Echo Einer Winternacht
allein.«
Weird lachte. »Machst du Witze? Es war knallvoll. Und beeindruckend. Die Musik war toll, die Leute behandelten mich, als wären wir seit Jahren Freunde. Und nach dem Gottesdienst bin ich zum Pfarrer gegangen und habe mit ihm gesprochen.«
Weird senkte den Kopf. »Es war eine ziemlich emotionale Begegnung. Jedenfalls war das Ergebnis, dass er mich letzte Woche getauft hat. Und er hat mir den Namen einer Schwester-gemeinde in St. Andrews gegeben.« Er warf Alex ein glückseliges Lächeln zu. »Deshalb musste ich es euch heute sagen. Weil ich nämlich gleich, wenn wir morgen nach Fife Park zurückkommen, in den Gottesdienst gehen werde.«
Die erste Gelegenheit für die anderen, über Weirds dramatische Bekehrung zu sprechen, war der folgende Abend, nachdem er seine elektrische Akustikgitarre in den Kasten gepackt und sich zu Fuß quer durch die Stadt zum Erweckungsgottesdienst unten beim Hafen aufgemacht hatte. Sie saßen in der Küche und sahen ihm nach, als er in die Nacht hinaus entschwand. »Na ja, das ist dann also das Ende der Band«, sagte Mondo mit Nachdruck.
»Ich spiele keine beschissenen Spirituals und ›Jesus Loves Me‹-
Songs.«
»Elvis hat jetzt das Gebäude verlassen«, sagte Ziggy. »Ich sage euch, jegliche Verbindung zur Realität, die er noch hatte, hat er verloren.«
»Er meint es wirklich ernst, Leute«, sagte Alex.
»Findest du, das macht es besser? Wir sehen schwierigen Zeiten entgegen, Jungs«, sagte Ziggy. »Er wird seine bärtigen, schrulligen Brüder in Jesu mitbringen. Und sie werden entschlossen sein, uns zu retten, ob wir wollen oder nicht. Eine Band zu verlieren ist unsere kleinste Sorge. Kein ›Alle für einen und einer für alle‹ mehr.«
»Ich habe ein schlechtes Gewissen«, sagte Alex.
»Warum?«, fragte Mondo. »Du hast ihn doch nicht weggeschleppt und gezwungen, sich Ruby Christie anzuhören.«
»Er hätte nicht so abgehoben, wenn er sich nicht wirklich beschissen gefühlt hätte. Ich weiß, er schien Rosies Ermordung am coolsten von uns allen wegzustecken, aber ich glaube, tief im Inneren muss es ihn schwer erschüttert haben. Und wir waren alle so mit unserer eigenen Reaktion beschäftigt, dass wir es nicht gemerkt haben.«
»Vielleicht steckt mehr dahinter«, sagte Mondo.
»Wie meinst du das?«, fragte Ziggy.
Mondo scharrte mit der Spitze seines Stiefels auf dem Boden.
»Na hört mal, Leute. Wir wissen nicht, was Weird gemacht hat, als er in der Nacht, in der Rosie starb, mit dem Landrover herumgefahren ist. Wir haben es nur von ihm gehört, dass er sie nicht gesehen hat.«
Alex schien der Boden unter den Füßen zu wanken. Seit er Ziggy gegenüber einmal auf einen solchen Verdacht angespielt hatte, hatte er solche verräterischen Gedanken mit Gewalt unterdrückt. Aber jetzt hatte Mondo das Unvorstellbare neu zum Ausdruck gebracht. »Es ist schrecklich, so was zu sagen«, erwiderte Alex.
»Aber ich wette, du hast auch daran gedacht«, erwiderte Mondo trotzig.
»Du kannst doch nicht glauben, dass Weird jemanden vergewaltigen oder gar umbringen würde«, widersprach Alex.
»Er war völlig daneben an dem Abend. Es ist schwer zu sagen, was er in diesem Zustand tun oder nicht tun konnte«, meinte Mondo.
»Genug.« Ziggys Stimme zerschnitt die Stimmung von Misstrauen und Unbehagen wie mit einer Klinge. »Wenn ihr damit anfangt, wo soll das hinführen? Ich war in der Nacht damals auch unterwegs. Alex hat Rosie tatsächlich zur Party eingeladen. Und wenn wir schon dabei sind, es hat ewig lange gedauert, als du das Mädchen nach Guardbridge gefahren hast.
Wieso hast du so lange gebraucht, Mondo?« Er starrte seinen Freund an. »Willst du solch beschissenes Zeug hören, Mondo?«
»Über euch beide hab ich ja gar nichts gesagt. Es gibt keinen Grund, mich anzugreifen.«
»Aber du findest es in Ordnung, Weird anzugreifen, wenn er nicht da ist, um sich zu verteidigen? Bist ja ’n toller Freund.«
»Na ja, er hat ja jetzt einen Freund in Jesus«, feixte Mondo.
»Was, wenn man es bedenkt, eine ziemlich extreme Reaktion ist. Scheint mir nach Schuldgefühlen auszusehen.«
»Schluss damit«, rief Alex. »Hört euch doch bloß mal selbst reden. Es wird genug andere geben, die bereit sind, Gift zu verspritzen, ohne dass wir uns gegeneinander wenden. Wir müssen zusammenhalten, oder wir sind verloren.«
»Alex hat recht«, sagte Ziggy müde. »Keine gegenseitigen Anklagen mehr, okay? Maclennan würde wahnsinnig gern einen Keil zwischen uns treiben.
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