Edgar Wallace - Der grüne Bogenschütze
Wahrscheinlich hat Bellamy Ihnen das Geld wieder weggenommen.«
»Warum hat er denn aber nicht meine zweite Pistole genommen?« fragte Lucy folgerichtig. »Die wäre ihm doch sicher wichtiger gewesen. Wo ist sie denn?«
»Julius hat sie« antwortete Fay. »Und Julius wird sie auch behalten!« fügte sie nachdrücklich hinzu.
»Was will denn der Alte hier mit uns machen? Er kann uns doch nicht in alle Ewigkeit hier sitzen lassen? Wo kann ich schlafen?«
»Entweder auf oder unter der Treppe.«
»Sind denn keine Betten hier unten?« fragte Lucy aufsässig.
»Hier ist ein Steinbett« sagte Fay ironisch. »Und da können Sie auch schlafen. Und wenn Sie sich nicht fügen wollen, dann werden Sie schon zur Vernunft gebracht werden. Sie sind ein ganz gemeiner Kerl, Sie haben Miss Howett aus ihrem Hause weggebracht – wenn Featherstone Sie kriegt –«
»Ist der hier?« fragte Lacy erschrocken.
»Im Augenblick noch nicht, aber er ist auf der anderen Seite des Eisengitters.«
»Hoffentlich bleibt er auch dort!«
Julius und Jim lösten sich während des ganzen Abends bei den Arbeiten am Eisengitter ab.
Kurz vor neun konnten sie mit vereinten Kräften das Gitter ausbrechen, und Jim kam durch die Öffnung. Als er Valerie sah, nahm er sie ohne ein Wort und ohne Entschuldigung in die Arme und küßte sie leidenschaftlich.
Sie verloren keine Zeit mit Fragen und Erklärungen, Jim hatte seinen Entschluß Savini mitgeteilt, und Julius war der selben Ansicht. Sie nahmen den Diwan von der Wand und brachen die Füße ab. So war er schmal genug, daß sie ihn durch die Öffnung schaffen konnten, obgleich sie dabei den kostbaren Bezug zerrissen.
»Wozu geschieht denn das? Wollen Sie vielleicht den anderen Raum möblieren?« fragte Fay.
»Dort wird noch allerhand passieren« antwortete Jim. »Den Tisch kann ich auch gebrauchen« meinte er dann. Gleich darauf schlug er mit seinem Hammer alle Beine ab und reichte sie Julius. »Sie können hier helfen, Lacy!« rief Jim und Lacy beeilte sich, der Aufforderung nachzukommen.
»Was soll ich tun, Captain?« fragte er.
»Gehen Sie diese Treppe hinauf. Sobald Sie Bellamy sehen, rufen Sie und machen, daß Sie wieder herunterkommen! Also los, marsch nach oben!« Jim nahm ihn am Ohr, führte ihn hinauf und stellte ihn direkt hinter der vergitterten Eisentüre auf. Er konnte gerade über die aufgeschichteten Balken hinwegsehen. »Sobald er kommt, rufen Sie laut! Verstanden?«
»Ja!« sagte Lacy unwillig. »Glauben Sie, ich bin so schrecklich dumm?«
»Ich möchte Ihnen jetzt nicht sagen, was ich von Ihnen denke.«
Jim wandte sich ab, ließ den Mann auf seinem Posten zurück und ging wieder zu Julius.
»Ich bin allerdings nicht sicher, ob unsere Vorsichtsmaßregeln etwas nützen werden. Wenn wir nur ein paar Nägel hätten!«
Er errichtete eine Barrikade um die Öffnung in der Wand, aus der das Eisengitter herausgebrochen war. Fay unterstützte ihn dadurch, daß sie den Gummischlauch wieder an einem der Gashähne befestigte und ihm bei der Arbeit leuchtete. Tische und Betten wurden zu der Barrikade gebraucht, und während die anderen unten rastlos arbeiteten, saß Lacy oben am Eingang der Treppe und gab sich seinen Gedanken hin. Er verabscheute Bellamy, aber sein Haß gegen den Mann, in dessen Gesellschaft er durch diesen Zufall geraten war, kannte keine Grenzen.
69
V on dem Kamin des kleinen Hauses im Klosterwald stieg Rauch auf. Ein kleines Feuer brannte im Küchenofen, und ein Mann, der eine Gabel in der Hand hielt, beobachtete sorgsam, wie ein Kotelett in der Pfanne briet. Die Fensterläden waren zugemacht und die Haustüren von innen dicht verschlossen. Wenn ein Neugieriger draußen angeklopft hätte, würde er keine Antwort erhalten haben.
Es war schon spät am Nachmittag, und der Abend kam heran. Der Mann war auf einem Richtsteig hierhergekommen, der das Dorf Garre nicht berührte. Nach einer Weile war das Kotelett zubereitet. Er nahm es aus der Pfanne und legte es auf einen Teller, der auf der Herdplatte gewärmt worden war. Aus seiner Rocktasche zog er einen kleinen Papiersack hervor und nahm zwei Brötchen heraus, die er auf den tadellos gedeckten Tisch legte. Nachdem sein einfaches Mahl beendet war, füllte er bedachtsam seine Pfeife und entzündete sie. Dann lehnte er sich in seinen bequemen Stuhl zurück und schaute in Gedanken vor sich hin.
Er nahm ein Telegramm aus der Tasche und las es nun schon zum drittenmal. Seine Beschäftigung schien ihm viel Freude zu machen,
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