verholfen.“
Beinahe beschämt sahen die Wichte zu Boden, doch Zoe nahm sie erneut in die Arme.
„Ihr seid die tollsten Geschöpfe, die mir jemals begegnet sind.“
Noch am gleichen Tag kehrte Zoe in ihre Wohnung zurück. Edorei wollte ins Tal der Blumen reisen und dort alles für ihre Wiederkehr vorbereiten. In zehn Tagen sollte die Weise Isbilde ihr ein Tor öffnen. Sie hatte zehn Tage Zeit, um ihr altes Leben zu beenden. Und all das wegen einem Kuss. Es fühlte sich märchenhaft-unglaublich an.
Planlos stand sie mitten in ihrem Zimmer und wusste nicht, was sie zuerst tun wollte. Ihren Job kündigen? Zoe scheute davor zurück. Wenn sie das tat, lieferte sie sich Edorei aus. Sie verfügte über keinerlei Mittel, war abhängig von seiner Liebe.
Eine alt bekannte Angst ergriff von ihr Besitz. Alles war so leicht gewesen, solange er in ihrer Nähe war, doch nun …
Da klingelte es an der Tür. Zoe ging hin und öffnete sie. Herr Baumgärtner! Was wollte der von ihr? Sie kam gar nicht dazu ihn zu grüßen, da legte er schon los:
„Fräulein Müller, seit drei Tagen hagelt es Beschwerden über Sie. In Ihrer Wohnung ist es laut und sie haben unentwegt Besuch.“
„Herr Baumgärtner“, knurrte Zoe. „In meinem Mietvertrag steht nichts davon, dass ich keinen Besuch empfangen darf. Wenn Frau Huber“, sie hob die Stimme, damit die Nachbarin, die sicher lauschte, es auch wirklich hörte, „etwas stört, soll sie sich bitte gleich bei mir beschweren. Im Übrigen kündige ich. Sie können sich schon mal nach einem Nachmieter umsehen.“ Damit schlug sie dem Vermieter die Tür vor der Nase zu und atmete tief durch. Ein leises, zufriedenes Lächeln breitete sich in ihrem Gesicht aus. Ihr war, als ob sie eine Last weniger zu tragen hätte. Beflügelt von diesem Hochgefühl, zog sie ihr Notebook aus dem Regal und hämmerte die schriftlichen Kündigungen in die Tastatur. Die für den Baumgärtner warf sie in seinen Briefkasten, dann setzte sie sich ins Auto und fuhr ein letztes Mal in die Klinik. Mit einem Auflösungsvertrag war sie zum Monatsende raus. Durch die ausstehenden freien Tagen und ihrem Urlaubsanspruch musste sie sich nie wieder von Claudia schikanieren lassen.
Als sie wieder auf der Straße stand, hatte sie den Eindruck, mit ihrem bisherigen Leben abgeschlossen zu haben. Doch obwohl sie sich immer an Sicherheiten geklammert hatte, spürte sie jetzt, da es keine Sicherheit mehr gab, nur Erleichterung.
In den kommenden Tagen verschenkte sie ihre Sachen und verabschiedete sie sich von Familie, Freunden und Bekannten. Den Bekannten erzählte sie, sie würde nach Neuseeland auswandern, bei Familie und Freunden versuchte sie es mit der Wahrheit. An den Blicken konnte sie erkennen, dass ihr niemand glaubte, also kehrte sie zu ihrer Neuseelandgeschichte zurück.
Nach zehn Tagen hatte Zoe ihr Leben aufgelöst und sich von allen verabschiedet. Ziellos irrte sie durch die Straßen und fragte sich, ob es etwas gab, was ihr wirklich fehlen würde. Der Rummel in den Kaufhäusern war es bestimmt nicht. Nur um sich zu vergewissern, betrat sie den erst besten Laden. Sie schlenderte durch die Bekleidungsabteilung, in die Spielwarenabteilung, zu den Haushaltsgeräten und in die Elektronikabteilung. Da sie schon mal da war, marschierte sie zu den Fernsehern. Sie starrte auf die flimmernden Bilder. So etwas gab es in der anderen Welt nicht. Ob es ihr fehlen würde?
Plötzlich flimmerte ein bekanntes Gesicht über die Mattscheibe. Der Ton war aus, aber die Bilder waren eindeutig. Luriella hatte ihren Platz gefunden. Sie war die neue Zicke am Modelhimmel. Nach kaum einer Woche in dieser Welt rissen sich die Medien bereits um sie. Zoe lächelte und verließ das Kaufhaus.
Sie musste sich beeilen. Ein Prinz wartete auf sie.
Er saß auf der Treppe vor ihrer Wohnungstür. Wortlos reichte er ihr die Hand und führte sie durch ein blauschimmerndes Tor in ein neues Leben.
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Texte: © Copyright by Kerstin Hornung,
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Tag der Veröffentlichung: 20.02.2013
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