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Ed King

Ed King

Titel: Ed King Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Guterson
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Pony –, die sie sich bei einem exklusiven Friseur hatte schneiden lassen. In einer Seitenstraße legte Diane in ihrem muffigen Wagen den Schmuck an, steckte ein Dutzend Visitenkarten in ihre Handtasche und warf einen letzten prüfenden Blick in den Rückspiegel. Dann stieg sie auf der Beifahrerseite aus und versuchte ihrem Gesicht einen Ausdruck zu geben, der entschlossen und selbstsicher wirkte.
    Auf ihrem Weg entlang der Eleventh Avenue zog sie fremde Blickeauf sich. Im Seward Hotel glitt sie ohne Zögern durch die für sie geöffnete Tür und setzte sich mit übereinandergeschlagenen Beinen in die Lobby, als gehörte sie hierher, unter die wuchtigen Kronleuchter, die vergoldeten Bögen und die Wandmalereien, die Szenen der Lewis-und-Clark-Expedition zeigten. Eine halbe Stunde lang beobachtete sie die Rezeption und die Concierge-Loge, das Kommen und Gehen der Pagen mit ihren Gepäckwagen und die elegant gekleideten Hotelgäste, die fröhlich plaudernd auf ihr Taxi warteten. Der Concierge, der einen engen Serge-Anzug trug, ein scharlachrotes Gesicht und einen Walrossschnauzer hatte, stand auf einer Art Podium. Nachdem Diane ihr Samttop glatt gestrichen hatte und mit den Händen über ihren Satinrock gefahren war, ging sie auf ihn zu, machte einen halben Knicks und sagte: »Entschuldigen Sie. Dürfte ich eine Frage an Sie richten?«
    »Britin«, sagte der Concierge. »Habe ich recht?«
    Diane öffnete ihre Handtasche und zog eine Visitenkarte hervor, die er misstrauisch mit gespitzten Lippen betrachtete. Der Text lautete:
    Erstklassiger Service
    CANDACE DARK ESCORT SERVICE
    Portlands erste Adresse
    Kultivierte, elegante und exklusive Begleiterinnen,
    ausschließlich für Gentlemen
    Wir freuen uns, für Sie da zu sein
    Anruf unter CA7–4223
    »Wir betreiben eine höchst professionelle und zuverlässige Agentur«, sagte Diane. »Außerdem gewähren wir für die Vermittlung von Kunden einen zehnprozentigen Anteil.«
    Der Concierge leckte sich ungläubig die Lippen. »Wie alt sind Sie?«, fragte er.
    »Die bei uns angestellten Mädchen sind zwischen einundzwanzig und fünfunddreißig Jahre alt«, antwortete Diane. »Keine Minderjährigen, das versteht sich von selbst.«
    »Ich wette, Sie sind allerhöchstens sechzehn.«
    »Bitte ziehen Sie meinen Vorschlag in Betracht, Sir. Unsere zehnProzent Provision sind konkurrenzlos in dem Gewerbe. Unsere Agenten verdienen bis zu zwanzig Dollar pro Vermittlung, manche sogar noch mehr. Ich bin sicher, in Ihrem Haus gibt es Gäste, die nach einem Escortservice fragen, und vielleicht denken Sie das nächste Mal an mich.« Sie lächelte und machte erneut einen leichten Knicks.
    Der Concierge ließ seinen Blick durch die Lobby schweifen und sagte: »Wir werden sehen.« Dann steckte er ihre Karte in die Tasche seines Jacketts.
    Die Szene wiederholte sich im Benson mit seinen Marmorböden und offenen Kaminen, genau wie im Imperial auf dem Broadway und im Heathman. In jedem dieser Nobelhotels nahm der Concierge Dianes Karte mit der gleichen Wir-wissen-beide-worum-es-geht-aber-wir-sprechen-es-nicht-aus-Miene. Diane hatte kein Problem damit, dass sie so reagierten. Sie kam stillschweigend dem Bedürfnis der Concierges nach Diskretion entgegen und ließ sie wissen, ohne es direkt auszusprechen, dass sie stets so tadellos unauffällig aufzutreten gedenke und dass nichts an ihr jemals ihren guten Ruf, ihre gehobene Stellung oder ihren Posten gefährden würde.
    Danach war sie im Geschäft, mit einigem Erfolg. Letztlich hatte sie ihre Mutter daheim nichts anderes tun sehen, wenn auch auf einem anderen Niveau. Anstatt Männer im Wohnzimmer zu empfangen, ging Diane mit ihnen essen, ins Theater, ins Konzert und in Piano Bars, in denen knallbunte Cocktails serviert wurden. Niemals bot sie von sich aus eine sexuelle Dienstleistung an. Sicherer war es, anzunehmen, wenn ihr ein Schlaftrunk an der Hotelbar angeboten und sie anschließend aufs Zimmer eingeladen wurde. Hinter verschlossener Tür und mit vorgelegter Sicherheitskette konnte sie die Transaktion über die Bühne bringen, ohne dass je von Geld die Rede gewesen wäre. Diane gab ihren Kunden, was sie brauchten, selbst wenn sie es zuvor gar nicht gewusst hatten und es erst durch die Dienste von »Candy Dark« erfuhren. Manchmal bat ein Kunde sie, nachdem er hinreichend versorgt worden war, ein kleines Geschenk für ihre besonderen Mühen anzunehmen – das späte Taxi, die vorher vereinbarte »Escort-Gebühr« sowie eine »Sonderzuwendung«,

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