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Echo Einer Winternacht

Titel: Echo Einer Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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erzählten sie sich die Abenteuer, die sie während des Schuljahres erlebt hatten, spannen sie weiter und schmückten sie mit diversen Ideen, wie alles hätte ausgehen können. Oder sie spielten endlose Partien von Siebzehnundvier, bei denen Streichhölzer zu gewinnen waren. Hier rauchten sie ihre ersten Zigaretten, wobei Ziggy grün im Gesicht wurde und sich blamierte, als er sich in einen Stechginsterbusch erbrach.
    Manchmal kletterten sie auf die hohe Mauer und beobachteten im Meeresarm die Schiffe. Dabei umwehte sie der kühlende Wind und gab ihnen das Gefühl, am Bug eines Segelschiffs zu stehen, das unter ihren Füßen knarrte und schaukelte. Und wenn es regnete, suchten sie im Wachturm Unterschlupf. Ziggy hatte eine Plane, die sie über den feuchten Boden breiten konnten.
    Selbst jetzt, wo sie sich als Erwachsene betrachteten, stiegen sie noch gern die Steinstufen hinunter, die von der Burg zum Strand führten, und wanderten zwischen Kohlebrocken und Muschel-schalen hin und her bis zum Turm. Am Tag bevor sie nach St.
    Andrews zurückmussten, trafen sie sich zur Mittagszeit in der Harbour Bar auf ein Bier. Im stolzen Besitz des in den Weihnachtsferien verdienten Geldes wären Alex, Mondo und Weird gern lange sitzen geblieben. Aber Ziggy überredete sie, in den Tag hinauszuwandern. Es war frisch und klar, die Sonne stand wässrig am blassblauen Himmel. Sie gingen am Hafen zwischen den hohen Silos der Getreidemühle hindurch zum westlichen Teil der Küste. Weird blieb etwas hinter den anderen zurück und ließ den Blick zum fernen Horizont schweifen, als suche er eine Inspiration.
    Als sie auf die Burg zugingen, löste sich Alex von ihnen und kletterte auf die Felsen, die bei Flut fast ganz unter Wasser sein würden. »Sag mir noch mal, wie viel hat er bekommen?«
    Mondo brauchte keinen Moment innezuhalten. »Magister David Boys, dem Steinmetzmeister, wurde auf Befehl der Königin Marie von Geldern, der Witwe von James II. von Schottland, die Summe von sechshundert schottischen Pfund für den Bau einer Burg bei Ravenscraig ausgezahlt. Allerdings musste er damit auch das Material bezahlen.«
    »Und das war nicht billig. Im Jahr 1461 wurde das Holz für vierzehn Querbalken am Ufer des Allan gefällt und dann für sieben Shilling nach Stirling transportiert. Und ein gewisser Andrew Balfour bekam zwei Pfund und zehn Schilling für das Fällen, Glatthobeln und den Transport dieser Balken nach Ravenscraig«, zitierte Ziggy.
    »Ich bin froh, dass ich den Job bei Safeway angenommen habe«, witzelte Alex. »Die bezahlen viel besser.« Er lehnte sich zurück und schaute an den Klippen vorbei zur Burg hinauf. »Ich glaube, die Sinclairs haben es viel schöner ausgebaut, als es geworden wäre, wenn die alte Queen Mary nicht ins Gras gebissen hätte, bevor es fertig war.«
    »Burgen sind nicht zum Schönsein da«, sagte Weird und schloss sich ihnen an. »Sie sollen Zufluchtsort und Trutzburg sein.«
    »Was für ein Zweckdenken«, klagte Alex und sprang in den Sand hinunter. Die anderen stapften durch das Treibgut am Strand hinter ihm her.
    Als sie die halbe Strecke gegangen waren, sagte Weird in einem ernsteren Ton, als sie jemals von ihm gehört hatten: »Ich muss euch was sagen.«
    Alex drehte sich zu ihm um und ging rückwärts weiter. Die anderen wandten sich zur Seite und sahen ihn an. »Das klingt ja ominös«, sagte Mondo.
    »Ich weiß, es wird euch nicht gefallen, aber ich hoffe, ihr könnt es akzeptieren.«
    Alex sah den Argwohn in Ziggys Blick. Aber er glaubte nicht, dass sein Freund sich zu sorgen brauchte. Was immer Weird ihnen sagen wollte, entsprang seiner Beschäftigung mit sich selbst, nicht dem Bedürfnis, einen anderen bloßzustellen.
    »Also los, Weird. Sag schon«, versuchte Alex ihn zu ermutigen.
    Weird steckte die Hände tief in die Taschen seiner Jeans. »Ich bin Christ geworden«, sagte er schroff. Alex starrte ihn mit offenem Mund an. Er glaubte, wenn Weird verkündet hätte, Rosie Duff umgebracht zu haben, wäre er vielleicht kaum weniger überrascht gewesen.
    Ziggy brüllte vor Lachen. »Mein Gott, Weird, ich dachte, jetzt käme irgendeine schreckliche Offenbarung. Christ?«
    Weird schob trotzig das Kinn vor. »Es war eine Offenbarung.
    Und ich habe Jesus als meinen Retter in mein Leben aufgenommen. Und ich wäre dankbar, wenn du dich nicht darüber lustig machen würdest.«
    Ziggy bog sich vor Lachen und hielt sich den Bauch. »Das ist der beste Witz, den ich seit Jahren gehört habe. Oh Gott, ich

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