Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eden

Eden

Titel: Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
Vom Netzwerk:
dünner. Aus der Tiefe dieses sich immerfort in alle Richtungen bewegenden Waldes aus leuchtenden Körpern drang ein hastiges Schmatzen, das urplötzlich verstummte, worauf ein paar glucksende Laute folgten. Diese Lautserie wiederholte sich. Der bittere Geruch war schwer zu ertragen. Sie mussten alle niesen. Tränen flössen ihnen aus den Augen. Mit Taschentüchern vor dem Gesicht entfernten sie sich ein wenig von dem Vorhang, der von innen wie ein Wasserfall aus einer schwarzen sirupartigen Flüssigkeit aussah. »So, da wären wir endlich zu Hause! Eine Fabrik, eine automatische Fabrik!« rief der Ingenieur zwischen zwei Niesanfällen. Nach und nach, als sie sich an den bitteren Geruch gewöhnt hatten, vergingen die Niesanfälle, und sie sahen einander mit tränenden, zusammengekniffenen Augen an.
    Nach einem Dutzend Schritten auf dem elastischen, wie gespannter Gummi nachgebenden Untergrund tauchten schwarze Brunnen vor ihnen auf. Leuchtende Gegenstände sprangen darin hoch, aber so schnell, dass man ihre Form nicht erkennen konnte. Sie hatten die Größe eines menschlichen Kopfes und schienen zu glühen. Sie flogen in die Höhe, wo eine der Säulen, die sich pfeifenartig über die Brunnen bog, sie einsog, ohne mit dem Rotieren aufzuhören. Die Gegenstände verschwanden nicht gleich, ihr rosa Schein leuchtete noch durch die zitternden Wände der Säule wie durch dunkles Glas, schwächer und schwächer werdend. Man konnte sehen, wie sie im Innern weiterwanderten. »Serienproduktion vom Band«, brummte der Ingenieur in sein Taschentuch.
    Vorsichtig ging er um die Brunnen herum. Woher mochte das Licht kommen? Die Decke war halb durchsichtig, der graue, eintönige Schimmer verlor sich im Meer der biegsamen, schrumpfenden, rotiertenden, wie Bäche in der Luft dahingleitenden Körper. Alle diese federnden Gebilde schienen nach einem Kommando zu handeln, in einem einheitlichen Tempo. Die Fontänen der glühenden Gegenstände spritzten hoch, das gleiche spielte sich in großer Höhe ab. Unter der Decke zeichneten die roten Perlen der fliegenden Quader ebenfalls Bögen in die Luft, allerdings waren die Quader da oben weit größer.
    »Wir müssen ein Lager mit fertiger Produktion finden oder wenigstens mit dem, was hier das Endprodukt ist«, meinte der Ingenieur. Der Koordinator berührte seinen Arm. »Welche Art von Energie ist das, was meinst du?« Der Ingenieur zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung.« »Ich befürchte, dass wir vor einem Jahr das Endprodukt nicht finden. Diese Halle ist kilometerlang«, gab der Physiker zu bedenken. Merkwürdig, je tiefer sie in der Halle vordrangen, um so leichter fiel ihnen das Atmen, als ströme nur der »Vorhang« den bitteren Geruch aus. »Ob wir uns hier nicht verlaufen?« Der Kybernetiker hob besorgt den Kopf.
    Der Koordinator schaute auf den Kompaß. »Nein. Er zeigt gut an … Eisen wird es wohl hier nicht geben, Elektromagneten ebenfalls nicht.«
    Länger als eine Stunde wanderten sie durch den zitternden Wald der wundersamen Fabrik, bis es rings um sie etwas freier wurde. Ein frischer Lufthauch war zu spüren, als ob die Luft gekühlt wäre. Die mal hierhin, mal dahin laufenden Walzen wichen zurück. Unvermittelt standen sie vor einer gewaltigen, kuppelförmig aufgestockten Spirale. Von oben ragten S-förmig gebogene Abzweigungen herab, flatternd wie Peitschenschnüre. Sie endeten in stumpfen, abgerundeten Verdickungen, aus denen ein Hagelschlag von Objekten prasselte. Die schwarzen Gegenstände schienen mit einem leuchtenden Lack überzogen zu sein und stürzten in die Spirale, an einer Stelle jedoch, die sie nicht sehen konnten, weil sie sich einige Meter über ihren Köpfen befand. Auf einmal weitete sich die linsenförmig gewölbte graue Wand der Spirale ihnen gegenüber, innen zerrte etwas, und sie schwoll an. Sie traten unwillkürlich zurück, die sich aufblähende, schmutziggraue Blase sah gefährlich aus. Lautlos barst sie, und aus der runden Öffnung ergoß sich ein Strom schwarzer Körper. In demselben Augenblick tauchte weiter unten aus einem breiten Brunnen ein Trog mit gewölbtem Rand auf, und die Gegenstände purzelten trommelnd hinein, als ob sie auf ein dickes Gummikissen schlügen. Der Trog hüpfte dabei auf erstaunliche Weise hoch, wurde geschüttelt und gerüttelt, so dass sich die schwarzen Gegenstände schon nach wenigen Sekunden auf seinem flachen Boden zu einem gleichmäßigen Karree ordneten. »Die Fertigprodukte!« Der Ingenieur lief an den Rand,

Weitere Kostenlose Bücher