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Echt zauberhaft

Echt zauberhaft

Titel: Echt zauberhaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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ein wenig zur Seite.
    »Kennt ihr auch den berühmten Ausspruch des Großen Zauberers Rin-
    cewind?«
    »Nein«, antwortete Lotosblüte. »Aber ich ihn gern hören würde«, fügte
    sie höflich hinzu.
    »Er lautet: Lebt wooooooohl…«
    Seine Sandalen rutschten über das Kopfsteinpflaster, doch Rincewind
    hatte bereits auf eine recht hohe Geschwindigkeit beschleunigt, als er die
    Tür erreichte. Sie bestand aus Bambus und gab bereitwil ig nach.
    Auf der anderen Seite lag ein Straßenmarkt. Dies war ein Merkmal von
    Hunghung, an das er sich später erinnerte: Sobald irgendwo etwas Platz
    war, zum Beispiel durch die Passage eines Karrens oder Maultiers,
    strömten sofort Menschen hinein, die aus vol em Hals schrien und über
    den Preis für eine Ente verhandelten, die mit dem Kopf nach unten
    gehalten wurde und laut schnatterte.
    Einer seiner Füße geriet in einen Bastkorb mit mehreren Hühnern,
    aber er blieb nicht stehen. Auf einem Straßenmarkt von Ankh-Morpork
    hätte so etwas zweifellos Kommentare nach sich gezogen, aber hier wa-
    ren die Leute schon genug damit beschäftigt, sich anzuschreien. Als Rin-
    cewind mit einem gackernden Fuß an den Ständen vorbeihastete, war er
    nichts weiter als ein kurzes Ärgernis.
    Hinter ihm schlossen sich die Lücken in der Menschenmasse. Wenn
    Verfolger etwas riefen, verloren sich ihre Stimmen in dem al gemeinen
    akustischen Chaos.
    Rincewind hielt erst inne, als er eine von allen anderen übersehene Ni-
    sche zwischen zwei Buden entdeckte – links wurden Singvögel verkauft,
    rechts bot man in Schüsseln blubberndes Zeug an. Sein Fuß krähte.
    Er trampelte auf die Kopfsteine, bis der Käfig endgültig zerbrach. Die
    berauschende Luft jäher Freiheit veranlaßte den Hahn, Rincewind gegen
    das Knie zu picken und dann fortzuflattern.
    Von Verfolgern war weit und breit nichts zu hören. Al erdings hätte
    selbst ein Bataillon Trolle mit Blechstiefeln Schwierigkeiten gehabt, sich
    von der Geräuschkulisse eines gewöhnlichen Straßenmarkts in Hung-
    hung abzuheben.
    Der Zauberer kam wieder zu Atem.
    Er war wieder auf sich al ein gestellt. Soviel zur Roten Armee. Er be-
    fand sich zwar in der Hauptstadt, wo er nicht sein wol te, und früher
    oder später standen ihm weitere unangenehme Ereignisse bevor, doch
    sie geschahen nicht hier und jetzt. Er brauchte nur Gelegenheit, sich zu orientieren. Wenn er außerdem noch fünf Minuten Vorsprung bekam…
    dann blieb den Verfolgern allein sein Staub. Beziehungsweise sein
    Schlamm. Von beidem gab’s hier genug.
    Nun… dies war also Hunghung…
    Straßen in einem für Rincewind verständlichen Sinn schien es hier
    nicht zu geben. Gassen führten zu weiteren Gassen, die wegen zahlrei-
    cher Verkaufsstände und Buden noch schmaler wurden, als sie es ohne-
    hin schon waren. Tiere waren eine bedeutende Komponente der Markt-
    population. Wohin Rincewind auch blickte: Immer wieder sah er Käfige
    mit Hühnern, Enten in Säcken und seltsame, sich hin und her windende
    Geschöpfe in Schalen. An einem Stand bemerkte er mehrere Schildkrö-
    ten, die einen Stapel bildeten neben dem Schild: Jeweils nur 3 Rhinu, gut fürs Ying. Das Tier ganz oben bedachte ihn mit einem Blick, der sagte:
    »Und du glaubst, schlimm dran zu sein?«
    Es ließ sich kaum feststellen, wo die Stände endeten und die Gebäude
    begannen. Getrocknete Sachen an einer Schnur konnten Handelswaren
    sein oder zum Trocknen aufgehängte Wäsche. Oder ein Mittagessen für
    die nächste Woche.
    Die Bewohner von Hunghung hielten sich offenbar gern im Freien auf.
    Al es deutete darauf hin, daß sie den größten Teil ihres Lebens auf der
    Straße verbrachten, und zwar schreiend. Wer stehenblieb und »Äh…
    entschuldige bitte« sagte, kam nie voran.
    Die Menge teilte sich jedoch, als Gongs schepperten und es mehrmals
    knal te. Eine Gruppe in weiße Umhänge gekleideter Personen tanzte
    vorbei, warf Feuerwerkskörper und schlug Pfannen und andere Gegen-
    stände aus Metal gegeneinander. Der Lärm war tatsächlich ein wenig
    lauter als das Treiben auf dem Markt.
    Rincewind hatte festgestel t, daß manche Leute ihr Geschrei lange ge-
    nug unterbrachen, um ihm einen verblüfften Blick zuzuwerfen. Vielleicht
    wurde es Zeit für ihn, sich wie ein Einheimischer zu verhalten.
    Er wandte sich an die nächste Person und schrie: »Ziemlich gut, nicht
    wahr?«
    Die betreffende Person – eine alte Frau mit Strohhut – musterte ihn
    voller Abscheu. »Dies ist Herrn Whus Beerdigung«, erwiderte sie

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