Edgar Wallace - Der grüne Bogenschütze
daran teilnahm.«
»Aber, lieber Vater, ich wußte niemals, daß du dich für Bogenschießen interessiertest« sagte Valerie erstaunt.
»Es interessiert mich auch jetzt nicht mehr« antwortete Mr. Howett und suchte der Unterhaltung eine andere Wendung zu geben.
Julius horchte aufgeregt zu, aber das Gespräch wandte sich anderen Dingen zu.
»Mr. Wood sieht doch sehr gut aus« sagte Valerie, als sie Spike nachsah, der zu seinem Tisch zurückging. »Ich kann mich nicht besinnen, jemals ein so faszinierendes Gesicht gesehen zu haben.«
»Es tut mir leid, das zu hören« sagte Jim.
»Für wie alt halten Sie ihn?« fragte sie, ohne auf seine Bemerkung zu achten.
»Das ist schwer zu sagen. Er kann achtunddreißig sein, er kann aber auch ebensogut achtundzwanzig sein. Offenbar ist sein Haar vor der Zeit grau geworden.«
»Erzählen Sie mir mehr von ihm« bat sie.
Kein Mann rühmt einer geliebten Frau gegenüber gern die Vorzüge eines anderen, aber Jim sprach mit bewunderungswürdiger Selbstüberwindung von John Wood und seiner auffallenden Vorliebe für kleine Kinder.
»Ich dachte, ich hätte Ihnen das alles schon früher berichtet« sagte er schließlich. »Sicher hat er ein bemerkenswertes Gesicht und ist ein hervorragender Mensch. Er hat kein anderes Interesse im Leben als sich um die Wohlfahrt der Kinder zu kümmern. Ich habe wohl niemals einen Mann getroffen, der sich mehr für seine Liebhaberei interessiert als er.«
»Er soll Bellamy nicht gern haben, kennt er ihn denn?«
»O ja, er kennt ihn sehr gut. Er war doch ein Freund von Bellamys Neffen, der ihm all sein Vermögen hinterließ, als er starb. Ich habe das Testament durchgesehen, es wurde in England aufgesetzt und ist in Somerset House registriert, und obgleich die Erbschaft keinen großen Wert besaß – sie bestand hauptsächlich aus Büchern und wissenschaftlichen Instrumenten – bestätigt doch die Tatsache, daß er ihn zum Universalerben einsetzte, seine Zuneigung zu ihm. Zufällig konnte Wood mir einige Hinweise geben, die wertvoll für die Auffindung Ihrer Eltern sein können, Valerie« setzte er mit leiser Stimme hinzu. Dann erzählte er ihr kurz die Geschichte von dem geraubten Kind und dem Eisenbahnunglück. »Zuerst dachte ich, es handelte sich um Sie, aber Sie hätten in diesem Fall schon drei Jahre alt sein müssen, während Sie doch offenbar kaum ein Jahr alt waren, als Sie zu den Howetts kamen.«
Sie nickte nachdenklich.
»Ich glaube, ich habe auch etwas von dem River Bend-Unglück gehört, aber ich kann es nicht gewesen sein, denn ich habe später die Kleider gesehen, die ich trug, als ich zu meinen Pflegeeltern kam.«
Jim war überrascht, daß Mr. Howett nach Lady’s Manor zurückkehren wollte. Er dachte, er hätte sich durch die schrecklichen Erfahrungen, die seine Pflegetochter dort gemacht hatte, warnen lassen und würde sie nun entweder in der Stadt lassen oder sie nach Amerika schicken – diese letzte Möglichkeit stimmte ihn allerdings sehr traurig.
Aber Mr. Howett fuhr schon am Nachmittag mit Valerie nach Lady’s Manor ab. Jim begleitete sie zum Wagen. Die Leichenschau für Coldharbour Smith war auf Mittwoch festgesetzt, und obgleich er Valerie gern die Zeugenaussage erspart hätte, waren doch gerade ihre Angaben dringend notwendig.
Er kehrte in die Vorhalle zurück, um Mantel und Hut zu holen, nachdem das Auto abgefahren war. Er traf dort auch Mr. Wood und Spike Holland, die leise miteinander sprachen. Er wollte sie in ihrer Unterhaltung nicht stören und ging mit einem Lächeln an ihnen vorüber.
Am Sonntag war Jims Besuch in Scotland Yard gewöhnlich eine Formsache. Aber infolge der neuen Entwicklungen im Falle des Grünen Bogenschützen wartete diesmal viel Arbeit auf ihn. Der wachthabende Beamte hielt ihn am Eingang an, als er vorüberging.
»Inspektor Fair von der Flußpolizei wartet in Ihrem Büro. Ich sagte ihm, daß Sie bald kommen würden. Er hat Ihnen sicher Wichtiges mitzuteilen. Ich habe deswegen auch schon an Ihre Wohnung telephoniert.«
Jim hatte diesen Besuch erwartet, aber er war erstaunt, daß der Mann ihn so dringend zu sprechen wünschte. Der Inspektor war ein wetterharter Mann, der mehr nach einem Seemann als nach einem Polizeibeamten aussah.
»Tut mir leid, daß ich Sie stören muß, Captain Featherstone. Aber Sie besinnen sich doch darauf, daß wir letzte Nacht einen Freund von Ihnen in dem Boot trafen, – es war doch Mr. Howett, wenn ich nicht irre?«
»Mr. Howett, jawohl.«
Inspektor
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