Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Echt zauberhaft

Echt zauberhaft

Titel: Echt zauberhaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
abgeschnittenen Fußnägeln besteht. Etwas in der Art.«
    Eine Pause.
    »Es hat eigentlich keinen Sinn, über so etwas zu reden, denn wir kommen morgen früh nicht ums Leben.«
    »Stimmt.«
    »Ha, wozu sollen wir sterben, wenn uns nur übriggebliebenes Fleisch und ein Boot, das nach schmutzigen Socken riecht, erwarten?«
    »Haha.«
    Eine Pause.
    »In Klatsch glaubt man, wer ein gutes Leben geführt hat, wird zur Belohnung in ein Paradies mit vielen jungen Frauen geschickt.«
    »Ist das eine Belohnung?«
    »Weiß nicht. Könnte auch eine Strafe sein. Außerdem kriegt man dauernd Scherbett.«
    »Ha. Als ich ein junger Mann war, gab’s noch richtigen Scherbett. Wir bekamen ihn in kleinen Truhen und dazu einen Lakritz-Strohhalm, um das Zeug herauszusaugen. Heute sucht man vergeblich nach so etwas. Die Leute haben’s immer viel zu eilig.«
    »Klingt besser als die Sache mit den Fußnägeln.«
    Eine Pause.
    »Habt ihr jemals daran geglaubt, daß jeder getötete Feind im Leben nach dem Tod zu einem Diener wird?«
    »Weiß nicht.«
    »Wie viele hast du getötet?«
    »Was? Oh, zwei- oder dreitausend, glaube ich. Trolle und Zwerge nicht mitgezählt.«
    »Dann hast du sicher genug Leute, die dir eine Haarbürste reichen oder eine Tür für dich öffnen.«
    Eine Pause.
    »Wir sterben bestimmt nicht, oder?«
    »Nein.«
    »Ich meine, Chancen von eins zu hunderttausend… Der Unterschied besteht doch nur aus einigen Nullen, habe ich recht?«
    »Ja.«
    »Ich meine, tapfere Kameraden an unserer Seite, ein starker Arm… Was können wir uns mehr wünschen?«
    Eine Pause.
    »Ein Vulkanausbruch wäre nicht schlecht. Möglichst viel Lava, die unsere Feinde unter sich begräbt.«
    Eine Pause.
    »Wir sterben, nicht wahr?«
    »Ja.«
    Die Hordenmitglieder musterten sich gegenseitig.
    »Es gibt auch eine positive Seite. Ich schulde dem Zwerg Fafa noch fünfzig Ankh-Morpork-Dollar für dieses Schwert.« Der Junge Willie hob es kurz hoch. »Ich schätze, er muß auf das Geld verzichten.«
    Herr Zervelatwurst ließ die Schultern hängen.
    »Es tut mir sehr leid«, sagte er.
    »Schon gut«, erwiderte Cohen. »Dich trifft keine Schuld.«
    In den hohen Fenstern zeichnete sich das erste graue Licht des Morgens ab.
    »Ihr müßt nicht sterben«, betonte Herr Zervelatwurst. »Wir könnten uns… äh… fortschleichen. Durch die Kanalisation. Den Irren Polterer tragen wir. Ständig kommen und gehen Leute. Bestimmt können wir die Stadt verlassen, ohne daß…«
    Die Stimme des früheren Lehrers verklang – keine Stimme konnte so durchdringende Blicke ertragen. Selbst der Irre Polterer starrte ihn an, obgleich sein Blick für gewöhnlich auf eine Stelle gerichtet war, von der ihn achtzig Jahre trennten.
    »Wir laufen nicht weg«, sagte der Polterer.
    »Es ist kein Weglaufen«, behauptete Herr Zervelatwurst. »Es ist vielmehr ein vorübergehender Rückzug. Taktik. Himmel, die Vernunft verlangt es!«
    »Ich ziehe mich nicht zurück.«
    »Meine Güte, selbst Barbaren können zählen. Und ihr habt eben selbst zugegeben, daß euch der Tod erwartet.«
    »Keine Flucht.«
    Cohen beugte sich vor und klopfte Herrn Zervelatwurst auf die Hand.
    »Es ist die Sache mit dem Heldentum«, sagte er. »Wer hat jemals von einem Helden gehört, der einfach fortlief? Und die Kinder, von denen du uns erzählt hast… die uns für Geschichten halten… Würden sie glauben, daß wir weggelaufen sind? Na also. Nein, Weglaufen gehört bei uns nicht dazu. Dafür sind andere zuständig.«
    »Außerdem bietet sich eine solche Gelegenheit nie wieder«, warf Kriecher der Unhöfliche ein. »Sechs gegen fünf Heere! Das ist verd… phantastisch! Wir reden hier nicht nur von Legenden und dergleichen! Vermutlich geraten wir in den Bereich der Mythologie.«
    »Aber… ihr seid dann… tot .«
    »Ja, das ist Teil davon, zugegeben. Ein toller Abgang, nicht wahr?«
    Herr Zervelatwurst musterte die übrigen Hordenmitglieder und gelangte zu dem Schluß, daß sie eine andere Sprache in einer anderen Welt sprachen – in einer Welt, von der er nichts wußte und die auf keiner Karte verzeichnet war. Man konnte diesen Leuten beibringen, Hosen zu tragen und mit Geld umzugehen, aber ihre Seele änderte sich dadurch nicht.
    »Wohin kommen Lehrer nach ihrem Tod?« fragte Cohen.
    »Keine Ahnung«, antwortete Herr Zervelatwurst leise. Einige Sekunden lang fragte er sich, ob es im Himmel so etwas wie ewige Sommerferien gab. Wahrscheinlich nicht. Bestimmt warteten dort irgendwelche Korrekturen auf

Weitere Kostenlose Bücher