Edgar Wallace - Der grüne Bogenschütze
sein« sagte er nach einer Pause. »Sind Sie ganz sicher?«
»Ich habe ihm die Maske abgerissen, ich weiß es gewiß.«
»Es ist unglaublich, ich kann es nicht verstehen. Aber im Augenblick ist es ja ganz gleich, wer der Grüne Bogenschütze ist, liebe Valerie. Daß auch Sie noch hier sind, ist das Entsetzlichste von allem.«
»Was beabsichtigt Bellamy wohl? Was könnte er uns denn tun?«
»Ich glaube, daß er etwas Fürchterliches im Schilde führt – aber was es auch sein mag, Valerie; wir müssen ihm stark entgegentreten, beinahe hätte ich gesagt, als brave Engländer, aber ich vergaß im Augenblick, daß Sie Amerikanerin sind. Wir müssen sterben wie gute Angelsachsen, wenn es zum letzten kommt.«
»Besteht denn gar keine Hoffnung, daß wir wieder nach oben kommen?« fragte sie.
»Nein« sagte Jim eindringlich. Es war besser, daß sie es wußte. »Wie hat der Grüne Bogenschütze Sie denn hergebracht? Die ganze Burg ist doch von Polizei abgesperrt?«
»Wir kamen durch einen unterirdischen Gang, der Lady’s Manor mit der Burg verbinden muß. Ich habe immer vermutet, daß er existierte.«
»Ich auch, nachdem Sie mir erzählt hatten, daß die Diener über einen Liebesweg sprachen. Außerdem erklärt der Name Ihres Hauses den Zusammenhang. Lady’s Manor ist das Haus, das ein de Curcy für seine Geliebte baute. Diese Liebeswege waren in alten Zeiten zwischen verschiedenen Häusern nicht so selten. Durch diesen Gang ist auch der Grüne Bogenschütze gekommen, und nun erklärt sich auch, warum Sie ihn in Lady’s Manor in der Nähe sahen. Er war damals auf seinem Weg zu der Burg.«
»Aber Sie vergessen, daß ich ihm auch draußen im Park begegnet bin.« Jim erinnerte sich wieder daran.
Julius, der einen Augenblick weggegangen war, kam mit einer wichtigen Nachricht wieder.
»Lacy ist auch hier unten?« fragte Jim überrascht.
»Der Alte hat ihn eben die Treppe hinuntergeworfen, und Fay wäscht seine Wunden gerade aus. Er trägt das Kostüm des Grünen Bogenschützen.«
»Lacy? Wie entsetzlich!« flüsterte Valerie ängstlich. »Jim, können Sie nicht durch diese Öffnung kommen?«
»Julius wird Sie schon beschützen, ängstigen Sie sich nicht« antwortete Featherstone, aber er war von seinen Worten nicht überzeugt. »Später kann ich vielleicht durchkommen, liebe Valerie. Ich habe schon zwei Eisenstäbe aus dem Zement herausgeschlagen. Ich habe nämlich dem Alten den Hammer weggenommen, er ist mir schon sehr nützlich gewesen.«
Er fing wieder an zu hämmern.
Valerie wandte sich an Julius.
»Ist er schwer verwundet?« fragte sie.
»Nein, er ist nur auf den Kopf gefallen und blutet etwas. Er ist der einzige Körperteil an Lacy, den man unmöglich verwunden kann, selbst wenn man mit einem schweren Wagen darüberfährt. War er es nicht, der Sie von Lady’s Manor weggebracht hat? Ich hörte eben, wie Sie es Featherstone erzählten. Es ist schließlich ganz gut, daß er die Treppe herunterfiel. Ich fand eine brauchbare Waffe bei ihm, die er unter seinem Kostüm versteckt hatte. Die können wir gut gebrauchen.«
Julius zeigte mit Stolz seinen Fund.
»Natürlich hatte ich sofort den richtigen Gedanken, ihn zu durchsuchen. Aber außer der Pistole hatte er nichts bei sich« sagte er dann laut. »Er hat mir gesagt, daß Bellamy ihm ein Paket Banknoten gegeben hätte. Entweder bildet er sich das ein, oder der Alte hat sie ihm wieder weggenommen, als er mit ihm handgemein wurde. Bellamy verschwendet kein Geld, und damit hat er auch wohl recht.« Er klopfte unbewußt auf seine volle Brusttasche.
Valerie fand Fay damit beschäftigt, einen einfachen Verband um Lacys Kopf zu legen. Er bot einen lächerlichen Anblick. Sein grasgrünes Kostüm war zerrissen, mit Blut befleckt und schmutzig.
»Ich hatte eine Menge Geld, als ich hier hinfiel« sagte er, »ich kann es aber nicht mehr finden. Geld hat doch keine Beine – es kann doch nicht weglaufen!«
»Wenn Sie Geld bei sich gehabt hätten, würden Sie es jetzt auch noch haben« erwiderte Fay ruhig. »Und ich habe früher Geld gehabt, das viel schneller weglief als die Flugpost bei günstigem Winde. Sie wollen doch nicht etwa behaupten, daß mein Julius es Ihnen weggenommen hat?«
»Ich weiß nicht, ob ich Julius beschuldigen soll, aber er hat auch meine Pistole geholt – ebensogut kann er auch das Geld genommen haben!«
»Die Pistole war eben da, aber das Geld nicht. Es ist doch eigentlich unklug, Leute anzuklagen, die Ihnen helfen und Sie verbinden.
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