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Ehrbare Händler: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Ehrbare Händler: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Ehrbare Händler: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Domeier
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immer der Streit mit Agnes durch den Kopf. Er wurde aus ihr nicht schlau. Sie war so klug und begabt, wenn es um Sprachen und geistige Themen ging. Sie kannte sich in den Schriften der Kirchenväter und in der Heiligen Schrift bestens aus. Und sie konnte gut mit Menschen umgehen, kam mit ihnen schnell ins Gespräch. Aber dann war sie auch wieder so naiv und blauäugig, dass sie nicht erkannte, wenn man ihr etwas vormachte.
    Er schaute sich um. Inzwischen war er in der Nähe des Hauses des toten Händlers. Vielleicht sollte er ein paar Worte mit diesem Gehilfen von Bode wechseln. Ludolf stand unentschlossen herum und grübelte. Er konnte sich kaum konzentrieren. Was sollte er fragen? Wonach suchte er eigentlich? Hatte er überhaupt eine Spur? In seinem Kopf kreisten nur noch Agnes und ihr unmögliches Benehmen.
    »Ich muss mich zusammenreißen!«, fuhr er sich selbst an. »Es muss auch ohne sie gehen.«
    Er atmete tief durch und marschierte dann über die Straße. Forschen Schrittes betrat er das Kontor. Ulrich Rehkopf schleppte einige Säcke in den hinteren Teil des Hauses. Da er dem Besucher den Rücken zukehrte, bemerkte er Ludolf nicht. Erst die knarrenden Holzbohlen schreckten ihn auf.
    »Ah. Ihr seid das. Ich dachte schon, ein Kunde wäre gekommen.«
    »Kaufen will ich nichts.«
    »Ich hole Euch den Bernhardt. Der kann Euch wieder helfen.« Damit wollte Rehkopf schon loseilen.
    »Wartet bitte. Ich wollte eigentlich mit Euch sprechen.«
    Der Gehilfe hielt erstaunt inne. Mit großen Augen und leicht stockend fragte er: »Wie … äh … Was sollte ich schon sagen können?«
    »Zum Beispiel: Was wird aus diesem Geschäft? Jetzt, wo der Händler Bode tot ist.«
    Verlegen schaute sich Ulrich Rehkopf um und kratzte sich die Wange. Seine dünne Stimme klang noch ängstlicher als üblich. »Ich weiß nicht. Vielleicht wird das Geschäft ja verkauft. Es gibt keinen Sohn, der das hier übernehmen kann. Nur ’ne Tochter. Aber die ist noch nicht verheiratet. Bei einem Verkauf werde ich wohl nicht bleiben können. Der neue Herr wird schon jemanden haben, der die Arbeit macht, wie ich jetzt hier.«
    »Warum sollte denn verkauft werden? Die Witwe Bode kann doch das Geschäft fortführen.«
    Der Kontorsgehilfe lächelte plötzlich. »Sie ist doch eine Frau. Man muss aber in der Händlergilde sein. Und das kann nur ein Mann.«
    Ludolf nickte. So weit war es dann noch nicht her damit, dass Stadtluft frei machte. Sicher, die Menschen waren der Leibeigenschaft der Fürsten und Ritter entronnen, mussten sich hier aber nun anderen Herren unterordnen: Ratsherren, Gilden und anderen kleinen, elitären Gruppen, die der großen Menge der einfachen Bevölkerung ihren Willen aufzwangen. Und wenn eine Frau nicht in die Händlergilde durfte, war es mit der Freiheit in der Stadt wohl auch nicht weit gediehen. Andererseits war die Äbtissin von Herford die Gebieterin einer ganzen Stadt, nahm also den gleichen Rang ein wie hier in Minden der Bischof.
    Ludolf lenkte seine Gedanken zum eigentlichen Zweck seines Besuchs zurück: »Ist am Dienstag, dem Todestag des Händlers, etwas Außergewöhnliches passiert?«
    Rehkopf überlegte einen Moment: »Na ja, wie man’s nimmt. Zwei Wagen mit lang erwarteten Waren kamen an, und ein Bote aus Petershagen meldete, dass das Boot aus Bremen dort angekommen sei. Der Herr war sehr erfreut.«
    Ludolf war verwirrt. Wenn sich der Händler aber umgebracht hatte – und die Spuren auf dem Dachboden sprachen dafür -, musste seine Gemütsverfassung eine andere gewesen sein. Ludolf vergewisserte sich noch einmal: »Er war also nicht niedergeschlagen?«
    »Nein. Er sagte, er würde so gut schlafen wie schon lange nicht mehr.«
    »Aber gab es in letzter Zeit nicht viele Probleme mit dem Geschäft?«
    »Halt die Risiken, die jeder Händler hat. Es gab da einen Brand im Lager in Bremen vor so ungefähr drei Monaten. Einige Ballen des Händlers gingen verloren. Und vor einem Monat trieb ein Schiff nachts von der Reede ab. Es schlug an einer Mauer leck und sank. Das war ein schlimmer Verlust, denn fast alle Waren wurden entweder vom Wasser verdorben oder schwammen einfach davon. Die Seile waren nicht durchgeschnitten worden. Aber wir wissen nicht, ob ein Unbekannter das Schiff losgebunden hat oder ob die Mannschaft es nur zu nachlässig befestigt hatte. Aber das alles war wohl nicht schlimmer, als es auch andere Händler treffen kann.«
    »Ich habe gehört, dass auch Wagen überfallen wurden?«
    »Ein Wagen. Aber nur das

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