Edgar Wallace - Der grüne Bogenschütze
war immer mit einem Haken an der Wand befestigt. Zwischen hier und der Burg sind noch vier andere Türen in dem Gang, und wir müssen sie nun erst alle einschlagen, bevor wir durchkommen können. Sie sind aus schweren Eichenbohlen, mit Eisen beschlagen und so stark, daß wir ohne besondere Hilfsmittel nicht dazu imstande sind.«
»Sind sie verschlossen?«
»Nein, verriegelt. Auf der Rückseite hat jede schwere, eiserne Vorlegestangen. Es ist auch unmöglich, die Tür aus den Angeln zu heben oder die Angeln zu zerstören.« Er überlegte. »Es tut mir leid, meine Herren« sagte er dann leise. »Ich hoffte, Ihnen einen leichten Weg in die Burg zeigen zu können. Aber dieser Zugang scheint nur schwerer zu sein, als wenn die Burgtore eingeschossen werden.«
Sie wandten sich wieder zum Gehen. Spike war am meisten enttäuscht.
»Glauben Sie, daß Miss Howett auf diesem Wege fortgebracht wurde?« fragte er plötzlich.
»Ich fürchte es. Die Dienstboten waren alle fort, und man hat sie von der Straße aus ins Haus gehen sehen. Es ist mein eigener Fehler. Ich hätte mehr männliche Dienstboten anstellen sollen.«
Er sprach immer leiser und leiser, und dann fing ihn Spike auf. Man rief schnell einen Arzt herbei, der aber nur eine leichte Ohnmacht konstatieren konnte. Spike ließ Mr. Howett in der Pflege seiner Leute zurück. Er selbst ging wieder zu dem Burgeingang und erfuhr, daß von London neue Befehle eingetroffen waren, und man den Angriff auf ein Uhr nachts festgesetzt hatte. Er schaute auf die Uhr – es war zehn. Wie mochte es bloß den Gefangenen in den fürchterlichen Kerkern von Garre zumute sein?
70
L acy hatte schon beinahe einen Krampf bekommen, als er plötzlich Schritte im Gang hörte und sich zurücklehnte, obgleich es so dunkel war, daß der alte Bellamy ihn unmöglich sehen konnte. Eine Laterne blitzte auf und der Alte trat über die Holzbalken
»Mr. Bellamy!« flüsterte Lacy erregt.
Bellamy wandte sich schnell um.
»Hallo, wie sind Sie denn hierhergekommen?«
»Um Gotteswillen, seien Sie ruhig« sagte Lacy. Das Geräusch der Hammerschläge von unten übertönte die Stimmen der beiden.
»Was wollen Sie?« fragte Bellamy leise.
»Lassen Sie mich heraus« bat Lacy. »Sie haben mich hier auf Posten gestellt. Sie haben eine Pistole unten und wollen Sie sofort niederschießen, wenn Sie sich sehen lassen.«
Der Alte stellte seine Laterne auf den Fußboden, ging zu einer Gaslampe und steckte sie an.
»Mr. Bellamy, lassen Sie mich doch heraus, ich habe Ihnen doch gesagt –«
Jim hatte das Gespräch gehört, eilte die Treppe hinauf und kam gerade an, als Bellamy die Tür öffnen wollte. Jim feuerte zweimal, aber die Schüsse gingen zu hoch. Plötzlich sah er ein blendendweißes Licht.
»Hinlegen!« schrie er, sprang die Treppe hinunter und fiel auf seine Knie, als die erste Explosion ertönte.
Der Schall machte ihn beinahe taub. Eine zweite Detonation folgte. Ein Loch war in das Gewölbe geschlagen, Steine splitterten von allen Richtungen.
»Was ist los?« rief Julius erschreckt.
»Bleiben Sie dort bei der Öffnung« sagte Jim kurz. »Lacy, kommen Sie hierher. Warum haben Sie mich nicht gerufen, als der Alte kam?«
»Ich habe ihn nicht gesehen –«
»Sie haben ihn gesehen und gehört! Sie versuchten ihn sogar zu bestimmen, daß er Sie herausließ und uns wie die Ratten tötete.«
»Was ist das für ein Geräusch?« fragte Julius furchtsam.
»Es ist so, wie ich erwartet hatte« sagte Jim düster.
Die Gasflamme am Ende des Gummischlauchs war wieder angesteckt und erhellte den unteren Raum notdürftig.
»Wir haben eine Möglichkeit« sagte Jim, als sein Blick auf die eiserne Gittertür fiel. Er schlug den Hammer mit aller Kraft gegen die Steine, in denen die Angeln befestigt waren.
Von oben her kam ein andauerndes unheimliches Geräusch.
»Was ist das nur?« rief Lacy. »Was macht der alte Teufel?«
»Das werden Sie gleich sehen« sagte Jim.
Im nächsten Augenblick strömte ein ganzer Wasserfall mit solcher Gewalt und Heftigkeit die Treppe herunter, daß in kurzer Zeit der ganze Fußboden überflutet war. Jim stand schon bis zu den Knien im Wasser, das jeden Augenblick höher stieg.
»Es ist unmöglich!« sagte er dann. Trotzdem schlug er wie wild mit dem Hammer auf die Steine. Unter seiner fürchterlichen Anstrengung entstand ein Riß in dem einen Stein. Aber es wurde immer schwerer, denn er mußte jetzt durch das Wasser schlagen und die Wucht der Hiebe wurde dadurch fast vollständig
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