sie es aus der Zeitung erfahren.«
    »Ich rufe sie an«, erklärte Alex. »Danke, Ziggy.«
    Ziggy hob den Arm, die anderen schlossen sich an und legten wie gewohnt die Hände übereinander. »Alle für einen«, sagte Weird.
    »Und einer für alle«, antworteten die anderen im Chor. Es war ihnen jetzt genauso wichtig wie vor neun Jahren, als sie dies zum ersten Mal getan hatten. Und zum ersten Mal, seit er Rosie Duff gefunden hatte, spürte Alex einen leisen Trost.
     
    7
    lex stapfte über die Eisenbahnbrücke und bog rechts in die Balsusne
    A
    y Road ein. In Kirkcaldy war es wie in einem anderen Land. Als der Bus die gewundene Küstenstraße von Fife entlangfuhr, war aus Schnee nach und nach Matsch und danach nur noch eine beißend kalte, graue Feuchtigkeit geworden. Wenn der Nordostwind es bis hierher geschafft hatte, war er seine Schneeladung los und brachte den etwas geschützteren Orten an der Trichtermündung nicht mehr als kalte, stürmische Regenschauer. Er fühlte sich wie einer von Brueghels armseligen Bauern, die müde nach Hause stapften. Alex hob den Riegel an dem vertrauten schmiedeeisernen Tor und ging den kurzen Weg zu der kleinen Steinvilla hinauf, in der er aufgewachsen war. Er zog seine Schlüssel aus der Hosentasche und schloss auf. Ein warmer Luftschwall kam ihm entgegen. Sie hatten im Sommer Zentralheizung einbauen lassen, und jetzt merkte er zum ersten Mal, was für einen Unterschied das machte. Er ließ seine Tasche an der Tür auf den Boden fallen und rief: »Ich bin’s.«
    Seine Mutter kam, sich die Hände an einem Geschirrtuch trocknend, aus der Küche. »Alex, wie schön, dass du wieder da bist. Komm rein, es gibt Brühe und Stew. Wir haben schon zu Abend gegessen, ich hatte dich früher erwartet. Ich nehme an, es ist wegen des Wetters? Ich hab’s im Fernsehen gesehen, wie schlimm es bei euch da oben war.«
    Er ließ sich von ihren Worten, dem vertrauten Tonfall und dem beruhigenden Inhalt wie von einer weichen Decke einhüllen, streifte seine Regenjacke ab und ging den Flur entlang, um sie in die Arme zu nehmen. »Du siehst müde aus, mein Junge«, sagte sie mit besorgter Stimme.
    »Ich hab eine ziemlich schreckliche Nacht hinter mir, Mum«, sagte er und folgte ihr in die winzige Küche. Vom Wohnzimmer aus war die Stimme seines Vaters zu hören. »Bist du das, Alex?«
    »Ja, Dad«, antwortete er. »Ich komme gleich.«
    Seine Mutter gab ihm schon einen Teller Brühe und einen Löffel in die Hand. Wenn es Essen aufzutischen gab, hatte Mary Gilbey keinen Sinn mehr für Kleinigkeiten wie persönlichen Kummer. »Geh und setz dich zu deinem Vater. Ich mache das Stew warm. Im Ofen ist noch eine gebackene Kartoffel.«
    Alex ging ins Wohnzimmer, wo sein Vater in seinem Sessel vor dem Fernseher saß. In der Ecke war am Esstisch ein Platz gedeckt, und Alex setzte sich mit seiner Suppe dorthin. »Alles klar?«, fragte sein Vater, ohne den Blick von der Spielshow auf dem Bildschirm zu wenden.
    »Nein, eigentlich nicht.«
    Das ließ seinen Vater aufhorchen. Jock Gilbey drehte sich um und sah seinen Sohn mit dem prüfenden Blick an, der Lehrern eigen ist. »Du siehst nicht gut aus«, sagte er. »Was hast du?«
    Alex nahm einen Löffel Suppe. Er war nicht hungrig gewesen, aber beim Geschmack der hausgemachten Scotch Broth merkte er, dass er einen Bärenhunger hatte. Seine letzte Mahlzeit war auf der Party gewesen, und die war er schon doppelt wieder losgeworden. Jetzt wollte er sich eigentlich nur den Bauch vollschlagen, aber für dieses Abendessen würde er alles preisgeben müssen. »Letzte Nacht ist etwas Schreckliches passiert«, sagte er kauend. »Ein Mädchen wurde ermordet. Und wir haben es gefunden. Also eigentlich ich, aber Ziggy, Weird und Mondo waren auch dabei.«
    Sein Vater starrte ihn mit offenem Mund an. Seine Mutter kam gerade bei den letzten Worten von Alex’ Offenbarung ins Zimmer, schlug die Hände vors Gesicht und riss erschrocken die Augen auf. »Oh, Alex, das ist … Oh, mein armes kleines Herz«, sagte sie, lief auf ihn zu und nahm seine Hand.
    »Es war wirklich schlimm«, sagte Alex. »Sie ist erstochen worden. Und sie lebte noch, als wir sie fanden.« Er

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