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Edgar Allan Poe - Das gesamte Werk

Edgar Allan Poe - Das gesamte Werk

Titel: Edgar Allan Poe - Das gesamte Werk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Allan Poe
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ein oder zwei Leute, und die waren mit irgendeiner Arbeit am Vorderkastell beschäftigt. Kapitän Barnard hatte, wie wir wußten, bei Lloyd und Vredenburgh zu tun und würde bis in den späten Abend hinein dort verweilen, so daß wir in der Beziehung wenig zu fürchten hatten. Augustus erkletterte das Schiff zuerst, ich folgte nach, ohne daß die arbeitenden Matrosen unser ansichtig wurden. Wir begaben uns nach der Kajüte und fanden sie leer. Sie war aufs bequemste ausgestattet, wie man das bei Walfängern selten findet. Es gab vier schöne Staatskabinen, mit breiten und bequemen Kojen. Ferner bemerkte ich einen großen Ofen, und den Boden bedeckte ein kostbarer dicker Teppich. Die Höhe betrug volle sieben Fuß, kurz, alles war viel geräumiger und angenehmer, als ich es mir gedacht hatte. Doch Augustus ließ mir nicht viel Zeit zur Umschau; er bestand darauf, daß ich mich eilends verbergen müsse. Er führte mich in seine eigene Kabine, die auf der Steuerbordseite und nahe an der Schott lag. Sobald wir drinnen waren, schloß er die Tür und schob den Riegel vor. Ich glaubte, noch nie ein so schmuckes Zimmerchen gesehen zu haben. Es war zehn Fuß lang und besaß nur eine Koje, aber diese war, wie gesagt, bequem und geräumig. Dicht an der Scheidewand war ein Raum, vier Fuß im Geviert, mit einem Tisch, einem Stuhl und einem hängenden Büchergestell, das zumeist See- und Reiseliteratur enthielt. Das Zimmer hatte noch andere Annehmlichkeiten aufzuweisen; am wenigsten möchte ich eine Art Eisschrank vergessen, in dem mir Augustus allerhand gute Sachen zum Essen und Trinken zeigte.
    Jetzt drückte er auf einen bestimmten Punkt des Teppichs innerhalb des eben geschilderten Raumes, indem er mich wissen ließ, daß ein Teil des Fußbodens, etwa sechzehn Quadratzoll, sauber herausgeschnitten und wieder eingefügt worden war. Auf seinen Druck erhob sich dieser Teil und ließ einen seiner Finger durch die Spalte. So hob er allmählich die Falltür, die am Teppich befestigt war, in die Höhe, und ich sah, daß sie in den achtern Kielraum führte. Nun entzündete er eine kleine Kerze mit einem Phosphorstreichholz, setzte das Licht in eine Blendlaterne und stieg in die Öffnung hinab, wobei er mich aufforderte, ihm zu folgen. Ich tat es; er verschloß die Falltür von unten durch einen Nagel, während der Teppich oben seine gewöhnliche Lage wieder einnahm und die Luke den Blicken entzogen wurde.
    Die Kerze leuchtete so schwach, daß ich nur mit der größten Mühe den Weg durch die wirre Masse von Gerümpel, in der ich mich befand, einhalten konnte. Jedoch nach und nach wurden meine Augen mit dem Dunkel vertraut, und ich kam mit geringer Mühe vorwärts, indem ich mich an die Rockschöße meines Freundes klammerte. Er brachte mich endlich; nachdem wir unzähligen engen Durchgängen gefolgt waren, vor einen mit Eisen beschlagenen Koffer von der Art, wie man sie wohl benutzt, um Porzellan zu verwahren. Er war bald vier Fuß hoch und über sechs Fuß lang, jedoch äußerst schmal. Zwei große leere Ölfässer waren auf ihn gerollt, und darüber lagen Strohmatten bis zur Decke emporgetürmt. Ringsherum keilte sich ein Chaos jeder Gattung von Schiffsgerät ineinander, dazu eine bunte Menge von Körben, Fässern, Ballen, so daß es mir wie ein Wunder erschien, daß wir überhaupt zu diesem Koffer durchgedrungen waren. Später entdeckte ich, daß Augustus die Gegenstände absichtlich so verstaut hatte, damit ich vollständig im Verborgenen bleiben könnte; bei seiner Arbeit hatte ihn nur ein einziger Mann unterstützt, und dieser sollte nicht an der Seereise teilnehmen.
    Mein Begleiter zeigte mir jetzt, daß eine Querseite des Koffers sich nach Wunsch entfernen lasse. Er schob sie weg und enthüllte das Innere, dessen Anblick mir nicht wenig Spaß machte. Den Boden bedeckte eine Matratze, die aus einer der Kojen in der Kajüte stammte. Was nur irgend an nützlichen Gegenständen in einen so engen Raum zu pferchen ging, war darin enthalten, und zugleich vermochte ich noch darin zu sitzen oder ausgestreckt zu liegen. Unter anderen Dingen fanden sich einige Bücher, drei Bettdecken, ein großer Krug voll Wasser, eine Tonne Schiffszwieback, drei oder vier riesige Bologneser Würste, ein gewaltiger Schinken, eine kalte Hammelkeule und ein halbes Dutzend Flaschen mit stärkenden Getränken. Ich ergriff sofort Besitz von meiner kleinen Wohnung, gewiß mit einem Gefühl tieferer Befriedigung, als ein Monarch beim Einzug in einen neuen

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