Ed King
junior, wenn er bereits liest wie ein Viertklässler? Die nehmen Schulgeld, als wäre es Harvard, und dann bekommen wir das dafür?«
»Du hast recht«, sagte Alice. »Sie ist zu jung.«
Sie schickte Eddie kurze Zeit auf eine Montessori-Schule, und als auch das nicht das Richtige war, fanden sie eine Schule für Hochbegabte, deren Motto lautete: »Mächtige Eichen wachsen aus kleinen Eicheln.« Das Lehrpersonal der Acorn Academy war speziell dafür ausgebildet, außergewöhnliche Kinder noch außergewöhnlicher zu machen. Eddie war endlich dort, wo er hingehörte, mit zwölf anderen Kindern seines Schlags.
Die Acorn Academy unterstützte außerschulische Aktivitäten, also bekam Eddie dienstags Klavierunterricht, mittwochs Hebräischunterricht und ging sonntagmorgens zusammen mit Simey ins jüdische Gemeindezentrum, wo Bodenturnen und Basketball angeboten wurden. Binnen drei Monaten konnte Eddie The Pirate’s Hornpipe bei einer Aufführung vorspielen und ließ die anderen Jungen – einschließlich Simey – alt aussehen, wenn es darum ging, Korbleger an einem einen Meter achtzig hohen Korb zu werfen (Havlicek junior nannte sein Trainer ihn). Simey zeigte wenig Interesse für Sport, aber es zeigte sich früh, dass er außergewöhnlich intelligent war. Simon war in der Tat ein wahres Wunderkind und konnte spielend sechsstellige Zahlen im Kopf multiplizieren. Aufgrund seiner ungewöhnlichen Fähigkeiten ließen Dan und Alice testen, ob Simey früher eingeschult werden sollte. Ein Spezialist an der Universität von Washington glaubte, Simey weise »eine außergewöhnliche Durchblutung des Kleinhirns« auf sowie eine bei Überfliegern häufig festgestellte Eigenschaft, die als »unbedingter Wille, alle zu übertreffen« bekannt sei. Mit anderen Worten, die Antwort war, wie Dan es ausdrückte, eine »eindeutige Empfehlung mit Sternchen« – Simon sollte Ed an die Acorn Academy folgen, obwohl er siebzehn Monate jünger war. Und so kam es.
Im nächsten Jahr gingen Ed und Simey nach Gladys Glen, wo es ein spezielles Programm für hochbegabte Kinder und einen vier Hektar großen Campus gab. Montags bis freitags fuhr Alice sie um acht Uhr nach Bellevue und holte sie um halb fünf wieder ab. Das bedeutete, kein Hebräischunterricht mehr am Mittwoch, aber stattdessen zahlten Dan und Alice für den Unterricht am Samstag in Beth David. Im Anschluss an den Samtagsunterricht entwickelte sich ein fester Brauch. Zu Mittag gab es bei den Kings Corned Beef auf Roggenbrot und Kartoffelsalat und zum Nachtisch Makronen und Alice’ Lieblingsspeise, Halwa aus Israel.
Simey und Eddie bekamen jede Woche fünfundzwanzig Cent Taschengeld, die Dan am Samstagmorgen in Form von zwei Zehn-Cent- und einem Fünf-Cent-Stück an sie verteilte. Die Fünf-Cent-Stücke waren für Spenden in der Gemeinde, aber mit den zehn Cent durften sie machen, was sie wollten. Eddie kaufte davon jede Woche Karamellbonbons und einen Comic. Samstags konnte er es kaum erwarten und bettelte Dan auf der Rückfahrt vom Unterricht an, bei einem Tante-Emma-Laden zu halten, wo man Simey und ihn schon bald erwartete. Simey brauchte immer ewig, bis er sich für irgendwelche Süßigkeiten entschieden hatte, aber Eddie störte das nicht, weil er so genug Zeit hatte, vor dem Zeitschriftenregal zu stehen und Comics zu lesen. Wieder im Auto, rissen die Jungen ihre Bonbontüten auf und stopften Süßigkeiten in sich hinein. Wenn sie in die Auffahrt einbogen, hatte Eddie meistens seinen Comic ausgelesen oder fast. War er noch nicht durch mit der neuesten Ausgabe von Adventure , Action oder Green Lantern , blieb er, ungerührt von Dans Bitten – »Ich möchte, dass du jetzt sofort ins Haus kommst, kleiner Mann« –, lesend im Wagen sitzen und futterte seine Bonbons. Simey saß drinnen vor dem Fernseher und sah sich Zeichentrickfilme an, während Dan und Alice das traditionelle Samstagsmahl vorbereiteten. Ein Pappteller mit einem Sandwich und Kartoffelsalat wartete auf Eddie, wenn er ins Haus kam und beim Essen seinen Comic noch einmal las.
Manchmal gab Eddie kurze Kommentare zur Legion der Superhelden ab. Vom Rücksitz aus erklärte er Dan, dass er Triplicate Girl nicht mochte oder dass Colossal Boy in Shrinking Violet verliebt sei. In der Schule zeichnete Eddie Geschichten über Cosmic Boy, der magnetische Felder erschafft, und Lightning Lad, der stirbt, aber wieder ins Leben zurückgeholt wird. Seine Lehrerin schrieb ins Zeugnis: »Eddie hat eine außergewöhnliche
Weitere Kostenlose Bücher