Eden
beiseite, weil es an seiner Nase kitzelte, und legte den Arm um ihre Schultern.
So lag er da und starrte in die Dunkelheit.
Mister Vittles tauchte aus den Schatten auf und machte es sich zu ihren Füßen auf dem Bett bequem.
Julie sagte etwas, aber wegen der Ohrstöpsel verstand er es nicht.
»Was hast du gesagt, Süße?« Er zog den Stöpsel aus dem rechten Ohr, dem auf ihrer Seite.
»Gute Nacht, Harris«, wiederholte sie.
»Gute Nacht.«
Ob er ihr sagen sollte, dass er sie liebte?
Sie sagte es, bevor er Gelegenheit dazu bekam.
Er antwortete, dass er sie auch liebte, und sie rückte ein wenig näher. Entspannte sich. Lag still.
Harris fühlte ihren Atem. Spürte, wie sich ihre Brust neben seinem Leib hob und senkte.
Nach etwa zehn Minuten war er ziemlich sicher, dass sie schlief. So wie er als Kind gewusst hatte, wann James neben ihm im Bett eingeschlafen war.
Harris konnte nicht einschlafen. Er bewegte den großen Zeh, und Mister Vittles schlug mit einer Pfote danach.
Die Nächte waren besonders schlimm. All die Toten, all die Erinnerungen, stürmten auf ihn ein. Seltsam, Harris dachte nicht allzu viel an Raquel, an seinen Bruder James, oder an Daffy, an die Familie, von der er nicht mit Sicherheit wusste, dass sie für immer verloren war. Stattdessen beschäftigten ihn immer noch dieselben Geister wie vor der Katastrophe.
Sein Onkel Pete, ein bulliger Ukrainer. Harris erinnerte sich an die Weihnachtsessen in Tante Ednas Wohnung auf der Jackson Avenue in Brooklyn. Onkel Pete nuschelte, wann immer er etwas sagte, und Harris war in dem Glauben aufgewachsen, sein Onkel hätte einen Sprachfehler. Es hatte eine ganze Zeit gedauert, bis er begriff, dass der Alkoholkonsum an den Festtagen schuld an der undeutlichen Aussprache des Mannes war. Onkel Pete starb an einem Herzschlag, als Harris im siebten Schuljahr war.
Er war der Erste, der ihm nahestand, dessen Tod er bewusst miterlebte.
Als Nächstes starb Max, der Hund der Familie. Seine Eltern hatten Max aus dem Tierheim geholt, als Harris fünf war, und der Hund war ein festes Mitglied der Familie gewesen, während er aufwuchs. Eines Tages, Harris war im ersten Highschooljahr von seinem Nachmittagsjob heimgekommen, hatte sein Vater Max im Arm gehalten, um ihn zum Tierarzt zu bringen. Die alten Beine hatten ein letztes Mal unter ihm nachgegeben.
Max hatte Harris die Hand geleckt, bevor seine Eltern in den Wagen stiegen. Seine Mutter hatte Harris gebeten, sich um James zu kümmern. Sie hatten seinen Hund einschläfern lassen.
Danach hatte es noch andere gegeben, viele andere. Tanten, Onkel, eine Großmutter, entfernte Vettern und Nichten, die er nur ein- oder zweimal gesehen hatte, und das zu jung, um sich an sie zu erinnern. Als er in die Dreißiger kam, starben Leute seines Alters, Kumpel aus Studienzeiten, Arbeitskollegen und Highschoolfreunde an Herzinfarkten, an Krebs, bei Autounfällen. Einer an AIDS, eine andere beging Selbstmord.
Max’ Tod machte ihm schwerer zu schaffen als irgendeiner der anderen. Für Harris, seinen Bruder James und die ganze Familie war Max mehr gewesen als ein Hund. Max war sozusagen der dritte Sohn gewesen, ein zusätzlicher Bruder. Ein kleiner haariger Bruder, der manchmal zu laut war. Es gab Menschen, die nie verstehen würden, wie man so an einem Tier hängen konnte.
Max war dabei gewesen, wenn James und er im Wohnzimmer aus Wolldecken ein Fort gebaut hatten. Wenn sie einander in improvisierten Schlachten mit Schwertern aus den Papprohren in Geschenkpapierrollen gegenseitig verdroschen. Wenn er Mädchen in sein Zimmer geschmuggelt hatte, während die Eltern ausgegangen waren, hatte Max ihm einen schrägen Blick zugeworfen. Max war ein fester Bestandteil seines Daseins gewesen, ein wichtiger Pfeiler seines Gefühlslebens. Tanten, Onkel, selbst seine Großeltern waren nie ständig dagewesen, und als sie starben, hatte Harris es nicht so mitgenommen wie an dem Tag, als der Terrier nicht vom Tierarzt zurückkam.
Er hatte auch später Haustiere besessen. Andere Hunde. Daffy. Hier hatte er Mister Vittles. Sie waren alle auf ihre Weise in Ordnung, aber Max hatte etwas in ihm zurückgelassen, etwas Unerklärliches, Unauslöschliches, das ihn bis heute nicht losließ. Vielleicht war es die bedingungslose Liebe des kleinen Kerls gewesen. Das Wedeln seines kurzen Stummelschwanzes. Vielleicht lag es daran, dass er Harris seit frühester Kindheit als sein ständiger Begleiter Gesellschaft geleistet hatte. Vermutlich war es eine
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