Edgar Wallace - Der grüne Bogenschütze
Fair nahm zwei Gegenstände von dem Boden auf; die hinter dem Klubsessel verborgen lagen und legte sie auf Jim Featherstones Schreibtisch. Der eine war ein kurzer, starker Stahlbogen, der andere ein dazugehöriger grüner Pfeil.
»Wo haben Sie dies gefunden?« fragte Jim überrascht.
»In Mr. Howetts Boot« antwortete Inspektor Fair.
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J im schaute lange auf die beiden belastenden Funde, ohne zu sprechen. Und dann versuchte er, eine Erklärung zu geben.
»Mr. Howett erzählte doch, daß er einen Mann nach dem Ufer rudern sah und ihn bat, ihm sein Boot zu überlassen.«
»War das nicht eine recht sonderbare Geschichte, die er da erzählte, Captain Featherstone?«
»Mir ist sie nicht besonders merkwürdig vorgekommen« sagte Jim ein wenig kühl. »Es scheint mir sehr wahrscheinlich, daß der Mann, der ursprünglich in dem Boot war, überrascht war, als er Mr. Howett auf der Landungsbrücke stehen sah, und daß er entweder vergaß, seine Waffe herauszunehmen oder daß er sie absichtlich dort zurückließ, um nicht die Aufmerksamkeit der Leute auf sich zu lenken.«
»Hm!« meinte Inspektor Fair. Aber man hörte seinen Worten an, daß er sich durch Jims Worte nicht überzeugen ließ. »Sie haben den Fall ja zu bearbeiten und ich möchte Ihnen dabei nicht in die Quere kommen, Captain. Aber wenn Sie meinen Rat annehmen wollten – und ich bin doch schon viel länger im Dienst tätig als Sie – so würden Sie Mr. Howett doch nicht ganz von dem Verdacht freisprechen, daß er den Tod von Coldharbour Smith auf dem Gewissen hat. Und unter uns gesagt, wäre es ja schließlich auch gerechtfertigt, wenn man daran denkt, daß dieser Schuft seine Tochter geraubt hat –«
»Mr. Howett sollte – nein, das ist ganz unmöglich!«
»Es mag unmöglich scheinen« erwiderte Inspektor Fair, der sich nicht im mindesten einschüchtern ließ. »Aber was wollen Sie nun tun? Werden Sie Mr. Howett zur Leichenschau laden? Das ist eine sehr wichtige Angelegenheit. Jeder, der unter solchen Umständen auf dem Fluß angetroffen wurde, hat sich verdächtig gemacht und müßte vorgeladen werden, um dem Leichenbeschauer zu sagen, was er gesehen und gehört hat.«
Jim war in einer schwierigen Lage. Es war unmöglich, Valeries Namen aus der Sache fernzuhalten, aber er wollte die Verbindung der Howetts mit der Geschichte möglichst beschränken. Wer mochte der Mann gewesen sein, den Valerie und Julius sahen, als er allein durch den Nebel ruderte? Den sie anriefen, ohne eine Antwort zu bekommen? War das Mr. Howett? Oder war das – der Mann, den er suchte? Er beschloß, Howett bei der nächsten Gelegenheit darüber auszufragen. Aber ebenso fest stand es bei ihm, daß es unter allen Umständen vermieden werden mußte, Mr. Howett zu der Leichenschau zu laden.
Es war ja auch noch der andere Mord des Bogenschützen aufzuklären, und das Publikum wurde schon ungeduldig, daß so viele Verbrechen ungesühnt blieben.
Als Jim Smiths Papiere durchsah, entdeckte er, daß er eine sehr große Summe, meist in amerikanischen Banknoten, bei sich trug. Von wem er das Geld erhalten hatte, konnte man nicht ausfindig machen.
Die Leichenschau mußte vom Standpunkt der Polizei aus sehr vorsichtig behandelt werden. Alle Zeitungen waren schon voll von diesem geheimnisvollen Verbrechen und erinnerten in Artikeln und Abbildungen wieder an die Ermordung Creagers. An dem Morgen, an dem die Leichenschau stattfinden sollte, brachte der »Daily Globe« einen aufsehenerregenden großen Aufsatz. Es war eine nahezu vollständige Zusammenstellung aller Unternehmungen des Grünen Bogenschützen, und die Zeitung hatte sorgfältig vermieden, Abel Bellamy mit den beiden Verbrechen in Verbindung zu bringen.
»Die Schwierigkeit besieht darin« sagte Spike, der wie gewöhnlich an diesem Morgen in Scotland Yard erschien, »Bellamy und einen oder beide Morde miteinander in Zusammenhang zu bringen. Die einzige Verbindung liegt in der Tatsache, daß Miss Howett in Lady’s Manor wohnt und sich infolgedessen im Bereiche des Grünen Bogenschützen befindet.«
»Ich habe mir bis jetzt noch nie die Mühe gemacht, die Artikel zu lesen« erwiderte Jim. »Aber ich hoffe, Spike, daß Sie nicht ausgeplaudert haben, was Sie verschweigen sollten.«
»Diskretion ist meine größte Schwäche« antwortete Holland, »und alles in allem ist die Geschichte einleuchtend wiedergegeben. Coldharbour Smith, ein Verbrecher, der schon viel auf dem Kerbholz hatte, nahm Miss Howett gefangen und wollte sie nur
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