Ehemann für eine Nacht?
hatte im neunzehnten Jahrhundert Anlass für langwierige Grenzstreitigkeiten mit Colins Familie gegeben.
Belinda schwirrte der Kopf. Du trägst keine Verantwortung für die Güter der Wentworths, sagte sie sich. Schließlich lebte sie als Kunsthändlerin in New York. Sie war weit weg von den Scherereien der Familie – oder etwa nicht?
„Ich nehme an, du hast den Landsitz in Berkshire ähnlich anonym erworben. Die Firma, die du für die Transaktion benutzt hast, ist nicht zufällig LG Management?“ Das war die mysteriöse Firma, der die Hacienda gehörte, in der sie sich gerade befanden.
„LG Management, ja.“ Colin verzog den Mund zu einem kleinen Lächeln. „Lord Granville Management.“
„Wie clever von dir.“
„Freut mich, dass du das so siehst.“
Ihre Gedanken überschlugen sich. Wie war es möglich, dass die Familie ihre Immobilien abstieß und sie selbst keine Ahnung davon hatte? War die finanzielle Lage der Familie derart katastrophal?
„Wie habt ihr deine luxuriöse Hochzeit mit Todd bezahlt?“
„Das geht dich gar nichts an.“
Colin vergrub die Hände in den Hosentaschen. „Ich vermute, dass die Dillinghams einen Teil der Kosten übernommen haben, so wie es üblich ist. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass du den gesamten Anteil der Wentworths getragen hast.“
Sie hatte einen Teil der Unkosten für ihre Hochzeit bezahlt. Aber weil Onkel Hugh und ihre Mutter unbedingt eine großartige Feier wollten, hatte sie darauf bestanden, dass sie die Zusatzkosten übernahmen.
„Ich kann mir vorstellen, das deine Heirat für Hugh der rettende Strohhalm war. Sein letztes verzweifeltes Spiel, um das Erbe der Familie durch eine neue Geldspritze von den Dillinghams zu erhalten. Leider ging der Schuss nach hinten los.“
Ungläubig starrte Belinda Colin an. Es war unfassbar, dass ein Granville jetzt Land der Wentworths besaß. Allerdings war es auch für einige Leute schwer begreiflich, dass eine Wentworth – nämlich sie – mit einem Granville verheiratet war.
Aber alles ist noch nicht verloren, beschwor sie sich.
„Selbst wenn du jetzt beide Anwesen besitzt, als deine Frau habe ich einen Anspruch auf sie. Schließlich sind wir verheiratet.“
In Colins Augen blitzte es auf. „Ja, aber höchstens auf die Hälfte der Immobilien. Und bestenfalls könntest du eine gerichtliche Bewertung bekommen, doch dann hättest du nur ein Anrecht auf einen Teil des Erlöses aus dem Verkauf an Dritte.“
Die Ratte. Colin würde es auf einen Rechtsstreit ankommen lassen. Sie hätte sich denken können, dass es aussichtslos war, Colin bei seinem eigenen Spiel übertrumpfen zu wollen. Erfolgreiche Firmeninhaber wie er beschäftigten ganze Heerscharen von Anwälten.
„Hast du die Immobilien nicht während unserer Ehe erworben? Würden die dann nicht als ehelicher Zugewinn betrachtet, der bei einer Scheidung geteilt wird? Wir haben keinen Ehevertrag.“
„Da unsere Ehe vom ersten Tag an praktisch nur auf dem Papier besteht …“ Er sagte zwar nicht: dank dir, aber Belinda hörte diese Anschuldigung deutlich heraus. „… ist es unwahrscheinlich, dass ein Gericht diese Immobilien bei einer Scheidung berücksichtigen würde. Wie auch immer, ich vermute, du würdest versuchen, den Landsitz der Wentworths zurückzubekommen.“
Belinda war bemüht, sich nicht anmerken zu lassen, dass er recht hatte.
„Es scheint so, als wären wir in einer Sackgasse gelandet.“
„Du hast offenbar alles gut durchdacht“, hielt sie ihm vor.
„Einigermaßen, aber drei Jahre sind auch eine lange Zeit zum Nachdenken … über eine Ehefrau ohne eheliche Pflichten.“
Belinda spürte, wie sie errötete. „Wieso glaubst du, dass es mich kümmert, was auf der anderen Seite des Ozeans mit ein paar alten Gebäuden und Grundstücken passiert?“
„Oh, es ist dir nicht egal. Im Stadthaus in Mayfair und auf dem Landgut in Berkshire hast du schließlich deine Kindheit verbracht.“
Belinda kaute auf ihrer Unterlippe herum.
„Ich habe dich zwar nur aus der Ferne beobachtet“, ergänzte Colin spöttisch, „aber dein Kommen und Gehen war aufschlussreich genug für mich.“
Wieder lag er richtig, der verdammte Kerl.
Belinda erinnerte sich, wie sie mit vier oder fünf durch die Räume des Stadthauses gerannt war und später auf dem Landsitz Reiten gelernt hatte. Und dann die unzähligen Einladungen zum Dinner. Sie hatte ihrer Mutter zugesehen, wie sie sich dafür zurechtmachte. Als Teenager hatte sie dann selbst an
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