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Eden Inc.

Eden Inc.

Titel: Eden Inc. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Child
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Silver ruhig.
    Und dann verstand Lash - mit plötzlicher, schrecklicher Klarheit.
    Er verstand, warum Silver sich nach seiner anfänglich heftigen Gegenwehr, Lizas Speicher zu löschen, Taras Plan gefügt hatte. Er verstand den wahren Grund, weshalb Silver Zeit damit vergeudet hatte, den Hauptspeicher auf den Lochstreifen zu überspielen. Und er glaubte auch zu wissen, warum Silver zurückgeblieben war. Er hatte es nicht getan, um Zeit für sie zu schinden, damit sie alle sicher da oben wegkamen. Zumindest war dies nicht sein einziger Grund gewesen ... Ich bin gleich so weit.
    Silver hatte damit nicht sagen wollen, dass er fast am Ausgang war. Er hatte gemeint, dass er es gleich schaffen würde, Lizas Urgedächtnis neu zu laden. Damit sie ihren schrecklichen Plan weiterverfolgen konnte.
    Lash hielt sich an der Leiter fest. »Ich geh ihn holen.«
    Mauchly hielt ihn fest. »Dr. Lash .«
    Lash schüttelte Mauchlys Hand ab und kletterte wieder nach oben. Im gleichen Moment ertönte das Knirschen sich drehenden Metalls. Über ihnen schlossen sich langsam wieder die Sicherungsplatten.
    Lash machte noch einen Schritt nach oben. Dann spürte er, wie Mauchly ihn packte. Nun kamen auch Sheldrake und Dorfman heran, um ihn zu hindern, noch weiter hinaufzusteigen. Lash fuhr herum und riss Mauchly das Telefon aus der Hand.
    »Richard!«, schrie er. »Hören Sie mich?«
    »Ja«, sagte Silver. Seine Stimme klang inmitten des gespenstischen Heulens schwach und entstellt. »Ich höre Sie.«
    »Richard!«
    »Ich bin noch hier.«
    »Warum tun Sie das?«
    Quietschende Störgeräusche. Dann wurde Silvers Stimme wieder vernehmbar. »Tut mir Leid, Christopher. Aber Sie haben es selbst gesagt: Liza ist ein Kind. Und ich kann ein Kind nicht allein sterben lassen.«
    »Warten Sie!«, schrie Lash ins Telefon hinein. »Warten Sie, warten ...!«
    Die Sicherungsplatten schlossen sich mit einem monströsen Krachen. Das Telefon erstarb in einem Inferno von Störgeräuschen. Und Lash schloss die Augen und sackte nach hinten, gegen die Leiter.

 
63
    Es ist drei Uhr in der Früh, doch das Schlafzimmer ist in gnadenloses Licht getaucht. Die beiden Fenster gegenüber vom Dach des Pool-Hauses sind gänzlich schwarze Rechtecke. Das Licht wirkt so hell, dass der gesamte Raum auf die strenge Geometrie rechter Winkel reduziert ist: das Bett, der Nachttisch, die Frisierkommode ... Nur ist es diesmal nicht das Schlafzimmer eines Opfers. Es ist ein vertrautes Zimmer. Es gehört Lash.
    Nun geht er im Zimmer umher und schaltet alle Lampen aus. Das helle Licht verblasst, die Konturen des Raums werden weicher.
    Langsam nimmt die nächtliche Landschaft hinter den Fenstern Form an, blau, unter dem Vollmond. Ein gepflegter Garten, ein Schwimmbecken, dessen Oberfläche schwach schimmert. Dahinter: eine hohe Ligusterhecke. Einen Augenblick lang fürchtet er, dass in der Hecke Gestalten stehen - drei Frauen, drei Männer, nun alle tot -, doch es ist nur eine Täuschung, die der Mondschein erzeugt, und er dreht sich um.
    Hinter dem Bett ist die Tür zum Bad einen Spalt offen. Er schlendert auf sie zu. Im Bad steht eine Frau vor dem Spiegel und kämmt wie in Zeitlupe ihr Haar. Sie dreht ihm zwar den Rücken zu, doch die Stellung ihrer Schultern und der Schwung ihrer Hüften machen sie sofort erkennbar. Als die Bürste durch ihr Haar gleitet, ist das leise Knistern von Elektrizität zu vernehmen.
    Er schaut in den Spiegel, und die Reflexion seiner Ex-Frau erwidert seinen Blick.
    »Was machst du hier, Shirley?«
    »Ich will nur ein paar Sachen mitnehmen. Ich verreise.«
    »Du verreist?«
    »Natürlich.« Sie spricht mit der Autorität der Träume. »Schau auf die Uhr. Es ist nach Mitternacht. Ein neuer Tag.«
    Das Geräusch der Bürste verwandelt sich nun in etwas anderes: etwas Langsames, Rhythmisches, wie das regelmäßige Pulsieren der Störgeräusche von einem Funkgerät. »Wohin fährst du?«
    »Rate mal.« Da dreht sie sich um und schaut ihn an. Nur hat sie jetzt das Gesicht von Diana Minen. »Jeder Tag ist eine Reise.«
    »Jeder Tag ist eine Reise«, wiederholt er.
    Sie nickt. »Unddie Reise an sich ist das Ziel.«
    Als er sie anschaut, begreift er, dass etwas nicht stimmt. Diese Stimme ist nicht Dianas Stimme. Sie ist auch nicht mehr die Stimme seiner Ex-Frau. Mit einem Schreck, der ihn bis ins Mark erschüttert, begreift er, dass die Stimme Liza gehört. Liza spricht durch Dianas Mund.
    »Silver!«, schreit er.
    »Ja, Christopher, ich kann Sie hören.« Die

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