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Echt? In der DDR gab's mehrere Parteien? - Ein Ossi und ein Wessi beginnen einen Dialog (German Edition)

Echt? In der DDR gab's mehrere Parteien? - Ein Ossi und ein Wessi beginnen einen Dialog (German Edition)

Titel: Echt? In der DDR gab's mehrere Parteien? - Ein Ossi und ein Wessi beginnen einen Dialog (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Morawek , Christian Döring
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unsere Konsorten an. Nur keine Angst, beißen tut nur unser Joschie." Hilflos, als ob ich in einer Ausstellung herumlaufen würde, startete ich meinen Erkundungsgang. Bei vielen dachte ich mir: „Mein Gott, sieht der eklig aus!"
    Nie hätte ich mir zum damaligen Zeitpunkt vorstellen können, dass ich mich auf dieser Station schon bald sauwohl fühlen sollte. Die Kolleginnen waren super und mit einigen Behinderten freundete ich mich sogar an. Was mich jedoch am Ende des ersten Tages am meisten verunsicherte, war die Frage des Hausvaters: „Na, Herr Döng, noch hier? Ham se denn och schon mal kräftig in ne Scheiße jefasst?"
    An dem Abend konterte ich noch nicht mit einer frechen Gegenfrage. Aber schon bald wurden Eckhard Sturz und ich wirkliche Freunde. Diese Freundschaft hatte auch noch Bestand, als ich bereits viele Jahren nicht mehr im Clara-Dieckhoff-Haus arbeitete.
    In der Diakonie der DDR wurde hart gearbeitet und sehr wenig Geld verdient. Überstunden waren normal, die machte jeder. Manchmal habe ich bis zu 20 Tage durchgearbeitet, weil niemand meinen Dienst übernehmen konnte. Doch meinen Auszug aus dem VEB habe ich nie bereut.
     
    Daniel: Na ja, Überstunden und schlechte Bezahlung sind bei dieser Art von Arbeit wohl überall normal. Egal, ob Ost oder West. Aber es freut mich, wenn du etwas gefunden hast, das deine innere Leere etwas ausfüllen konnte.

20. ABI – Haken

    Christian: Als ich im Clara-Dieckhoff-Haus in der Grünen Straße im Venedig des Nordens wohnte, hatte ich auch meine erste eigene kleine Miniwohnung. Die Beziehungen meines Chefs, Eckhard Sturz, hatten es möglich gemacht. Es war zwar nur ein großes Wohnzimmer, in das es hineinregnete und eine kleine Miniküche, aber zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich mein Minireich für mich ganz allein.
     
    Daniel: Den Begriff „Venedig des Nordens" benutzt du gerade zum ersten Mal. Welcher Ort ist damit gemeint? Es gibt ja so viele Orte, die „Venedig des Irgendwas" heißen, je nachdem, ob sie sich gerade im Süden, Westen oder sonst wo befinden.

    Christian: Was für eine Frage! Nur mein Geburtsort hat so einen schönen Beinamen verdient: Güstrow. Wenn ich morgens aus der Nachtschicht kam, holte ich mir vom Bäcker zwei warme Brötchen, genoss meinen heißen Kaffee und ging ins Bett. Ein Tag allerdings bildete eine Ausnahme. Nachdem ich herzhaft in mein Brötchen hineingebissen hatte, blutete ich so heftig aus meinem Mund, dass mein gesamter kleiner Frühstückstisch sofort aussah wie eine Schlachterei. Angst und Schmerzen kamen erst später dazu.
    Ich spuckte den Inhalt meines Mundes auf den Tisch und begann langsam kaltes Leitungswasser zu trinken. Es dauerte wohl an die zwei Stunden, bis die starke Blutung nachließ. Ich war so kaputt und müde, dass ich einfach auf mein Bett fiel und einschlief.
    Erst am frühen Abend wachte ich wieder auf und traute mich nicht, etwas zu essen. Ich hatte Angst vor einer weiteren Blutung. Mit Ekelgefühlen begann ich meinen Tisch zu reinigen, und das angetrocknete Blut zu entfernen. Da fand ich einen Haken aus Metall. Er war etwa einen Zentimeter lang. Er muss im Brötchen gewesen sein, in das ich am Morgen so herzhaft hineingebissen hatte.
    Als ich wenige Stunden später im Clara-Dieckhoff-Haus zur Nachtwache erschien und meinem Chef beim allabendlichen Plausch diese Geschichte erzählte, antwortete er prompt: „Da machen Sie mal eine fette Beschwerde für die ABI fertig. Wir sind kurz vor einer Volkskammerwahl, da bekommen Sie garantiert etwas als Wiedergutmachung!"
     
    Daniel: Hört das nie auf mit den Abkürzungen? Bei uns stand ABI immer nur für Abitur, aber das kann hier ja nicht gemeint sein.
     
    Christian: Ich meine natürlich nicht das ABI, durch das drei meiner Kinder bereits mit Erfolg durchmarschiert sind, ich meine die Arbeiter- und Bauern-Inspektion. Walter Ulbricht hat dieses Kontrollorgan installiert. Die DDR-Bürger konnten sich an dieses Organ wenden, wenn sie sich beschweren wollten. Im Normalfall gab es keine Antworten. Nur manchmal, kurz vor Volkskammerwahlen war die Wahrscheinlichkeit eine Antwort zu bekommen, sehr groß.
    Erst wollte ich nicht. Aber ich wusste auch, dass Eckhardt Sturz, der nicht nur Heimleiter, sondern auch ein begnadeter Fotograf war und bereits mehrere Fotobände herausgebracht hatte, sich immer wieder nach einer Antwort erkundigen würde. Also schrieb ich, wo und wann ich meine Brötchen gekauft hatte und schickte den Haken gleich mit.
     
    Daniel: Dein

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