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Edelherb: Roman (German Edition)

Edelherb: Roman (German Edition)

Titel: Edelherb: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabrielle Zevin
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Zettel geschrieben. (Sie bekam nur fünfundzwanzig pro Tag zugeteilt.)
    »Kein Problem, Mouse.«
    Ich komme schon früher raus.
    Ich sagte, das sei ja eine tolle Neuigkeit, doch sie schüttelte den Kopf und reichte mir das nächste Blatt.
    Nach Thanksgiving oder vielleicht schon früher. Wegen guter Führung, aber vielleicht verbrauche ich auch nur zu viel Papier. Ehrlich gesagt, würde ich lieber bleiben. Wegen meiner Tat kann ich nie wieder nach Hause gehen. Wenn ich rauskomme, brauche ich Arbeit.
    »Ich würde dir ja gerne helfen, aber …«
    Sie legte mir die Hand auf den Mund und reichte mir den nächsten schon beschriebenen Zettel. Offensichtlich waren meine Reaktionen äußerst vorhersagbar.
    Sag nicht nein! Du kannst mir helfen. Du hast sehr viel Einfluss. Ich habe viel darüber nachgedacht, Anya. Ich möchte Schokoladendealer werden.
    Ich lachte, weil ich mir nicht vorstellen konnte, dass sie es ernst meinte. Das Mädel war mit Schuhen keine eins fünfzig groß und stumm wie ein Fisch! Ich sah ihr in die Augen, und ihr Gesichtsausdruck verriet mir, dass sie keinen Spaß gemacht hatte. In dem Moment erlosch das Streichholz, und sie entzündete das nächste.
    »Mouse«, flüsterte ich. »Ich habe nicht so viel Einfluss bei Balanchine Chocolate, und selbst wenn ich ihn hätte, wüsste ich nicht, was du mit so einem Job wolltest.«
    Ich bin 17 . Stumm. Vorbestraft. Habe keine Familie, kein Geld, keine richtige Ausbildung.
    Ich konnte sie gut verstehen. Ich nickte, und sie reichte mir ihr letztes Blatt Papier.
    Du bist die einzige Freundin, die ich hier gefunden habe. Ich weiß, ich bin klein, schwach & unscheinbar, aber ich bin nicht feige und kann richtig hart sein. Wenn ich für dich arbeiten darf, werde ich dir den Rest meines Lebens treu ergeben sein. Ich würde für dich sterben, Anya.
    Ich sagte ihr, dass niemand für mich sterben müsse, und blies das Streichholz aus.
    Dann verließ ich Mouse’ Bett und kletterte hinauf in mein eigenes, wo ich kurz darauf einschlief.
    Als ich mich am nächsten Morgen mündlich von ihr und sie sich schriftlich von mir verabschiedete, kam sie nicht noch einmal auf ihre Bitte zurück, einen Drogendealer aus ihr zu machen. Das letzte, was Mouse schrieb, bevor die Wache mich abholte, war:
Wir sehen uns, A. Mit richtigem Namen heiße ich übrigens Kate.
    »Kate«, sagte ich. »Freut mich.«
    Um elf Uhr wurde ich weggeführt, um meinen Liberty-Overall abzugeben und wieder in meine alte Kleidung zu schlüpfen. Obwohl ich meiner Schule verwiesen worden war, hatte ich die Uniform von Trinity an dem Tag getragen, als ich mich der Polizei stellte. Ich war so an die alten Sachen gewöhnt. Als ich nun, drei Monate später, den Rock über meine Hüfte zog, spürte ich, dass mein Körper zurück zur Schule wollte, genauer gesagt, nach Trinity, wo in der vergangenen Woche der Unterricht wieder begonnen hatte – allerdings ohne mich.
    Nachdem ich mich umgezogen hatte, wurde ich in den Entlassungsraum gebracht. Vor fast einem Jahr hatte ich in ebendiesem Zimmer Charles Delacroix kennengelernt, doch heute warteten Simon Green und Mr. Kipling auf mich, meine Anwälte.
    »Sehe ich aus wie jemand, der im Knast war?«, fragte ich die beiden.
    Mr. Kipling musterte mich, bevor er ausweichend antwortete. »Nein, obwohl du sehr durchtrainiert wirkst.«
    Als ich nach draußen in die schwüle Septemberluft trat, bemühte ich mich, dem verlorenen Sommer nicht zu sehr nachzutrauern. Ich sagte mir, es würde noch viele Sommer geben. Es gäbe auch noch viele andere Jungen.
    Ich atmete tief ein, wollte diese gute frische Luft in mir aufnehmen. Ich roch Heu und in der Ferne etwas Modriges, Schwefeliges, das womöglich sogar brannte. »Freiheit riecht anders, als ich dachte«, bemerkte ich gegenüber meinen Anwälten.
    »Nein, Anya, das ist nur der Hudson. Er brennt schon wieder«, erwiderte Mr. Kipling gähnend.
    »Weshalb denn diesmal?«, fragte ich.
    »Das Übliche«, sagte Mr. Kipling. »Hat irgendwas mit niedrigem Wasserstand und Chemieabfällen zu tun.«
    »Keine Sorge, Anya«, fügte Simon Green hinzu. »Die Stadt ist ungefähr genauso kaputt wie vor drei Monaten.«
     
    Als wir das Haus erreichten, in dem sich unsere Wohnung befand, war der Aufzug außer Betrieb, deshalb versicherte ich Mr. Kipling und Simon Green, dass sie mich nicht bis vor die Wohnungstür bringen mussten. Wir hatten das Apartment im obersten Stock, dem dreizehnten, der im Fahrstuhl aus Aberglauben als vierzehnte Etage

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