Egorepublik Deutschland: Wie uns die Totengräber Europas in den Abgrund reißen (German Edition)
Ende 2012 beglückt haben, war dafür nur der letzte Beleg in einer langen Reihe.
Es ist also tatsächlich höchste Zeit, mit den »Vereinigten Staaten von Europa« Ernst zu machen, indem eine grundlegend neue demokratische Legitimation seiner Institutionen – vor allem seines Parlaments und einer (die bisherige Kommission ersetzenden) Regierung – geschaffen wird. Mit anderen Worten: Den Bürgerinnen und Bürgern Europas muss klarer Wein darüber eingeschenkt werden, dass die demokratischen Entscheidungsprozesse zukünftig auch noch andere als nur engstirnige nationale Sonderinteressen zu berücksichtigen haben. Gelingen kann das nur, wenn das Verhältnis der europäischen Institutionen zu den Mitgliedsstaaten im Sinne einer streng verstandenen Subsidiarität geordnet wird. Um keinen Deut weniger bedeutsam wird es im Übrigen sein, dass die Opfer, die für die Vereinigung Europas erforderlich sind, nicht nur einseitig zu Lasten der einfachen Wählerinnen und Wähler gehen. Zukünftig dürfen, anders als bisher, auch diejenigen nicht davon verschont bleiben, die – wie weite Teile der sogenannten »Finanzindustrie« – unmittelbar für etwaige Fehlentwicklungen verantwortlich zu machen sind.
Dass eine politische Vereinigung Europas eines nicht allzu fernen Tages zu einer grundlegenden Überarbeitung und Neufassung unseres Grundgesetzes – und damit zu einer Volksabstimmung in der Bundesrepublik – führen muss, dürfte selbstverständlich sein. Für die anderen Mitgliedsstaaten gilt das Gleiche: Auch sie werden den Weg, den sie einschlagen wollen, dem Votum ihrer Bevölkerungen zu unterwerfen haben.
Die große Mehrheit der europäischen Staats- und Regierungschefs hat zweifellos längst verstanden, dass solche konkreten Schritte dringend anstehen. Euro hin oder her: Es geht nicht mehr um Trippelschritte, die jederzeit wieder rückgängig zu machen sind, sondern es geht um Schritte, die das mit der gemeinsamen Währung auf den Weg gebrachte Projekt tatsächlich und endgültig unumkehrbar machen. Ende des vergangenen Jahres hat sich der Europäische Rat im Prinzip auf den Vorschlag einer Arbeitsgruppe (van Rompuy, Draghi und Juncker) geeinigt, der in genau diese Richtung zielen soll. Ich fürchte allerdings, dass er erneut unter einem entscheidenden Mangel leidet: Für den einfachen Menschen auf der Straße sind die zur Diskussion gestellten neuen Regelungen wieder einmal viel zu kompliziert, um sie wirklich verstehen zu können (abgesehen davon, dass sie den Eindruck erwecken, zusätzliche bürokratische Irrwege zu eröffnen).
Da soll nun endlich der so lange hin und her diskutierte »europäische Fiskalpakt« Wirklichkeit werden. Irgendeinen Mechanismus soll es künftig geben, der es möglich macht, die jeweiligen nationalen Haushalte zu überwachen, notfalls Korrekturen einzufordern, sollten sie gegen die durch den Europäischen Rat auferlegte Haushaltsdisziplin verstoßen. Doch die Lieblingsidee von Wolfgang Schäuble, mit dieser Aufgabe eine Art von »europäischem Finanzminister« zu beauftragen, wurde wieder einmal vertagt. Weiterhin soll (endlich!) die erwähnte »Bankenunion« ins Leben gerufen und auf deren Grundlage die Banken verpflichtet werden, aus eigenen Mitteln einen gemeinsamen Fonds einzurichten, der – an Stelle der bisherigen staatlichen Hilfsmaßnahmen – finanziell notleidende Mitglieder auffängt. Doch der Streit über die Einzelheiten, die sich dahinter verbergen, ist noch lange nicht entschieden: Bislang bleibt es bei einer schönen Zukunftshoffnung.
Ob solche Beschlüsse wohl wirklich geeignet sind, überzeugend deutlich zu machen, wohin die europäische Reise führen soll? Wie zu erwarten haben die eingefleischten Gegner einer fortschreitenden Vereinigung längst ihre populistischen Messer gezückt: Lauthals verkünden sie, damit sei ein weiterer Schritt getan, um die bewährte nationale Souveränität auf dem Altar einer unverantwortlich handelnden Brüsseler Bürokratie zu opfern.
Kürzlich hat Andreas Geldner trefflich formuliert, worum es geht. »Auch die USA haben in ihren Anfangsjahren«, so schrieb der Washington-Korrespondent der Stuttgarter Zeitung , »sozusagen Europäische Union gespielt. Stolz wahrten die (…) unabhängig gewordenen 13 Kolonien ihre Selbstständigkeit, mit allen Eigenwilligkeiten und Eifersüchteleien, die dazugehören (…) Viele der jungen Bundesstaaten waren pleite – und andere wollten nicht helfen (…)«. Er zitiert dann den britischen
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