Ehemann für eine Nacht?
Halstead Hall am Kamin. Er trug einen Strickpullover und eine Tweedhose – die typische Freizeitkleidung eines englischen Gentleman.
Fragend zog er eine Braue hoch.
„Ich habe allerdings ein paar Bedingungen.“
Belinda, die es abgelehnt hatte, Platz zu nehmen, bemühte sich, sich nicht umzusehen, weil sie sonst womöglich der Mut verließ. Sie war noch nie in Halstead Hall gewesen, aber sie kannte das Herrenhaus und Anwesen natürlich. Schließlich war sie gleich nebenan aufgewachsen.
Das Haus war riesig und verfügte über eine ganz eigene Schönheit. Es war im sechzehnten Jahrhundert erbaut und seitdem immer wieder erweitert worden. Mit seinen vielen Türmchen, gewölbten Portalen und Fenstern beeindruckte es nicht nur Touristen.
Belinda hatte es beinah komisch gefunden, dass sie von der Haushälterin als Lady Granville begrüßt worden war. Offenbar hatte Colin sein Personal entsprechend instruiert, nachdem sie seine Einladung angenommen hatte, sich in Halstead Hall zu treffen – oder vielleicht besser gesagt, die Waffen niederzulegen.
Belinda war sich bewusst, dass sie einiges auf sich genommen hatte, Easterbridge in seiner eigenen Festung zu treffen. Doch ihr war klar, dass er die Bedingungen für weitere Verhandlungen vorgeben würde. Der Ball lag eindeutig in seinem Spielfeld.
Wenn Halstead Hall von außen eindrucksvoll Zeugnis von jahrhundertelangem Reichtum und Einfluss gab, dann bezeugte das Innere das Vermögen und Prestige des gegenwärtigen Hausherrn. Alles war erneuert worden, um modernen Komfort zu bieten, harmonierte aber trotzdem perfekt mit der Geschichte und Würde des alten Gemäuers. Im ganzen Haus gab es Zentralheizung, moderne Wasser- und Abwasserleitungen und Wärmedämmung.
Die Immobilien der Wentworths waren im Vergleich dazu in einem deprimierenden Zustand. In Downlands war eine Erneuerung der Rohrleitungen und Heizung längst überfällig, und das Stadthaus in Mayfair brauchte dringend ein neues Dach.
„Natürlich hast du Bedingungen“, sagte Colin ruhig. „Wäre eine vielleicht eine Hochzeit fernab einer Kapelle in Vegas?“
„Nein, ganz bestimmt nicht. Ich sagte, ich würde mit dir verheiratet bleiben – nicht, dich noch einmal zu heiraten.“
„Gibt es da einen Unterschied?“, fragte er spöttisch.
„Selbstverständlich. Kannst du dir vorstellen, was unsere beiden Familien tun würden, wenn sie miteinander in einer Kirche sitzen müssten?“
„Frieden schließen und das göttlicher Intervention zuschreiben?“
„Eher das Gegenteil, da bin ich mir sicher.“
„Das hätte sicher einen gewissen Unterhaltungswert.“
„Da würde ich schon lieber einen Elvis-Imitator engagieren.“
„Das hättest du beinah schon mal getan.“
„Erinnere mich nicht daran.“ Sie hatte es abgelehnt – in letzter Sekunde –, einen Möchtegern-Elvis als Trauzeugen zu nehmen.
„Also, was sind deine Bedingungen?“
„Ich möchte, dass du mir die Wentworth-Immobilien überschreibst.“
„Aha.“ Colin machte den Eindruck, als habe er diese Forderung erwartet.
„Das ist nur fair. Schließlich halten sie diese Ehe aufrecht.“
„Wenn man bedenkt, wie schwach deine Verhandlungsposition ist, dann ist das eine beeindruckende Forderung. Du kannst letzten Endes nur damit drohen, unsere Ehe aufzulösen, aber dann würdest du die betreffenden Anwesen sowieso nicht bekommen.“
Belinda errötete, ließ sich jedoch nicht beirren.
In ihrem Job als Kunstexpertin hatte sie gelernt, dass man anfangs viel mehr forderte, als man zu erzielen hoffte. Jetzt war es an Colin, ihr ein Gegenangebot zu machen.
„Und außerdem, welche Garantie habe ich, dass du nicht nach Vegas rennst, um eine Auflösung unserer Ehe zu veranlassen, sobald ich dir die Anwesen überschrieben habe?“
„Du hast mein Wort.“
Colin lachte. „Du bist zwar zum Anbeißen, aber immer noch eine Wentworth.“
Belinda ignorierte die Tatsache, dass ihr Herz beim Wort Anbeißen einen Schlag aussetzte. „Und du bist ein Granville.“
„Darauf läuft das Ganze hinaus, nicht wahr?“
Sie warf ihm einen ganz und gar nicht amüsierten Blick zu.
„Ich schlage dir einen Kompromiss vor. Ich überschreibe dir die beiden Anwesen eins nach dem anderen. Je länger wir verheiratet sind, desto mehr bekommst du bei einer Scheidung.“
Belinda war sehr erleichtert. Colins Vorschlag war der gleiche, den ihr Onkel drei Tage zuvor in London gemacht hatte.
Auch wenn es sie ärgerte, dass die beiden Männer sie in eine
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