Ehrbare Händler: Historischer Kriminalroman (German Edition)
der Kaufleute eintreten muss.«
Das klang für Ludolf einleuchtend. Diese Verfügung festigte die Macht der Kaufleute im Rat. Aber er schweifte ab. Er musste mehr über den Händler Bode erfahren: »Werte Herren, ich möchte gern zu meinem eigentlichen Anliegen kommen: Es gibt verschiedene Gerüchte um Schulden, die der Händler Bode gehabt haben soll. Könnt Ihr mir sagen, ob etwas davon wahr ist?«
Einer der Händler kam ein paar Schritte näher. »Ich denke, ich spreche im Namen meiner lieben Kollegen. Wir hätten bestimmt gehört, wenn sich der Händler Bode in wirtschaftlichen Nöten befunden hätte. Wir sind uns zwar nicht sicher – er hätte sich auch Geld in einer anderen Stadt leihen können, das wird dann hier in Minden nicht so schnell bekannt –, aber ich kann es mir nicht vorstellen.«
Ein anderer Ratsherr ergänzte. »Er hatte leider ein paar Verluste. Aber es ist kaum vorstellbar, dass er dadurch sein ganzes Vermögen verloren haben soll.«
»Könnte es einen Zwist mit anderen Händlern – vielleicht in Bremen oder Lübeck – gegeben haben? Weil er nicht liefern konnte?«
»Tja, junger Freund. Die Möglichkeit besteht. Aber jeder Kaufmann kennt die Probleme und Risiken sehr genau. Ich kann kaum glauben, dass jemand einen anderen deswegen ermordet. Dann wäre das Geld ja auf jeden Fall verloren. Das wäre äußerst unklug. Ich bin der Überzeugung, dass solche … ähm … Schwierigkeiten innerhalb der Gemeinschaft der Händler gelöst werden. Auf eine menschlichere Art und Weise.«
»Der verstorbene Händler hatte also keine Schwierigkeiten mit einem der anderen Ratsherren. Oder?«
Die Ratsherren schauten auf den Bürgermeister. Es war offensichtlich, dass sie ihm die Antwort überlassen wollten. Sie schienen etwas zu wissen, das sie aber nicht so ohne Weiteres offenbaren wollten oder konnten.
Der Bürgermeister räusperte sich, ehe er begann. »Ich möchte, dass Ihr über das schweigt, was wir Euch jetzt sagen. Johannes Bode hatte angefragt, ob er diesmal das Amt des Bürgermeisters übernehmen könne. Wir haben uns darüber gefreut. Er war bisher immer sehr ehrlich, aufrecht, loyal zur Stadt und zur Gilde. Er wäre eine gute Wahl für die Bürger der Stadt gewesen.«
»Und wo war das Problem?«
»Kaum war bekannt, dass Bode nach dem Amt strebte, meldete Röttger Schäfermann ebenfalls Interesse an.«
Ludolf wurde neugierig. »Und da kam es zum Streit zwischen Bode und Schäfermann um das Amt?«
Der Ratsherr Albert von Leteln widersprach: »Nein, eigentlich nicht. Der Händler Bode, der war der ältere und Schäfermann hat … äh … noch viele Jahre die Möglichkeit, das Amt zu übernehmen. Also beschlossen wir, dass … äh … diesmal Johannes Bode der Vorzug zu geben war.«
»Und das hat Schäfermann so einfach hingenommen?«
»Ja … äh … doch natürlich. Der Rat der Stadt Minden hatte es so beschlossen. Wir sind eine Gemeinschaft. Hier entscheidet die … äh … Mehrheit, nicht ein Einzelner. So hat er seinen Antrag zurückgezogen. Er hat es zwar bedauert, aber so hingenommen. Es war halt wie … äh … sonst auch. So machen wir das üblicherweise.«
Ludolf musste sich ein Grinsen verkneifen und nahm sich vor, beim nächsten Mal die
Ähs
des Ratsherrn mitzuzählen. Wurde er so in Ratssitzungen überhaupt ernst genommen? Aber seine Gedanken schweiften ab. »Ihr werten Herren, wie steht die Sache aber nun nach dem Tod des Händlers Bode?«
Die anwesenden Ratsherren tauschten wieder Blicke. Nach einem Moment der Stille fuhr der Bürgermeister fort: »Ihr könnt es ruhig erfahren. Es ist nichts Geheimnisvolles dabei. Heute Morgen nach unserer Besprechung kam Röttger Schäfermann und erneuerte sein Gesuch, das Amt des Bürgermeisters zu übernehmen. Darauf kam der Rat der Vierziger zusammen. Und soeben haben wir dem Gesuch zugestimmt.«
»Ihr haltet ihn also für geeignet? Trotz seiner Jugend?«
»Röttger Schäfermann ist geschäftstüchtig und wirklich erfolgreich. Das Amt wird ihm sicher nutzen, sich gegenüber den Händlern in anderen Städten besser zu behaupten. Er besitzt schon ein Kontor in Bremen. Bald will er einen eigenen Vertreter in Lübeck und in Novgorod haben. Er hat dafür sehr viel Geld ausgegeben, und das muss sich nun rentieren. Darum glaube ich, dass Schäfermann eher Geldprobleme bekommt als Bode.«
»Waren die beiden eigentlich mit ihren Geschäften Konkurrenten?«
»Nein. Johannes Bode handelte vor allen Dingen mit Pelzen, Flachs, Hanf, Talg und
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