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Ehrbare Händler: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Ehrbare Händler: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Ehrbare Händler: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Domeier
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bemitleidenswerte Schwägerin Anna so gut es geht zu trösten. Und natürlich auch ihre Tochter Brigitta. Das arme Mädchen muss dieses Chaos mit ansehen. Eine Schande ist das. So traurig es auch ist, aber der Tod dieses sündigen Menschen ist eine Erlösung für uns alle. Wir beten darum, dass der Herr seiner Seele gnädig ist. Auch wenn ich nicht allzu große Hoffnungen hege.«
    »Herzlichen Dank für Eure offenen Worte«, entgegnete Agnes. »Damit habt Ihr uns sehr weitergeholfen. Ihr habt uns einen guten Einblick in die Familie gegeben.«
    Zum ersten Mal erschien ein Lächeln auf dem Gesicht der Frau von Wiesen. Ihre Nervosität hatte inzwischen nachgelassen. Zum Schluss hatte sie beinahe gelöst gewirkt.
    Wolfram und Agnes verabschiedeten sich und machten sich auf in Richtung des Hauses von Meister Naumann.

Bei den Ratsherren
    Ludolf wollte noch einmal mit dem Bürgermeister reden. Ihm ging der Widerspruch zwischen dem, was der Händler Schäfermann am Morgen gesagt hatte, und dem, was der Kontorsgehilfe behauptet hatte, nicht aus dem Kopf. Lief das Geschäft nun schlecht oder waren es Verluste im üblichen Rahmen? Gab es Schulden? Zugegebenermaßen, das Letztere hatte Ulrich Rehkopf nicht beantworten können.
    Im Rathaus bat Ludolf einen Ratsdiener, ihn zum Bürgermeister zu führen. Der Bedienstete bat ihn jedoch um einen Augenblick Geduld, da die Ratsherren gerade wegen der Wahl des neuen Bürgermeisters tagten.
    Kurze Zeit später kamen einige edel gekleidete Herren die Treppe herunter. Der Amtsdiener führte Ludolf nach oben in den großen Saal, den er schon vom Morgen her kannte. Der junge Händler Schäfermann verabschiedete sich gerade in seiner etwas überheblichen Art vom Bürgermeister und den restlichen Ratsherren. Im Hinausgehen schaute er nur kurz zu Ludolf hinüber, brummte etwas Unverständliches vor sich hin und verschwand dann.
    »Ah! Junger Herr vom Domhof. So schnell seid Ihr schon wieder zurück?« Der Bürgermeister von Bucken kam auf ihn zu. »Habt Ihr etwas Neues für uns?«
    »Ehrlich gesagt nicht. Ich hoffte, bei Euch noch ein paar Hinweise zu bekommen.«
    »Aber gern.«
    Inzwischen hatten die Ratsherren Giseler und von Leteln den restlichen anwesenden Ratsherren erklärt, wer der unbekannte Gast war. Sie waren erfreut, den jungen Mann, über dessen Auftrag sie natürlich informiert waren, nun persönlich kennenzulernen. Man stellte sich vor und tauschte einige Höflichkeiten aus.
    »Was führt Euch zu uns?«, fragte der Bürgermeister.
    »Eine Frage vorweg, bitte. Ich hörte soeben von der anstehenden Bürgermeisterwahl. Werdet Ihr wieder kandidieren?«
    »Nein. Das geht leider nicht.«
    »Warum? Seid Ihr schon zu lange Bürgermeister?«
    »Genau. Ein Bürgermeister bleibt nur für ein Jahr im Amt.«
    Ludolf machte ein solch überraschtes Gesicht, dass die Ratsherren lachen mussten.
    »So ist nun mal der Beschluss, der im Jahre 1301 in einer Urkunde festgelegt wurde 6 «, erklärte ihm einer der Ratsherren. »Daran halten wir uns auch heute noch nach über achtzig Jahren. Zuerst werden vierzig geeignete Männer aus den vier großen Gilden der Bürgerschaft bestimmt: aus der der Kaufmänner zweiundzwanzig und aus den Ämtern der Bäcker, Schuhmacher und Fleischer jeweils sechs. Dann bestimmt dieser Vierzigerrat jährlich zwölf Männer aus ihrer Mitte. Diese zwölf Männer sind die eigentlichen Wähler der neuen Ratsherren: Sie leisten vor der Neuwahl des Rates einen Eid, dass sie nur geeignete Personen bestimmen werden. Erst jetzt kommt die eigentliche Wahl des Rates. Gewählt wird der Bürgermeister als
primus inter pares 7 .«
    »Und warum dieser häufige Wechsel?«, wollte Ludolf wissen
    »Der Bürgermeister soll jährlich wechseln, damit er nicht zu viel Macht bekommt«, sagte Henrich Giseler. »Natürlich sprechen wir schon vor der Wahl innerhalb der Vierziger, wer Ratsherr wird und wer Bürgermeister. Man hat ja auch sein eigenes Geschäft, um das man sich kümmern muss. Trotz alledem, das Amt des Bürgermeisters ist natürlich beliebt, weil es das Ansehen vergrößert und man dadurch bekannter wird. Das wiederum ist gut fürs Geschäft.«
    »Und jeder Bürger kann Bürgermeister werden?«
    Die Ratsherren schauten sich ein wenig verlegen an. Schließlich antwortete der Bürgermeister selbst: »Doch, schon. Seit
anno domini
1360 sieht die Wahlordnung aber vor, dass ein Handwerker, der in den Rat gewählt worden ist, sein Handwerk aufgeben und für zwanzig Gulden 8 in die Gilde

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