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Echt zauberhaft

Echt zauberhaft

Titel: Echt zauberhaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Firmaments oder der Große Strom des Segens, sondern ein grausamer Irrer, der längst ins Grab gehörte.
    Ein entsetzlicher Gedanke. Genausogut konnte man Mutterschaft und rohen Fisch verabscheuen oder Einwände gegen Sonnenschein erheben. Die meisten Menschen entwickeln ihr soziales Gewissen in jungen Jahren, während der kurzen Phase zwischen dem Schulabschluß und der Einsicht, daß Ungerechtigkeit nicht immer schlecht ist. Sein soziales Gewissen erst mit Sechzig zu finden, war ein ziemlicher Schock.
    Was keineswegs bedeuten sollte, daß er den Goldenen Regeln kritisch gegenüberstand. Seiner Ansicht nach machte es durchaus Sinn, einem Dieb die Hände abzuhacken. Es hinderte ihn daran, erneut zu stehlen und dadurch seine Seele zu beflecken. Ein Bauer, der seine Steuern nicht bezahlen konnte, mußte hingerichtet werden, um ihn vor der Versuchung von Faulheit und Protest zu bewahren. Und da das Reich vom Himmel als einzige wahre Welt für die Menschen geschaffen worden war, umgeben von einer Ödnis, in der nur Geister hausten, konnte es kaum falsch sein, alle Leute mit dem Tod zu bestrafen, die diese göttliche Ordnung in Frage stellten.
    Aber Zwei Kleiner Wang fand es nicht richtig, dabei zu lachen. Solche Dinge waren nicht angenehm, nur notwendig.
    Irgendwo in der Ferne ertönten Schreie. Der Kaiser spielte wieder Schach – mit lebenden Figuren.
    Das Wissen ruhte wie eine schwere Last auf dem Protokollmeister. Es hatte bessere Zeiten gegeben – das wußte er jetzt. Die Dinge waren nicht immer so gewesen wie im Moment. Kaiser mußten nicht unbedingt brutale Narren sein, in deren Nähe man ebenso sicher war wie auf der Sandbank eines Flusses während der Krokodilsaison. Es mußte nicht jedesmal ein Bürgerkrieg ausbrechen, wenn ein Kaiser starb. Es gab keine Gesetze, die von den Kriegsherrn verlangten, das Land zu regieren. Und die Bürger… Sie hatten nicht nur Pflichten, sondern auch Rechte.
    Eines Tages war es zu Auseinandersetzungen über die Thronfolge gekommen, was zu einem Krieg geführt hatte. Und anschließend war alles durcheinandergeraten.
    Mit etwas Glück dauerte es nicht mehr lange, bis der Kaiser starb. Vermutlich wurde bereits eine spezielle Hölle für ihn vorbereitet. Auf seinen Tod würde ein Kampf folgen, der über den neuen Kaiser entschied, und wenn Zwei Kleiner Wang Glück hatte, verlor er im wahrsten Sinne des Wortes den Kopf – das geschah oft mit Leuten, die unter einem früheren Kaiser hohe Ämter bekleidet hatten. Solche Maßnahmen waren alles andere als ungewöhnlich. Manchmal genügte es, den Kaiser beim Nachdenken zu stören oder an der falschen Stelle zu stehen, um enthauptet zu werden.
    Plötzlich hörte Zwei Kleiner Wang Geister.
    Sie schienen sich direkt unter seinen Füßen zu befinden und unterhielten sich in einer sonderbaren Sprache, die für den Protokollmeister nur aus unverständlichen Lauten bestand. Sie klangen so:
    »Meine Güte, wo sind wir hier?«
    »Irgendwo unter dem Palast, glaube ich. Haltet nach einer weiteren Öffnung in der Decke Ausschau…«
    »Wasisn?«
    »Ich hab’s satt, den verdammten Rollstuhl zu schieben!«
    »Eins sage ich euch: Nach dieser Sache steht für mich ein heißes Fußbad auf dem Programm.«
    »Seit wann nimmt man eine Stadt ein, indem man durch hüfthohes Wasser stapft? Wir haben eine… verflixte… Stadt ganz anders eingenommen, als ich mit dem Fürchterlichen Ferdinand ritt! Mit tausend Kriegern haben wir sie überrannt, jawohl!«
    »Ja, aber hier ist nicht genug Platz für tausend Krieger.«
    Die Stimmen klangen hohl und erzeugten dumpfe Echos. Mit einer Mischung aus Faszination und Verwirrung folgte ihnen Zwei Kleiner Wang. Gedankenlos wanderte er über den manikürten Kies, was der Schöpfer des Steingartens vermutlich zum Anlaß genommen hätte, ihm die Zunge abschneiden zu lassen.
    »Können wir uns bitte beeilen? Ich möchte aus der Kanalisation heraus sein, wenn der Kessel explodiert. Und ich hatte nicht genug Zeit, mit der Zündschnur zu experimentieren.«
    »Das mit dem Kessel verstehe ich noch immer nicht, Lehrer.«
    »Ich hoffe, daß die vielen Knaller ein Loch in die Mauer reißen.«
    »Ach? Und warum sind wir nicht dort? Warum stapfen wir durch dieses Rohr?«
    »Weil alle Wächter zum Ort der Explosion laufen werden, um festzustellen, was da los ist.«
    »Ja! Deshalb sollten wir dort sein!«
    »Nein! Wir sollten hier sein, Cohen. Das ist ein sogenanntes Ablenkungsmanöver. So ist es… zivilisierter.«
    Zwei Kleiner Wang

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