Ed King
wie Diane es nannte –, aber manchmal musste sie bis zum Morgen bleiben, bis ihr Kunde, vielleicht halb bekleidet oder in Unterwäsche, auf Socken oder mit ungebundener Krawatte, sein Portemonnaie zückte, um sich danach dem zuzuwenden, weshalb er nach Portland gekommen war. Gab er sich knauserig, half Diane ein wenig nach. In der Regel lohnte es sich, einem Mann auf die Sprünge zu helfen, der auf seinem Geldbeutel saß. Ihm das Gefühl zu geben, er sei ein Krämer, aber gut im Bett, war genau die richtige Kombination. Natürlich gab es unverbesserliche Geizkragen, und es fiel auch noch die zehnprozentige Provision für die Concierges an, die Diane mit peinlicher Diskretion, wenn auch nicht immer ihrem Honorar entsprechend, auszahlte, aber am Ende verdiente sie recht ordentlich. Schon bald konnte sie sich ein hübsches Apartment und einen vorzeigbaren Wagen leisten, den ihr ein Kunde, der mit exklusiven Gebrauchtwagen handelte, vermittelte.
An einem Abend begleitete sie einen Anwalt, der auf Einwanderungsrecht spezialisiert war, und sorgte dafür, dass er auch für die folgenden Abende ihre Dienste in Anspruch nahm. Er gehörte zu den wenigen Männern, die sie attraktiv fand, und er drängte sie, ihm ihren richtigen Namen zu sagen, weil er es als nicht besonders aufregend empfand, mit einer Frau zu schlafen, die sich »Candy Dark« nannte. Sie verriet ihm ihren Namen, weil sie ihn mochte und es wollte, aber mehr noch mit dem Hintergedanken, er werde sich honorarfrei ihrer Visa-Probleme annehmen. Und das tat ihr attraktiver Kunde mit den breiten Schultern und der schmalen Taille, der jedes Mal »Gib’s mir … Diane … Burroughs!« stöhnte, wenn sein großer Moment kam. Wenig später hatte sie alle Unterlagen zusammen, die sie für die Ausstellung eines Führerscheins und ein unbegrenztes Visum brauchte.
Natürlich war ihr Lebenswandel nicht frei von Problemen, wie etwa der Sorge, wegen Anstiftung zur Prostitution verhaftet zu werden, oder der Angst vor einer erneuten Schwangerschaft. Dann gab es Kunden, bei denen sie um ihr Leben fürchtete, und andere, die weniger gefährlich, aber umso anstrengender waren, weil es bei ihnen im Bett nicht klappte. Es gab Männer mit furchtbarem Mundgeruch, Männer mit eigentümlichen und lästigen Vorlieben und, die schlimmsten von allen, Männer, die trotz klarer Absprachen zu weit gingen und ihr wehtaten, nicht nur für einen kurzen Moment, den sie geschickt hätteüberspielen können, sondern ihr so starke Verletzungen beibrachten, dass sie manchmal nach Hause humpelte und sich mit Salbe und viel Ruhe davon erholen musste. Andererseits liebte sie die freien Tage, an denen sie nicht ans Telefon ging, die Bücher, Nickerchen, Fernsehshows und die überbackenen Thunfischtoasts, die ausgiebigen Bäder, das Handtuch, zu einem Turban um den Kopf gewickelt, dazu Bademantel und Slipper, die stundenlange häusliche Maniküre, kurzum, das Leben eines B-Movie-Starlets. Dennoch überfielen Diane in diesen kurzen Pausen Gefühle der Einsamkeit. Während sie sich von den Wunden der Edelprostitution erholte, dachte sie an ihren Sohn und wie es ihm ergehen mochte, und sie bereute es, ihn fortgegeben zu haben.
Diane bezog ein neues, deutlich schickeres Apartment mit Blick auf den Willamette River und legte sich einen neuen Wagen zu, der ebenfalls flotter aussah. Außerdem nahm sie einige Veränderungen an ihrer Garderobe vor, nicht, weil sie es nötig hatte, sondern weil Einkaufen Spaß machte. Einkaufen, Kreuzworträtsel, Groschenromane, Fernsehen und Desserts füllten ihre Tage aus, so wie einsame Männer ihre Nächte ausfüllten. Sie kaufte zwei identische Schlafanzüge von Junior Miss in Schwarz und Pink, steckte sie in ihre Handtasche und wechselte sie manchmal, wenn sie bei ihren Kunden im Bad war. Dann kam sie, das Gesicht frisch gewaschen und die Haare zum Pferdeschwanz gebunden, aus der Tür des Badezimmers und surrte: »Ich war ungezogen und habe meinen Schlafanzug schmutzig gemacht.« Diane war tatsächlich zufrieden mit ihrer Rolle als Candy Dark, die ihr die Möglichkeit gab, Männer zu manipulieren und auszubeuten, wo es nur ging.
Das gleiche süße Vergnügen empfand Diane angesichts von Walter Cousins’ Zahlungen, die jetzt immer mit einer Begleitnotiz versehen waren, in der er ihr und »dem Baby« alles Gute wünschte oder fragte, ob er sie besuchen könne, wenn er das nächste Mal in Portland sei. Sie antwortete nie darauf, sondern warf die Briefe gleich in den
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