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Echo Einer Winternacht

Titel: Echo Einer Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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glaube, ich mach mir gleich in die Hose.« Er hielt sich an Mondo fest, der breit grinste.
    »Und ich wäre euch dankbar, wenn ihr den Namen des Herrn nicht unnütz im Mund führen würdet.«
    Ziggy brach erneut in Gelächter aus. »Meine Güte. Wie heißt es doch gleich? Im Himmel ist die Freude über einen reuigen Sünder größer als über Gerechte? Ich sag euch, man wird im Paradies auf den Straßen tanzen, dass sie einen Sünder wie dich geangelt haben.«
    Weird sah beleidigt aus. »Ich will nicht ableugnen, dass ich in der Vergangenheit Schlimmes getan habe. Aber das liegt jetzt hinter mir. Ich bin wiedergeboren, und das heißt, ich habe einen Schlussstrich gezogen.«
    »Das muss aber eine gewaltige Abschlussbilanz gewesen sein.
    Wann ist das denn passiert?«, fragte Mondo.
    »Ich bin an Heiligabend in den Spätgottesdienst gegangen«, antwortete Weird. »Und irgendwie hat’s geklickt. Ich merkte, dass ich mit dem Blut des Lammes gewaschen werden wollte.
    Ich wollte gereinigt werden.«
    »Toll«, sagte Mondo.
    »Du hast Silvester gar nichts davon erzählt«, meinte Alex.
     
    »Ich wollte, dass ihr nüchtern seid, wenn ich es euch sage. Es ist ein großer Schritt, Christus sein Leben zu schenken.«
    »Es tut mir leid«, meinte Ziggy, der sich jetzt zusammennahm.
    »Aber du bist der letzte Mensch auf dem Planeten, von dem ich erwartet hätte, diese Worte zu hören.«
    »Ich weiß«, antwortete Weird. »Aber ich meine es ernst.«
    »Wir werden trotzdem noch deine Freunde sein«, sagte Ziggy und strengte sich an, das Grinsen zu unterdrücken.
    »Solange du nur nicht versuchst, uns zu bekehren«, sagte Mondo. »Ich meine, ich hab dich gern wie einen Bruder, Weird, aber nicht so gern, dass ich dafür Sex und das Trinken aufgeben würde.«
    »Darum geht es nicht bei der Liebe zu Jesus, Mondo.«
    »Kommt«, unterbrach sie Ziggy. »Mir wird eiskalt, wenn wir hier herumstehen. Lasst uns zum Turm gehen.« Er zog los, Mondo neben ihm, Alex im Gleichschritt neben Weird. Er empfand ein merkwürdiges Mitgefühl für seinen Freund. Es musste schrecklich für ihn gewesen sein, eine so tiefe Einsamkeit zu verspüren, dass er bei den frommen Strahlemännern Trost gesucht hatte. Ich hätte für ihn da sein sollen, dachte Alex mit einem plötzlichen Schuldgefühl.
    Vielleicht war es noch nicht zu spät.
    »Es muss ein ziemlich komisches Gefühl gewesen sein«, sagte er.
    Weird schüttelte den Kopf. »Ganz im Gegenteil. Ich hatte das Gefühl, Frieden zu finden. Als ob ich endlich aufgehört hätte, ein viereckiger Stift in einem runden Loch zu sein, als ob ich den Ort gefunden hätte, an den ich schon immer gehörte. Besser kann ich es nicht beschreiben. Ich bin nur in den Gottesdienst gegangen, um meiner Mutter Gesellschaft zu leisten. Ich saß da in Abbotshall Kirk, und die Kerzen brannten überall, wie das bei der Christmette eben ist. Und Ruby Christie sang solo und ohne Instrumente ›Stille Nacht‹. Mir sträubten sich die Haare am ganzen Körper, und plötzlich machte das alles Sinn. Ich begriff, dass Gott seinen einzigen Sohn für die Sünden der Welt geopfert hat. Und das hieß, er hatte ihn für mich geopfert. Es hieß, ich konnte erlöst werden.«
    »Wahnsinn.« Diese offene Gefühlsäußerung machte Alex verlegen. In all den Jahren ihrer Freundschaft hatte er mit Weird nie ein solches Gespräch geführt. Ausgerechnet Weird, der bisher offenbar nur dem einzigen Glaubenssatz gefolgt war, so viele bewusstseinserweiternde Substanzen zu nehmen wie er konnte, ohne daran zu sterben. »Was hast du also gemacht?«
    Er sah Weird plötzlich vor sich, der in der Kirche zum Altar lief und um Vergebung seiner Sünden bat. Das wäre wirklich entsetzlich, dachte er. Nachdem man aus der Phase der Gottverherrlichung heraus und ins normale Leben zurückgekehrt war, ließ einen das ja in kalten Schweiß ausbrechen.
    »Nichts. Ich blieb bis zum Ende des Gottesdiensts und ging dann nach Hause. Ich dachte, es wäre eine einmalige Sache, irgendein ausgefallenes mystisches Erlebnis, das vielleicht mit all dem zu tun hatte, was durch Rosies Tod aufgerührt wurde.
    Vielleicht sogar eine Art Flashback nach dem LSD. Aber als ich morgens aufwachte, fühlte ich mich noch genauso. Also habe ich in der Zeitung nachgesehen, wo am ersten Weihnachtsfeiertag Gottesdienst war, und landete schließlich bei einer Veranstaltung der wiedergeborenen Christen unten beim Golfclub.«
    Aha. »Ich wette, am Weihnachtsmorgen, da hattest du alle Plätze für dich

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