Ed King
bestimmt. Aber ich habe keine Verfügungsgewalt über Mrs King.«
»Guido!«, rief Ed schrill. »Ich gebe dir eine Million Dollar, jetzt sofort, heute, wenn du meine Frau ans Telefon holst.«
»Ich würde ja gerne helfen«, antwortete Guido ernst. »Aber was soll ich machen? Ich kann Mrs King nicht zwingen.«
»Jetzt hör mir mal zu, Guido. Du tust jetzt, was ich sage. Du sagst ihr, ich muss mit ihr reden, sofort . Sag ihr, ich bin’s, Ed. Sag ihr das. Sie wird schon verstehen.«
Keine Antwort. Ed wartete, den Kopf in die Hände gestützt. »Mit meiner eigenen Mutter verheiratet?«, fragte er sich wieder und wieder. »Den Vater getötet und die Mutter geheiratet? Wer denkt sich so grausame Scherze aus?« »Guido«, bellte Ed, »wird’s bald.«
»Tut mir leid, Mr King«, sagte Guido, »aber an Ihrer Stelle würde ich nicht auf eine Antwort warten. Mrs King wird nicht mit Ihnen am Telefon reden, nicht jetzt, nicht in fünf oder zehn Minuten, überhaupt nicht. Zumindest nicht in näherer Zukunft.«
»Guido!«, brüllte Ed. »Sag Diane, ich …«
»Ich würde es tun, wenn ich könnte. Ehrenwort. Ich würde Ihre Nachricht an Mrs King weiterleiten. Aber ich kann nicht. Ausgeschlossen. Tut mir leid.«
» Bitte , Guido, sei ruhig! Ich habe schon ohne dich genügend Probleme. Hol einfach nur Diane ans Telefon.«
»Kann ich nicht«, wiederholte Guido.
Ed spürte eine unbändige Wut aufsteigen. Dieser elende Scheißkerl! Diese aufgeblasene Laus! Dieser Vollidiot! Dafür würde Guido büßen, Eds Befehlen zu trotzen und sich seinem Willen zu widersetzen. »Hör zu«, sagte Ed, »wenn du in England landest, bist du entlassen. Das war’s für dich. Schluss, Guido. Du kannst anderen Leuten auf die Nerven gehen! Du bist gefeuert, Guido!«
»Ja, Sir«, sagte Guido. »Ich verstehe.«
Dann flog Ed zum zweiten Mal innerhalb von acht Stunden mit einem Pythia-Helikopter zum Flughafen. Dieses Mal allerdings war es dunkel, der Strom war ausgefallen, und am Himmel hingen tiefe,dichte Wolken, sodass vom überfluteten Pugetopolis nur vereinzelte, von Generatoren gespeiste Lichtflecke zu sehen waren. Das Harborview Hospital war hell erleuchtet (»dank der Sponsorengelder von Pythia«, dachte Ed), und im Lichtschein konnte er erkennen, dass sich der Yesler Way und die James Street in reißende Ströme verwandelt hatten, die unter der Autobahn herschossen und von dort mit hoher Geschwindigkeit dem Puget Sound entgegenstürzten. »Wie konnte es überhaupt zu so einer gewaltigen Flut kommen?«, dachte Ed. Riesige Summen hatte man in die Infrastruktur von Pugetopolis gesteckt, um die Stadt erdbebensicher zu machen. Aber fielen etwa die Gebäude in sich zusammen? Begrub der Mount Rainier die Stadt unter Asche? Stattdessen wurde Seattle mitten im Sommer von einer Flut überrascht, als ob es Bangladesch wäre. Etwas vollkommen Unerhörtes, noch nie Dagewesenes, Unerwartetes. Und offenbar die Visitenkarte der globalen Erwärmung, die selbst die King Foundation nicht aufhalten konnte, trotz einer Spende von vier Milliarden Dollar.
Der Hubschrauber landete auf dem Boeing-Field-Flughafen, der sich verzweifelt gegen die steigenden Fluten stemmte. Trotz Pumpen und Sandsäcken lag das Gelände zu nahe am Duwamish Slough, einem ausgebaggerten Wasserloch, das nun weit über seine Ufer getreten war und die Start- und Landebahnen zu überfluten drohte. Die landenden Flugzeuge gehörten vermutlich zum Katastrophenschutz, mit den abgehenden Fliegern setzte sich die heimische Bevölkerung in trockenere Gebiete ab. Wer es sich leisten konnte, verließ die Gegend. Die Welt ging ihren heillosen Geschäften nach, so wie Ed seine Sache verfolgte.
Eds Hubschrauber flog einen weiten Bogen um die startenden und landenden Flugzeuge und setzte direkt neben der wartenden Gulfstream auf, die in seitlicher Position parkte, um ihm zehn Schritte zu ersparen. Die Wartungsmannschaft, die inzwischen in Gummistiefeln und Öljacken arbeitete, hatte die Positionslichter eingeschaltet und die Gangway heruntergelassen. Die Maschine war vollgetankt und startklar, aber als Ed zu seinem Flugzeug rannte, erklärte der Crew Chief ihm, sein Pilot sei von den Überschwemmungen aufgehalten worden. Ob Mr King wünsche, dass man den Piloten mit dem Helikopter hole? »Macht, was ihr wollt«, bellte Ed. Dann ging er an Bord und drückteden Knopf an der Wand, mit dem die Gangway eingefahren wurde. Warum nicht? Er würde alleine nach England fliegen und von Diane die Wahrheit
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