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Ed King

Ed King

Titel: Ed King Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Guterson
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und Windrichtung, Außentemperaturen, Wetterfronten, Drucksystemen, Niederschlag, Stürmen, Konvektion und verzwickte Berechnungen zum Jetstream über sich ergehen lassen. Von seiner launenhaften Erfindung erschöpft, unterbrach Ed schließlich ihren Monolog und sagte: »Mach’s kurz und sag mir, was ich wissen muss. Gibt es wettermäßig irgendwelche beunruhigenden Anzeichen? Zwischen meinem jetzigen Standort und Carlisle?«
    »Ich freue mich immer, Ihnen helfen zu können«, erwiderte Cybil. »Aber Sie müssen verstehen, dass Wettervorhersagen grundsätzlich unzuverlässig sind.«
    »Ich will keine Vorhersage. Ich will Fakten.«
    »Das Wetter kann sich ohne erkennbaren Grund ändern. Ich bin sicher, während Ihres Studiums in Stanford haben Sie sich mit der Chaostheorie beschäftigt. Edward Lorenz und der Einsatz der Chaostheorie bei meteorologischen Vorhersagen? Die Chaostheorie besagt, dass …«
    »Irgendetwas auf dem Weg zwischen hier und Carlisle?«, unterbrach Ed.
    »Ja«, sagte Cybil. »Gewitter.«
    »Gewitter«, wiederholte Ed. Aus Gewohnheit und weil er durch einen wolkenlosen Himmel flog, spielte er ein wenig mit Cybils Prozessor. »Ich verstehe nicht ganz, was Gewitter sind«, sagte er. »Wodurch sie entstehen. Was sie genau sind. Kannst du mir das bitte erklären? Mich sozusagen aufklären? Sag, Cybil: Was sind Gewitter?«
    Cybil machte eine kurze Pause und sagte: »Gewitter wecken atavistische Gefühle, Ed. Die Menschen hatten schon immer Angst vor dem Donner. Die primitiven Völker fürchteten den Donner so sehr, dass sie ihn mit der Tätigkeit der Götter erklärten. Sie erinnern sich, Zeus war …«
    »Seit wann bist du Professorin für Altertumskunde, Cybil?«
    »Zeus war der König der Götter und der Menschen. In seiner Handhielt er ein mächtiges Blitzbündel. Nach der griechischen Mythologie durfte man ihn nicht erzürnen, damit er es nicht nach einem schleuderte und einen tötete.«
    »Warum erzählst du mir ausgerechnet jetzt von Zeus?«
    »Ich weiß nicht, ich dachte, Sie sollten es wissen.«
    »Wer bist du? Meine Beraterin? Ich habe nach einer Erklärung für Gewitter gefragt, nicht nach dem Gott des Donners. Ich habe Meteorologie erwartet, nicht Mythologie. Wo liegt da die Schwierigkeit? Gib mir nüchterne Wissenschaft. Gib mir die Fakten!«
    »Ich stehe Ihnen zu Diensten«, erwiderte Cybil.
    Ed legte sie in die Warteschleife und kontrollierte die Instrumente. Bisher war es ein perfekter Flug gewesen, ohne Turbulenzen, ohne Ruckeln, vor sich nichts als die steten Lichtpunkte der Sterne in einer unendlich fernen Dunkelheit. Für einen Augenblick fühlte er sich trotz allem, trotz Inzest und Vatermord, ergriffen von der Schönheit des Lebens. »Wie seltsam«, dachte er. »Hier sitze ich in einer warmen, erleuchteten Kabine, fünfzehn Kilometer über dem Planeten Erde, und fliege mit einer Geschwindigkeit von achthundertfünfzig Stundenkilometern. Das ist so unnatürlich und sollte gar nicht sein, wie haben wir es überhaupt dahin gebracht – zu fliegen! Letztendlich begreife ich nicht, wie es funktioniert. Dieses Flugzeug wiegt mehr als fünfzigtausend Pfund. Man sollte denken, es müsste am Boden bleiben. Wie kann es fliegen? Ein Wunder, aber es ist so! Oder wie kann es sein, dass ich über Bordfunk mit dem Piloten eines anderen Flugzeugs rede oder, noch seltsamer, mit einem Computer, einer Maschine? Einer Maschine, die auf den Namen ›Cybil‹ hört und mich, so seltsam es klingt, über Zeus belehrt? Wie ist so etwas möglich ? Wie funktioniert das? Diese Wellen , die durch den Äther rollen und mich hier in Kanada erreichen und, was noch unbegreiflicher ist, sich irgendwie in Wörter verwandeln? Wörter in der Luft? Unsichtbare Wörter? Wie geht das? Wie kann so etwas sein? Wir sollten alle diese Dinge nicht als selbstverständlich erachten. Dass Dinge dieser Art überhaupt möglich sind! Dass ich hier bin! Dass ich lebe, mir meiner selbst und meiner Umwelt bewusst bin … und offenbar meinen Vater getötet und meine Mutter geheiratet habe! Oder vielleicht auch nicht. Es ist so unwahrscheinlich.Wie auch immer, ich werde es herausfinden. Ich fliege nach Carlisle, fahre zum Schloss, und das Gespräch mit Diane wird alles klären und mir Gewissheit bringen. Und dann? Was passiert dann? Meine Mutter geheiratet? Meinen Vater getötet? Was erwartet mich? Wohin führt mich das alles? Wie geht es weiter?«
    Die Sterne vor ihm verschwanden hinter dunklen Wolken. »Was soll’s«, dachte Ed,

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