Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Echt? In der DDR gab's mehrere Parteien? - Ein Ossi und ein Wessi beginnen einen Dialog (German Edition)

Echt? In der DDR gab's mehrere Parteien? - Ein Ossi und ein Wessi beginnen einen Dialog (German Edition)

Titel: Echt? In der DDR gab's mehrere Parteien? - Ein Ossi und ein Wessi beginnen einen Dialog (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Morawek , Christian Döring
Vom Netzwerk:
konnte.
     
    Daniel: Wovon handelte sie denn?

    Christian: Es war eben diese zum Thema Alkoholismus im DDR-Alltag.
    Oft waren es bereits einzelne Worte, die eine Veröffentlichung unmöglich machten. Dann half es schon, dieses Wort ein wenig zu umschreiben. Wochenlang gingen aber bestimmte Themen überhaupt nicht. Diese spezielle Geschichte übrigens, kam dann nach einigen Wochen in wesentlich abgespeckter Version doch noch in die Zeitung. Als Autor war ich natürlich nicht immer glücklich. Manche meiner Geschichten schauten mich aus der Zeitung ein wenig wie gerupfte Hühner an, weil viele Zeilen fehlten.
     
    Daniel: Das wechselte also, was gerade nicht erlaubt war? Je nach dem Wetter, oder wie wurde so etwas entschieden?

    Christian: Entschieden haben die staatlichen Vertreter vor Ort, oft nach Lust und Laune. Aber vor besonders wichtigen Parteitagen der SED oder anderen gesellschaftlichen Großereignissen wurde ganz besonders darauf geachtet, dass die Zeitungen sauber waren. Da fällt mir gerade noch ein Beispiel zur Sauberkeit ein. Anfang der 70er Jahre fand in Berlin das Festival der Jugend und Studenten der Welt statt. Die DDR-Partei- und Staatsführung war selig, dass es in der Hauptstadt der DDR stattfinden konnte, und gab Riesensummen dafür aus. Auf den Straßen herumlungernde Trinker wurden kurz vorher eingesammelt und in den Arrest gesteckt. Als die Weltfestspiele zu Ende waren, kamen auch die Trinker wieder.
    Irgendwann wurde es den Hauptverantwortlichen der Zeitungen beim Rat des Bezirkes, Abteilung Inneres, dann jedoch zu bunt und es ging eine Zeitung in Druck, in der eine Seite weiß blieb. Zu oft hatte die Kirchenzeitung Beiträge gebracht, die weit über eine Berichterstattung von artigen Gottesdiensten oder frommen Jubiläen ging. Das Erstaunen der Leser draußen im Land war sehr groß. War da ein technischer Fehler passiert? Nein, es war ganz anders und unser einzigartiger Buschfunk sorgte dafür, dass jeder erfuhr, dass es sich um eine ganz besondere Form des stillen Protests handelte. Chefredakteur und Landesbischof hatten sich kurzerhand geeinigt, dass diese leere, weiße Seite ein Zeichen gegen die Pressezensur sein sollte. Für mich ist es noch heute ein Wunder, dass die staatlichen Verantwortlichen diese Ausgabe der Mecklenburgischen Kirchenzeitung zum Druck freigaben. Hätten sie gewusst, dass die Leser der Zeitung gerade nach diesem Ereignis begannen, die künftigen Ausgaben noch gründlicher zu lesen und vor allem auch zwischen den Zeilen zu lesen, hätten sie vielleicht anders entschieden.

19. Auszug aus dem VEB
     
    Christian: Vorhin habe ich schon einmal versucht, von der inneren Leere zu schreiben. Ich hoffe, der geneigte Leser versteht, was ich damit meine. Nach fünf oder sechs Jahren im VEB nahm diese Leere immer mehr zu. Zunächst halfen mir die jährlich wiederkehrenden Roller-Latscher-Rüstzeiten zum Teil darüber hinweg, aber die Leere nahm zu und in mir reifte langsam die Entscheidung, meinen sicheren Platz im VEB zu verlassen.
    Durch meine Rüstzeiten lernte ich Menschen im Diakonischen Werk in Schwerin kennen und ich erfuhr von der vielfältigen Arbeit, die in den kirchlichen Häusern geleistet wurde. So fuhr ich also eines Tages nach Schwerin zum Landespastor für Diakonie Kayatz. Freundlich war der Empfang. Zunächst etwas abtastend, denn er konnte ja nicht wissen, ob ich von „Horch und Guck“ oder Ausreisekandidat war.
     
    Daniel: Horch und Guck! Ihr immer mit euren witzigen Umschreibungen! Und was hat das mit dem Ausreisekandidaten auf sich? Wollte man normalerweise nur bei der Diakonie arbeiten, wenn man einen Ausreiseantrag gestellt hatte?
     
    Christian: Ja, unser DDR-Humor kann nur von wahren Ossis verstanden werden. In ihm liegt sehr viel Wut, Ohnmacht und Kränkung. Fuchsteufelswild vor Wut könnte ich heute manchmal werden, wenn ich einen Film sehe, in dem über Stasi humorvoll berichtet wird.
    Ja es stimmt, Ausreisekandidaten arbeiteten oft in diakonischen Einrichtungen. In VEB-Betrieben wurden sie schikaniert, oftmals nur noch als Hoffeger eingesetzt und entmündigt. Aus diesem Grunde wechselten viele Ausreisekandidaten freiwillig ihren fast immer besser bezahlten Arbeitsplatz und gingen in einer diakonischen Einrichtung arbeiten. Dort waren sie unter der Mitarbeiterschaft gar nicht so gern gesehen, weil man nie wirklich mit ihnen rechnen konnte. Niemand wusste, ob sie noch zwei Tage oder sechs Jahre da sind. In meiner Güstrower Zeit im

Weitere Kostenlose Bücher