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Eden

Eden

Titel: Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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rissen sie vorn den kammartigen Rahmen ab und begannen damit im Takt, wie mit einem Rammbock, gegen die Decke zu schlagen. Sie verbog sich, verbeulte sich, gab aber nicht nach. »Ich habe das satt«, knurrte der Doktor ärgerlich und stemmte sich langsam hoch. In diesem Augenblick krachte unten etwas, und alle purzelten wie reife Birnen durch den Boden heraus. Sie rollten über den fünf Meter hohen Hang auf die Sohle der Schlucht. »Ist jemandem was passiert?« fragte der Koordinator, der mit Lehm beschmiert war und als erster auf die Beine sprang. »Nein, aber du bist ja ganz blutig! Laß dich anschauen!« rief der Doktor. Der Koordinator hatte in der Tat auf dem Kopf einen tiefen Hautriß. Die Wunde reichte bis zur Mitte der Stirn. Der Doktor verband ihn, so gut er konnte. Die anderen hatten nur blaue Flecken davongetragen. Der Chemiker spuckte Blut - er hatte sich auf die Lippe gebissen. Sie setzen sich in Richtung der Rakete in Marsch. Nach dem zertrümmerten Fahrzeug blickten sie sich nicht einmal mehr um.

Fünftes Kapitel
    Als sie zu dem kleinen Hügel gelangten, berührte die Sonne den Horizont. Die Rakete warf einen langen Schatten, der verlor sich weit im Sand der Ebene. Bevor sie hineingingen, untersuchten sie gewissenhaft die Umgebung, fanden aber keine Spuren, die erkennen ließen, dass jemand in ihrer Abwesenheit dagewesen war. Die Atomsäule arbeitete ohne Störungen. Der Halbautomat hatte inzwischen die Seitengänge und die Bibliothek gesäubert, war dann aber im Labor rettungslos in einer dicken Schicht von Plastik-und Glasscherben steckengeblieben.
    Nach dem Abendessen musste der Doktor dem Koordinator die Wunde nähen, weil sie noch immer blutete. Unterdessen analysierte der Chemiker das Wasser, das sie dem Bach entnommen hatten, und stellte fest, dass es zum Trinken taugte, obwohl es stark mit Eisensalzen angereichert war, was den Geschmack beeinträchtigte. »Wir müssen jetzt endlich beraten«, erklärte der Koordinator. Sie nahmen in der Bibliothek auf Luftkissen Platz, der Koordinator mit dem weißbandagierten Kopf in der Mitte. »Was wissen wir?« begann er. »Wir wissen, dass der Planet von vernunftbegabten Wesen bewohnt ist, die der Ingenieur als Doppelts bezeichnet. Der Name entspricht zwar nicht ganz den Tatsachen, aber das soll uns jetzt nicht kümmern. Wir sind mit folgenden Fragmenten der Doppeltzivilisation in Berührung gekommen: Mit einer automatischen Fabrik, von der wir glauben, dass sie verlassen wurde und außer Kontrolle geriet — ich bin übrigens dessen jetzt gar nicht mehr so sicher -, zweitens mit den Spiegelkuppeln auf den Hügeln, deren Bestimmung uns unbekannt ist, drittens mit Masten, die etwas auszustrahlen scheinen, höchstwahrscheinlich eine Art Energie, viertens mit diesen Vehikeln, wobei wir eines nach einem Angriff auf uns eroberten. Wir meisterten es und erlitten dann Schiffbruch. Fünftens, wir sahen von fern ihre Stadt, über die wir nichts Genaues sagen können. Sechstens, der Angriff, den ich erwähnt habe, hat sich folgendermaßen abgespielt: Der Doppelt hetzte offenbar ein Tier auf uns, das wahrscheinlich darauf abgerichtet war. Dieses Tier strahlte eine Art Kugelblitz aus und steuerte ihn so lange, bis wir es töteten. Siebentens und letztens waren wir Zeugen, wie ein Graben zugeschüttet wurde -ein Grab, das voll von toten Einwohnern des Planeten war. Das ist alles. Berichtigt mich bitte oder vervollständigt meine Angaben, falls ich etwas ausgelassen oder mich geirrt haben sollte.« »Im Grunde wäre das alles, beinahe alles …«, sagte der Doktor. »Abgesehen davon, was vorgestern auf dem Raumschiff geschah …« »Stimmt. Du hattest übrigens recht, dieses Geschöpf war nackt. Vielleicht versuchte es, sich irgendwo zu verstecken, und kroch in seiner Panik in die erste beste Öffnung. Das war ausgerechnet der Tunnel, der in unsere Rakete führt.«
    »Diese Hypothese ist ebenso verlockend wie riskant«, erwiderte der Doktor. »Wir sind Menschen, wir assoziieren und überlegen auf irdische Weise und können deshalb schwere Fehler begehen, wenn wir fremden Schein für unsere Wahrheit gelten lassen, das heißt, wenn wir gewisse Fakten in Schemata pressen, die wir von der Erde mitgebracht haben. Ich bin mir völlig sicher, dass wir heute früh alle dasselbe gedacht haben, nämlich, dass wir auf ein Grab mit Opfern von Gewalttätigkeit gestoßen seien, ein Grab mit ermordeten Opfern, aber in Wirklichkeit weiß ich nicht, wissen wir nicht …«
    »Du

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