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Echt? In der DDR gab's mehrere Parteien? - Ein Ossi und ein Wessi beginnen einen Dialog (German Edition)

Echt? In der DDR gab's mehrere Parteien? - Ein Ossi und ein Wessi beginnen einen Dialog (German Edition)

Titel: Echt? In der DDR gab's mehrere Parteien? - Ein Ossi und ein Wessi beginnen einen Dialog (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Morawek , Christian Döring
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zwei Mal bauen.
    Noch am selben Abend sahen wir dann die Bilder, wie die Ossis mit ihren Trabis Westberlin eroberten. Wenige Tage später kapitulierte das bananenfreie Lübeck und Zeitungen äußerten zum ersten Mal Kritik an den vielen Ossis, die ihr Begrüßungsgeld in Bananen und Westschnaps anlegten.
     
    Daniel: Ich kann mich nur an die Fernsehbilder aus Berlin erinnern, wo die Menschen an der Mauer gefeiert haben. Den ersten Besucherstrom aus der DDR haben wir in Süddeutschland natürlich nicht mitbekommen.
     
    Christian: Wir Ossis eroberten den Westen, danach er uns. Die Treuhand eroberte und verscherbelte die DDR, Birgit Breul war die wohl meistgehasste Westpolitikerin im Osten, die ersten Wessichefs kamen in den Osten und führten sich wie Sieger auf. Die nun ehemaligen DDR-Bürger mussten damit zurechtkommen, als Verlierer von Würde und Arbeitsplatz dazustehen. Und was damals so gut wie noch gar nicht beachtet wurde: Die DDR-Bürger mussten sich an die harte Arbeit der inneren Befriedung mit den Unterdrückern von einst machen.
     
    Daniel: Wer war denn Birgit Breul?
     
    Christian: Birgit Breul war die Chefin der Treuhandgesellschaft. Sie verscherbelte Ostfabriken und viele Ossis sahen sich verraten und verkauft. Es mag wohl stimmen, dass viele Ostfabriken nicht rentabel gearbeitet haben, aber wenn du Jahrzehnte deines Lebens in einem Betrieb gearbeitet hast und plötzlich kommt der Klassenfeind und sagt: „Der Betrieb wird dichtgemacht", dann bist du sauer vor allem, wenn dies flächendeckend geschieht.
    Bei aller Freude konnte sich damals wohl niemand vorstellen, wie viele Jahrzehnte es dauern wird, bis dieses eine Volk wieder zusammenwächst.
     
    Daniel: Tja. Wie lange es dauert mit dem Zusammenwachsen? Das ist eine gute Frage. Ich habe manchmal das Gefühl, dass die Frage im Osten und Westen anders gesehen wird. Uns im Westen hat ja niemand unseren Staat weggenommen. Es kamen gleich nach der Wende noch viele weitere neue Schüler aus dem Osten zu uns, aber damals bin ich sowieso gerade in die weiterführende Schule und somit in eine neue Klasse mit neuen Mitschülern gekommen, da ist das nicht weiter aufgefallen. Eine Sache, an die ich mich gerade erinnere: Damals war dieser furchtbare Song von David Hasselhoff in den Charts. Als die Mauer fiel, hat die ARD ihn „I've been looking for freedom" am Brandenburger Tor singen lassen. Auch wenn der Text wahrscheinlich ursprünglich ganz anders gemeint war – er war damit zur rechten Zeit am rechten Ort. In der fünften Klasse war ein Mitschüler von mir, der gerade aus dem Osten gekommen war, riesiger Hasselhoff-Fan. Wir haben uns ansonsten trotzdem gut verstanden.

    Christian: Viele Ossis sind noch heute sauer darüber, wenn ein Wessi sagt, eigentlich hat sich für uns nicht viel geändert. Und es stimmt ja auch nicht. Mit dem 9. November 1989 hat sich auch der Westen grundlegend verändert. Denk daran, dass es nun eine Partei links von der SPD gibt, denk daran, dass die Ost-West-Blöcke über Nacht zusammenfielen, damals konnte keiner die Folgen überblicken.
     
    Daniel: Was meinst du – vielleicht schaut der ein oder andere Ostdeutsche, der gegen den DDR-Staat war, mit einem mulmigen Gefühl zurück, seit er von den Wessis hört, in welchem Unrechtsstaat er gelebt hat? Kann es sein, dass manch Ossi das Gefühl hat, die Wessis führen sich wie die großen Sieger auf? Das würde das Zusammenwachsen weiter belasten.

    Christian: Ja, die Wessis sind die Sieger, wobei die friedliche Revolution von uns Ossis ausging. Der Westen übernahm uns ganz einfach und wir Ossis haben für die harte Westmark unseren Reformwillen innerhalb der DDR aufgegeben. Ein ungutes Gefühl der Ossis gegenüber den Wessis wird so lange bleiben, wie wir der arme Osten sind. Das beginnt bei niedrigeren Löhnen und Renten und endet da, wo bei einer bunten Fernsehsendung nur Westschlagersänger auftreten. Oder kennst du Frank Schöbel oder Dagmar Frederic?
     
    Daniel: Nein, da muss ich passen.

    Christian: Beinahe 25 Jahre sind seit dem Mauerfall vergangen. Eine neue Generation ist herangewachsen. Sie blicken völlig anders auf die Geschichte und die Gegenwart. Ich bin manchmal darüber schockiert, wie einige unwissend durch Deutschland laufen. Auch deshalb wollte ich, dass dieses Buch geschrieben wird!
     
    Daniel: Das stimmt. Aber ich denke, dass es nicht nur ein Generationenkonflikt ist. Wer im Westen aufgewachsen ist, hat einfach keine Ahnung gehabt, wie das Leben im Osten

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