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Eden

Titel: Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tony Mochinski
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hatten in der Nähe gewohnt, und Raquel hatte mit dem Bus zur Haltestelle und von dort aus in die Firma fahren können. Später war Harris nach der Arbeit nach Queens gefahren und hatte dort geparkt, dann war er an den irischen Bäckereien und Pubs, am koreanischen Tante-Emma-Laden und dem Zeitungskiosk mit dem arabischen Verkäufer vorbeispaziert.
    »Was ist mit Daffy?«, fragte Raquel.
    »Ich fahr erst nach Hause und lass sie raus. Müssen wir am Sonntag immer noch zu deiner Mutter?«
    »Ja, zu der Party.« Raquels zweiter Bruder, das schwarze Schaf der Familie, heiratete demnächst zum dritten Mal. Die beiden ersten Ehen waren geschieden worden, trotz zweier Kinder, weil Chad eine ganz besondere Nummer war. Ein echter Kotzbrocken, um genau zu sein, auch wenn Harris das niemals in Gegenwart seiner Frau sagte. Er überließ es ihr, das auszusprechen, wenn sie wütend genug war. Er begnügte sich damit, ihr nicht zu widersprechen.
    Vielleicht konnte er es am Sonntag ja einrichten, dass er Raquel nur absetzte und ein paar Stunden seinen Bruder besuchte. Mal wieder seine Nichte und seinen Neffen sah. Dann könnte er Raquel wieder abholen und mit ihr nach Hause fahren. Er schlug es ihr vor.
    »Klingt gut.« Raquel hörte sich erfreut an. Sie waren jetzt seit zehn Jahren verheiratet und genossen die gemeinsame Zeit immer noch. Was mehr war, als man über viele ihrer Bekannten sagen konnte, bei denen man den Eindruck hatte, dass sie es gar nicht abwarten konnten, den jeweiligen Partner für eine Tour durch die Lokale mit ihren Freunden zu verlassen. »Danke fürs Bringen, Schatz.«
    Harris hielt den Lexus vor der U-Bahn-Station Metro North an.
    Raquel schnappte sich den Aktenkoffer und die Sporttasche mit den Pumps. Noch trug sie Turnschuhe. Sie würde sie wie üblich erst im Büro wechseln.
    »Ich liebe dich, Schatz.« Sie beugte sich herüber und gab ihm einen Kuss auf die Wange. »Bis heute Abend.«
    »Moment, davon möchte ich Nachschlag«, sagte Harris und winkte mit zwei Fingern. Sie beugte sich noch einmal für einen längeren, intensiveren Kuss auf seine Seite.
    »Du bist ein Tier.« Hastig überprüfte sie ihren Lippenstift im Spiegel, dann klappte sie die Sonnenblende wieder hoch.
    »Ich bin eine Sexbestie, Baby«, erklärte er in seiner besten Austin-Powers-Stimme. »Ich liebe dich.«
    »Sechs Uhr, Woodside?«
    »Pünktlich.«
    Sie warf ihm einen Kuss zu und schloss die Tür. Harris versuchte zu ignorieren, was sich in seiner Hose regte. Nach all den Ehejahren und den ganzen Rendezvous davor schaffte sie es immer noch, ihn in Fahrt zu bringen. Natürlich trieben sie es nicht mehr so oft wie am Anfang, aber wer tat das schon? Harris kannte andere Männer seines Alters, die Testosteronspitzen, Viagra oder eine Geliebte brauchten, um noch in Fahrt zu kommen. Er nicht.
    Er schaute Raquel nach, bis sie verschwunden war, dann legte er einen Gang ein und steuerte den Wagen zurück auf die Straße Richtung Route 35 und zur Arbeit.
    Freitag. Er klopfte mit den Fingern aufs Lenkrad und drehte das Radio lauter. Es stand auf 1010 WINS, ›Die Welt in zweiundzwanzig Minuten‹, aber auf dem Weg zur U-Bahn war es leise gestellt, damit sie sich unterhalten konnten. Er hoffte auf den Wetterbericht und den Verkehrshinweis – waren die Straßenarbeiten auf der Whitestone endlich beendet? -, aber stattdessen hörte er: »Ärzte und Behörden sind sich noch nicht sicher, was es mit der Erkrankung einiger Bürger der Stadt auf sich hat, versichern aber, dass es keinen Anlass zur Beunruhigung gibt.« Das interessierte ihn nun wirklich nicht. Er hatte das ganze Theater und die sinnlose Bangemacherei wegen der Vogelgrippe, dem Westnil-Virus, Pamela Andersons Hepatitis oder was auch immer diesen Monat dran war, gehörig satt. Er schaltete auf Satellitenradio und Howard Stern.
    Howard interviewte irgendeinen Pornostar, redete über Doppelanalverkehr und fragte sie, ob sie als Kind missbraucht worden war.
    Das war auch ein Zugeständnis an Raquel. Er könnte sich den respektlosen Moderator endlos anhören. Bei ihr gab es Grenzen, sie mochte Stern nicht besonders. Vielleicht lag es an den Lesben, den getürkten Anrufen oder dem wirklich nervigen Eric the Midget. Harris hörte die Sendung auf dem Weg zur Schule, aber wenn er ankam und ausstieg, konzentrierte er sich ganz auf seine Arbeit.

17
     
    William Richardson war stolz darauf, ein Familienmensch zu sein, und er tat sein Bestes, die Familie beisammenzuhalten.
    Sie hatten es alle

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