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Edelsüß: Norma Tanns vierter Fall (German Edition)

Edelsüß: Norma Tanns vierter Fall (German Edition)

Titel: Edelsüß: Norma Tanns vierter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Kronenberg
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Glykolskandal im Jahr 1985. Nachdem die
Panscherei aufgeflogen war, wollte niemand mehr deutschen Wein kaufen. Was auch
die ehrbaren Winzer schwer getroffen hat. Weißt du nicht mehr? Zum Wohl, Glykol!
So hieß es damals.«
    »Darf ich
dich daran erinnern, dass meine Heimat die norddeutsche Tiefebene ist? 1985 war
ich zu jung für Wein und wusste soeben, dass es rote und weiße Trauben gibt.«
    Sie war
ein echtes Nordlicht, aufgewachsen in einem niedersächsischen Dorf an der Weser.
Ihren Polizeidienst hatte sie in Bremen begonnen. Bei einer Schulung im Bundeskriminalamt
verliebte sie sich in die Stadt Wiesbaden und ließ sich nach Hessen versetzen. So
lautete die offizielle Version, die nicht geschwindelt war. Tatsächlich nahmen die
Stadt und das Umland, der Rheingau und der Taunus, Norma auf Anhieb für sich ein.
Das Beste am Umzug jedoch waren die 430 Kilometer, die sie fortan von Hauptkommissar
Jan Petersen trennten, der ersten und schlimmsten Liebe ihres Lebens. Bei einem
der ersten Wiesbadener Einsätze war sie Arthur begegnet, als in dessen Kunst- und
Antiquitätengeschäft in der Taunusstraße eingebrochen worden war.
    Lutz gab
sich ebenfalls Erinnerungen hin. »Ein guter Freund von mir, ein angesehener Winzer,
hat sich nach dem Weinskandal mit einem Jagdgewehr erschossen. In seinem Weinkeller.
Weil er das Familienweingut nicht retten konnte.«
    Norma legte
den Gurt an. »Stichwort Familie! Du bist also fest entschlossen, die Villa Tann
aufzugeben? Den ehrwürdigen Sitz der Verlegerdynastie Tann?«
    Lutz ließ
den Wagen an und schaute in den Außenspiegel. »Was nützt mir ein Familiensitz ohne
Familie? Arthur, mein Sohn und Erbe, ist tot. Und du willst die Villa nicht übernehmen.
Ich müsste so viel Geld hineinstecken. Fenster, Heizung, Elektrik. Und das für ein
Haus, das mich traurig macht.«
    Der Motor
schnurrte los wie Leopold. Lutz steuerte den Daimler durch die Biebricher Gassen
und bog in die Rheingaustraße ab, die den Blick auf den Strom freigab und auf das
grüne Band der Rettbergsaue. Rechter Hand kam die filigrane Fassade des Biebricher
Schlosses in Sicht. Die Sandsteinfiguren auf dem Dach der Rotunde erhoben sich in
einen wolkenlosen blauen Himmel.
    Lutz deutete
auf die Ablage vor dem Beifahrersitz. »Sieh dir das Exposé an! Das Weingut Adebar,
das hat was!«
    Norma blätterte
in den Unterlagen. »Stimmt, das Weingut hat was. Und zwar einen beträchtlichen Investitionsbedarf!
Soweit ich das als Laie beurteilen kann.«
    »Noch nichts
kaputtsaniert, meint der Makler. Das Anwesen gehört einer älteren Dame, einer Winzerwitwe.
Offenbar hat der einzige Sohn kein Interesse daran.«
    Sie kurbelte
die Scheibe hinunter und schnupperte in den Fahrtwind hinein. »Wie viele Jahre willst
du auf einer Baustelle leben, Lutz?«
    Mit knapp
60 sei er gewiss nicht zu alt für einen Neustart, erklärte er mit vorsichtiger Empörung
und tuckerte in einer Bierruhe voran, die den nachfolgenden Fahrern den Schweiß
auf die Stirn treiben musste.
    »Die Villa
Tann hieße konservieren. Das Weingut ist Aufbruch«, fügte er pathetisch hinzu.
    »Was meint
eigentlich Undine zu deinen Umzugsplänen?«
    Seine Lebensgefährtin
Undine Abendstern wohnte in einem Jugendstilhaus im Wiesbadener Dichterviertel.
Norma konnte sich nicht vorstellen, dass die überkandidelte Galeristin ihre schicke
Altbauwohnung verlassen würde, um an den Rhein zu ziehen.
    Er zuckte
ergeben mit den Schultern, beide Hände sicher am Lenkrad. »Ihr ist es gleich, wo
ich wohne. Wir treffen uns sowieso meistens bei ihr. Sie will nicht mit mir zusammenziehen,
selbst dann nicht, wenn Nina nach Paris gehen sollte.«
    Hinsichtlich
ihrer Extravaganz schenkten sich Mutter und Tochter nicht viel. Das Modestudium
in Frankreich war Ninas Lebenstraum, und Undines Trauer über den Auszug der kapriziösen
Tochter würde sich in Grenzen halten, vermutete Norma. Die Launen der Galeristin
verlangten Lutz einigen Langmut ab. Was der ansonsten gescheite Verleger wie eine
Naturgewalt abwetterte.
    Die vier
Kilometer entlang des Rheins zwischen Biebrich und Schierstein waren schnell zurückgelegt.
Sie erreichten eine Seitengasse. Sorgsam auf genügend Abstand zum sich herandrängenden
Mauerwerk bedacht, stoppte Lutz den Wagen vor einem mannshohen Holztor, dem ein
neuer Anstrich gutgetan hätte. Wie aus dem Nichts war ein junger Mann zur Stelle
und drückte die Flügel auf. Er winkte den Oldtimer hinein und zupfte nervös an seiner
feuerroten Krawatte, einem Signalfleck

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