Edgar Wallace - Der grüne Bogenschütze
gleichgültig um.
»Nun ja, bleiben Sie dort, die Frau ist hier, wenn Sie sie sehen wollen –«
Blitzschnell drehte sich Bellamy um. Er packte Julius mit der einen, Fay mit der anderen Hand, und bevor Julius zu sich kam, hatte Bellamy ihn und seine Frau durch den Tunnel hindurchgestoßen. Die Tür fiel krachend ins Schloß, und sie hörten, wie er die Riegel vorschob.
Dann schaute der Alte durch das kleine Gitter in der Tür.
»Nach Hause gehen, was? Nun bei Gott, jetzt sind Sie zu Hause! Das ist Ihre letzte Heimat, Sie verdammter Nigger und Spürhund! Du Schmutzweib! Ihr meint wohl, ich hätte euch frei herumlaufen lassen, damit ihr überall Geschichten erzählt? Nun seid ihr hier, und da werdet ihr so lange bleiben, bis ihr krepiert!«
Bellamys Stimme war heiser, er war fast wahnsinnig vor Aufregung.
»Auf Sie habe ich gewartet, Savini! Und dieses Frauenzimmer –« begann er von neuem. Aber plötzlich sprang er beiseite, und zwar gerade noch zu rechter Zeit, denn es fiel ein Schuß, und ein Geschoß prallte hinter ihm an der Wand ab. Ein zweites Geschoß traf eine Eisenstange des Gitters in der Türe. Er hatte nicht geglaubt, daß Julius Waffen bei sich tragen könnte.
Unversehens schloß er die Falltür, die das Gitter bedeckte, und befestigte es mit Riegeln. Dann stieg er die Treppe wieder hinauf. Oben schrieb er einen langen Brief und brachte ihn selbst zu dem Pförtnerhaus.
»Sie fahren doch Rad?« fragte er den Pförtner. »Nehmen Sie diesen Brief und bringen Sie ihn nach Lady’s Manor.«
Der Mann entfernte sich sofort und Bellamy sah ihm nach. Nach zehn Minuten kam der Bote zurück und gleich darauf erblickte Bellamy eine bekannte Gestalt.
»Gehen Sie schnell und sagen Sie dem Herrn dort, daß ich ihn gern sehen möchte.«
Kurze Zeit später kam der interessierte Spike mit dem Pförtner zum Tor.
»Guten Morgen, Holland, Ihr Freund hat mich verlassen.«
»Meinen Sie etwa Savini?«
Bellamy nickte.
»Er ist eben mit seiner Frau gegangen. Ich überraschte sie dabei, wie sie über Nacht meinen Geldschrank aufbrechen wollten. Im Augenblick habe ich sie hinausgeworfen. Ich dachte, Sie können diese Nachricht vielleicht für Ihre Zeitung brauchen.«
»Das ist ja eine große Neuigkeit« sagte Spike ohne sichtliche Begeisterung. »Welchen Weg sind Sie denn gegangen? Am ›Blauen Bären‹ sind sie jedenfalls nicht vorbeigekommen.«
»Nein, sie gingen in der Richtung nach Newbury. Wenigstens sagte Savini so. Er drohte auch, daß er dort zu einem Rechtsanwalt gehen würde. Ich habe jetzt genug von dieser Burg, Holland. Man kann diesen Engländern überhaupt nicht trauen – dieser Kerl, der Savini, ist doch auch ein halber Engländer.«
»Was wollen Sie denn dann anfangen?«
»Ach, ich werfe die ganze Dienerschaft hinaus – zahle die Gehälter bis zum nächsten Ersten und schließe die Bude. Ich behalte nur den Pförtner und einen Verwalter. Vielleicht kann ich Ihnen eines Tages, wenn Sie zu mir kommen, eine gute Geschichte erzählen.«
Spike zwinkerte mit den Augen.
»Und was wird aus dem Grünen Bogenschützen?« fragte er.
»Das ist ja doch gerade mein neuer Verwalter« antwortete Bellamy prompt. »Vielleicht kann ich Ihnen nächstens etwas mehr über ihn berichten, Holland. Er hat alle Leute an der Nase herumgeführt, nur mich nicht. Haben Sie sein Gesicht noch nie gesehen?«
»Nein« sagte Spike ruhig. »Ich möchte es auch nicht sehen. Was ich sehen möchte, ist sein Rücken.«
Bellamy zog die Stirne kraus.
»Was soll das heißen – Sie wollen seinen Rücken sehen?«
»Ich möchte die Narbe sehen, die Creager ihm schlug, als er ihn auspeitschte.«
Er hatte nicht erwartet, daß seine Worte einen so großen Eindruck auf Bellamy machen würden. Der Alte taumelte, als ob er von einem Geschoß getroffen worden wäre, seine große Hand hob sich, und er stützte sich an dem Steinpfeiler des Tores, um sich aufrechtzuhalten. Sein Gesicht war vollkommen totenblaß, und sein Blick war leer.
»Sie wollen seinen Rücken sehen… den Creager ausgepeitscht hat!…« flüsterte er. Dann wandte er sich um und eilte zu dem Eingang der Burg, als ob ihn ein leibhaftiges Gespenst verfolgte.
Er eilte geradenwegs in die Bibliothek, warf die Tür donnernd hinter sich zu, taumelte zu seinem Sessel und fiel atemlos hinein.
Der Mann, den Creager ausgepeitscht hatte! Ein Geist war in Garre aufgetaucht, schrecklicher als der Grüne Bogenschütze! Er saß zwei Stunden lang und schaute bewegungslos aus dem
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