Echo: Roman (German Edition)
Geht es Ihnen gut?« Er war klein und stämmig, fast noch ein Kind.
»Haben Sie ein Seil im Auto? Ein Tau, irgendwas?«
»Nein, tut mir leid.«
»Danke«, sagte ich und stieg in den Vamoso. Ich startete den Motor, ehe ich auch nur saß, und schloss die Luke erst, als ich bereits in der Luft war. Wir hatten das Ding noch keinen Monat, und ich wusste, hier hatte sich noch kein Müll angesammelt, wie man ihn üblicherweise im Frachtabteil vorfand. Wie zum Beispiel eine Leine.
Wie zum Teufel sollte ich Alex aus dem Wasser holen? Alles, was ich hatte, waren die Landestützen.
Ich schwenkte stromabwärts ein, rief übers Link um Hilfe und sah mich nach anderen Gleitern um. Die Polizei antwortete mir und fragte, was für ein Problem ich hätte. Dann: »Wir schicken sofort jemanden.« Aber noch waren sie nicht hier, und die Zeit lief ab.
An dieser Stelle war der Melony etwa einen halben Kilometer breit, wurde aber schmaler, je näher er dem Wasserfall kam.
Ich flog knapp über dem Fluss und entdeckte die Frau. Aber Alex sah ich nicht. Wo zum Teufel war Alex?
Dann waren wir im Bereich der Stromschnellen. Voraus konnte ich Aussichtsplattformen auf beiden Seiten des Flusses sehen, auf denen Leute standen und den Wasserfall angafften. Und dann sah ich Alex. Die Frau und er waren beinahe gleichauf, aber weit voneinander entfernt. Während ich sie beobachtete, schleuderte die Strömung die Frau gegen einen Felsen. Trotzdem schaffte sie es, sich über Wasser zu halten.
Sie sah mich kommen und versuchte zu winken. Sie benutzte ihren linken Arm, und jedes Mal, wenn sie das tat, versank sie in den Fluten, nur um sich gleich darauf wieder an die Oberfläche zu kämpfen. Ihren rechten Arm konnte sie anscheinend nicht benutzen.
Endlich tauchte ein Rettungsgleiter auf, aber er war zu weit entfernt, um zu helfen.
Alex versuchte, das Ufer zu erreichen, kam aber nicht voran.
Ich raste auf sie zu. Die KI warnte mich, ich käme dem Fluss zu nahe. Mein Herz hämmerte wie wild.
Ich konnte nicht beide retten. Das konnte ich unmöglich schaffen. Vielleicht konnte ich nicht einmal einen retten.
Entscheide dich.
Es musste Alex sein. Die Frau winkte mir mit dem gesunden Arm zu, als ich über sie hinwegflog. Ich schwenkte nach Backbord, positionierte mich direkt über ihm und sank beinahe auf seinen Kopf herab. Es war ein gefährliches Manöver, aber das war alles, was mir blieb. Er musste eine der Landestützen packen. Ich konnte nicht mehr für ihn tun.
Eine Polizeistimme meldete sich über Funk: »Vamoso, sind Sie verrückt geworden? Verschwinden Sie da!«
Ich zählte bis fünf und kam zu der Überzeugung, dass Alex entweder verloren wäre oder an der Landestütze hinge. Dann stieg ich auf. Wir hatten an Gewicht zugelegt, also musste er da sein. Ich könnte das Gleiche bei der Frau probieren. Noch reichte die Zeit. Aber wenn Alex an der Landestütze hing, würde ich ihn mit beinahe hundertprozentiger Sicherheit bei diesem Manöver verlieren.
Aber ich wusste, er würde es wollen.
Die Strömung hatte die Frau an mir vorbeigetragen. Ich näherte mich von hinten. Der Wasserfall war so laut, ich konnte die Stimme des Polizisten kaum noch hören. »Seien Sie vorsichtig, Vamoso!«
Das Wasser vor mir war voller Felsen. Ich ging runter, um die Frau zu holen, so tief ich nur konnte. Dann war der Fluss weg, und ich starrte in einen Abgrund. Dunst verschleierte mir die Sicht.
Ich glitt hinüber zu einem grasbewachsenen Uferbereich und ging so tief hinunter wie möglich, bis die zusätzliche Last auf den Antigrav-Aggregaten verschwand und mir verriet, dass Alex losgelassen hatte. Dann stieg ich wieder auf, bis ich ihn sehen konnte. Er lag ausgestreckt am Ufer. Über dem Fluss kreiste ein Rettungsvehikel im Bereich des Wasserfalls. Ich landete wenige Meter von Alex entfernt.
Er sah erschöpft aus. »Danke«, keuchte er.
»Ich habe versucht, euch beide rauszuholen.«
»Ich weiß.« Er mühte sich in eine sitzende Haltung. Ein Polizeigleiter landete in unserer Nähe. »Tut mir leid. Die Zeit hat nicht gereicht. Ich fürchte aber, sie hätte sich so oder so nicht festhalten können. Es sah so aus, als hätte sie sich einen Arm gebrochen.«
Siebenundzwanzig
Das Problem bei Mord ist, dass Mord etwas Persönliches ist. Krieg ist auch keine gute Sache, keine Frage. Aber auf dem Schlachtfeld wird man wenigstens nur umgebracht, weil man dem Gegner im Weg ist. Es ist bekannt, dass gegnerische Soldaten nach Beendigung der Kampfhandlungen
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