Ehemann für eine Nacht?
auf und eilte zur Tür.
Es war ihr egal, dass sie die Flucht ergriff – und er es zuließ.
Hinter sich hörte sie Colin sagen: „Die Gemälde …“
„Der Preis ist zu hoch.“
5. KAPITEL
Belinda sah sich in dem elegant eingerichteten Stadthaus in Mayfair um. Ihr Besuch war genau wie der letzte … mit einem entscheidenden Unterschied.
Das Stadthaus gehörte nicht mehr den Wentworths, die es seit Generationen besessen hatten, sondern war jetzt nur gemietet.
Ihr Onkel wohnte dort weiterhin mit all den Antiquitäten der Familie, war aber vom Wohlwollen des Marquess of Easterbridge abhängig. Der schöne Orientteppich konnte ihm jeden Moment unter den Füßen weggezogen werden.
„Sag mir, dass es nicht wahr ist.“
Ohne Vorankündigung war Belinda in der Bibliothek erschienen, weil diese Unterredung zu wichtig war, als sie am Telefon zu führen. Sie hatte den frühestmöglichen Flug nach London gebucht, nachdem sie aus Las Vegas zurück gewesen war, ohne dort mit der Annullierung vorangekommen zu sein.
Onkel Hugh betrachtete sie von seinem Schreibtisch aus. „Wovon redest du, meine Liebe? Ich wusste nicht einmal, dass du in London bist.“
„Ich bin erst heute Morgen angekommen. Sag mir, dass du dieses Haus nicht verkauft hast.“
Onkel Hugh fühlte sich sichtlich unwohl. „Wie hast du das herausgefunden?“
„Spielt das eine Rolle?“
Nachdem sie die Hacienda verlassen hatte, hatte sie befürchtet, dass Colin womöglich ihren Onkel anrufen und ihm selbst eröffnen würde, dass er der geheime Käufer des Hauses war. Aber so, wie ihr Onkel reagierte, hatte Colin das nicht getan.
Sie überlegte, was das bedeutete. Wollte Colin die Befriedigung, ihren Onkel bezwungen zu haben, voll auskosten, einschließlich der Tatsache, dass Belinda ihren Verwandten zur Rede stellte? Oder hielt er es für barmherziger, dass sie die Neuigkeit überbrachte, statt sich selbst zu erkennen zu geben?
„Mir wurde volle Diskretion zugesagt“, verteidigte Onkel Hugh sich. „Ich werde weiterhin hier leben und auf dem Landsitz in Berkshire, und niemand braucht etwas von den geänderten Besitzverhältnissen zu wissen.“
„Volle Diskretion von wem und für wie lange? Von dem russischen Multimillionär, dem du das Haus verkauft zu haben glaubst?“
„Ja. Es wurde vereinbart, dass ich jahrelang hier wohnen bleiben kann.“ Onkel Hugh hielt inne. „Woher weißt du davon?“
„Du bist in eine Falle getappt. Eine Immobiliengesellschaft hat seine Identität verschleiert, aber der Käufer deiner Anwesen ist niemand anders als der Marquess of Easterbridge.“
Onkel Hugh wirkte völlig überrascht.
„Warum hast du mir nicht gesagt, dass die Finanzen der Familie so desolat sind?“
„Du hättest nichts daran ändern können.“
„Wie sind wir in diese Schieflage geraten?“
Sie hatte ein Recht, das zu erfahren. Wenigstens befand sich das kleinere Landgut in Berkshire noch im Besitz der Wentworths. Ihre Familie würde also nie ganz heimatlos sein, auch wenn ihr gesellschaftliches Ansehen empfindlichen Schaden nehmen würde.
Beinah flehentlich sah Onkel Hugh Belinda an. „Unsere Geldanlagen haben sich in den letzten Jahren nicht gut entwickelt. Bestimmte Familienmitglieder bekommen beträchtliche Zuwendungen. Deine Mutter …“
Eine weitere Erklärung war nicht nötig. Belinda kannte den luxuriösen Lebensstil ihrer Mutter. Dass ihr Onkel selbst allerdings ebenfalls einen teuren Geschmack hatte, erwähnte sie nicht. Er würde das natürlich anders sehen. Denn was bedeuteten schon die Kosten für einen Maßanzug, wenn man solche Anzüge sein Leben lang getragen hatte?
Sie selbst besserte ihr bescheidenes Gehalt von Lansing’s durch einen kleinen Treuhandfonds auf, den ihr ihre Großeltern und ihr Vater hinterlassen hatten, sodass sie nicht auf regelmäßige Zuwendungen der Familie angewiesen war. Wenn sie jedoch gewusst hätte, wie es um die Finanzen stand, hätte sie gern ihren Treuhandfonds eingebracht, um zu verhindern, dass das Familienschiff unterging. Allerdings hätte das wohl kaum mehr bewirkt, als ihnen etwas Zeit zu verschaffen.
Belinda betrachtete ihren Onkel. Er hatte immer eine wichtige Rolle in ihrem Leben gespielt – er war jemand, zu dem man aufsah. Sie war unter seinem Dach aufgewachsen. Aber jetzt wirkte er niedergeschlagen, und es war Belinda unangenehm, ihn zur Rede stellen zu müssen.
Er senkte den Kopf. „Es ist alles ruiniert.“
„Nicht ganz.“
Irgendwie tat ihr Onkel Belinda leid.
Weitere Kostenlose Bücher