Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Eden

Titel: Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tony Mochinski
Vom Netzwerk:
als wäre das alles ein riesiger Halloween-Mummenschanz, mit dem sie den Richardsons Angst einjagen wollten.
    Mrs. Lynch, die Nachbarin mit den ganzen Katzen, wollte die Windschutzscheibe zertrümmern. Sie hielt den abgerissenen Schwanz eines ihrer Schützlinge in der Faust.
    Billys Atem ging stoßweise. Er wusste nicht, was er tun sollte. Sein Vater hing bewusstlos über dem Lenkrad. Seine Mutter schien nicht mehr zu atmen, aber ihre Augen starrten noch immer zur Decke. Keiner der beiden bewegte sich. Sarah schluchzte tonlos an seiner Brust. Die Kreaturen, die um den Wagen standen, schienen nicht in der Lage, die Scheiben einzuschlagen und sie zu erreichen, aber sie dachten nicht daran aufzugeben. Mrs. Lynch fletschte die Zähne.
    Starr vor Angst schloss Billy fest die Augen. Aber er hörte immer noch die Schläge auf das Auto. Es war, als säße er im Innern einer riesigen Trommel.

38
     
    Julie war im Schlafzimmer und bereitete sich darauf vor, ins Bett zu gehen. Harris absolvierte im Bad seine abendliche Routine. Das war der Schlüssel: Routine. Gewohnheiten und Zeitpläne halfen, eingesperrt in den Mauern Edens, in einer toten Welt nicht wahnsinnig zu werden.
    Er säuberte sein Gebiss mit Zahnseide, zog den dünnen Faden durch jede Lücke zwischen den Zähnen, und überprüfte das Ergebnis im Spiegel. Danach spülte er den Mund mit Listerine. Mit der Originalformel, die im Mund brannte. Das zeigte ihm, dass es funktionierte, dass tatsächlich etwas geschah.
    Er gurgelte, spuckte in einen Eimer aus. Drückte Zahnpasta auf eine Bürste, während er das Listerine noch an den Zähnen spürte, und begann zu putzen. Erst die oberen Zähne, dann die unteren. Hinten im Mund, die Rückseite der Vorderzähne, dann der unteren. Spuckte wieder aus. Mit einer Kaffeetasse holte er Wasser aus einem zweiten Eimer, wusch sich den Mund aus und spuckte. Den Spuckeimer stellte er in die Dusche, die sie nicht mehr benutzten. Er würde ihn am nächsten Morgen auskippen, so wie jeden Morgen.
    Es ist wichtig, sich um sein Gebiss zu kümmern , dachte Harris. Seit seiner Ankunft hier hatten schon mehrere Einwohner unter Infektionen durch schlechte Zähne leiden müssen. Einer war sogar daran gestorben. Die anderen hatten sie zu mehreren festhalten müssen, während Bobby Evers – der keine Ausbildung zum Zahnarzt hatte – mit der Zange zu Werk ging.
    Harris ließ die Unterhose runter und pinkelte einen schwachen Strahl in einen dritten Eimer. Er verspürte keinen Drang, aber er wollte auch nicht mitten in der Nacht aufstehen müssen, um seine Blase zu leeren. Er schüttelte ab, zog die Shorts wieder hoch und betrachtete sich im Spiegel. Sein Bart wirkte nicht mehr zerzaust und ungebändigt, ›wie bei einem Waldmenschen‹, wie Julie es auszudrücken pflegte. Seit es mit dieser Sache losgegangen war, hatte er sich nicht mehr rasiert, und das war jetzt … schon ziemlich lange her.
    Mancher in Eden war besessen von der Zeit. Sie wollten unbedingt daran festhalten. Es gab Leute, die sich ernsthaft darüber stritten, welcher Wochentag es war. Harris kümmerte sich nicht darum. Er wechselte nur jeden Morgen und dem Wechsel der Jahreszeiten entsprechend die Kleidung.
    Er schaltete das Licht im Badezimmer aus. Dann trat er ins Schlafzimmer. Julie hatte die Federkissen aufgeschüttelt und die Jalousien geschlossen, damit kein Licht von der Straße hereinfiel. Draußen waren noch Leute wach.
    Der Sommer war vorbei, und es bestand kein Bedarf mehr für die Klimaanlage am Fenster, deren Brummen Harris in den Schlaf lullte, also nahm er seine Ohrstöpsel, rollte sie zusammen, erst den einen, dann den anderen, und setzte sie ein.
    Julie hörte er auch danach noch.
    Er schloss die Schlafzimmertür, nahm das Schulterholster ab und legte die beiden 9mm-Pistolen auf den Stuhl am Fußende des Bettes.
    Julie vergewisserte sich, dass die Moosberg geladen war, deren Bedienung er ihr beigebracht hatte, und reichte ihm die Flinte, Mündung und Bajonett sicher zur Wand gedreht. Er bedankte sich und stellte die Waffe an seiner Seite neben das Bett. Julie tat auf ihrer Seite dasselbe mit dem Sturmgewehr.
    Harris zog das T-Shirt aus und legte es in den Wäschekorb. Dann schaltete er das Licht aus und stieg ins Bett. Er beugte sich hinüber zum Nachttisch und schaltete den Alarm des Radioweckers ein, bevor er sich auf den Rücken drehte.
    Julie wälzte sich herum, legte den Kopf auf seine Schulter und einen Arm über seine Brust. Harris strich ihr Haar

Weitere Kostenlose Bücher