Ehrbare Händler: Historischer Kriminalroman (German Edition)
Teer. Schäfermann mehr mit Gewürzen, persischer Seide, Apothekerwaren und Weihrauch. Die beiden sind sich also nie ins Gehege gekommen.« Der Bürgermeister lächelte wissend. »Der Gedanke hinter Eurer Frage war doch bestimmt:
Cui bono
? 9 Wer profitiert davon?«
Ludolf nickte. Also war er genauso schlau wie vorher. Er wusste immer noch nicht, ob es Schulden gab oder nicht. Oder warum jemand Johannes Bode aus dem Weg räumen wollte. Diese Ratsherren hier, die selbst Händler waren, würden nie und nimmer irgendwelche Verwicklungen mit dem Tod des Händlers preisgeben, es sei denn, sie wurden dazu gezwungen oder die Beweise sprachen für sich. Gegen die Theorie, dass sie etwas mit dem Tod Bodes zu tun hatten, sprach natürlich, dass es ja gerade die Ratsherren gewesen waren, die Ludolf und Agnes mit Nachforschungen beauftragt hatten. Es gehörte schon eine Menge Unverfrorenheit und Selbstsicherheit dazu, von fremder Seite her ermitteln zu lassen, wenn der Stadtrat selbst seine Hände im schmutzigen Spiel hatte.
Ludolf dankte den Ratsherren für die Hilfe und verließ enttäuscht das Rathaus.
Gabriel von Wiesen
Das Haus von Meister Naumann in der Kampstraße war sehr ordentlich und recht geräumig. Auf der Straße hörte man das leise Klappern von Webstühlen in der Werkstatt. Agnes und Wolfram von Lübbecke betraten das Gebäude durch eine offenstehende zweiflügelige Tür. Sie befanden sich in einem kleinen Vorraum, an dessen Wände diverse Ballen mit gesponnenen Garnen und fertig gewebten Tuchen standen. Ein Bursche von etwa sechzehn Jahren schleppte die Waren hin und her und stapelte sie ordentlich auf.
Als der junge Arbeiter die Besucher sah, verbeugte er sich eifrig: »Herzlich Willkommen, werte Frau! Und auch Ihr, hochgeschätzter Hauptmann von Lübbecke. Womit kann ich Euch dienen?«
»Wir möchten zu Gabriel von Wiesen. Wir hörten, er ist gerade hier zu Besuch«, erwiderte Agnes. »Wir müssen dringend mit ihm sprechen.«
»Ja, der Meister von Wiesen ist bei meinem Herrn. Bitte folgt mir.«
Wolfram und Agnes wurden eine Treppe hinaufgeführt. Auf dem Treppenabsatz im ersten Stock befanden sich zwei Türen. Der junge Mann klopfte an eine der beiden und wartete die Antwort ab. Dann öffnete er und ließ die Besucher eintreten.
In der geräumigen Stube saßen an einem Tisch zwei Männer um die fünfzig und tranken Wein. Sie waren ausgesprochen vornehm gekleidet. Als Wollweber verfügten sie selbstverständlich über die besten Stoffe. Die Handwerksmeister betrachteten erstaunt die unerwarteten Gäste. Nach der Begrüßung wurden Agnes und Wolfram von Lübbecke Sitzplätze angeboten. Sie machten es sich in den gemütlichen Polsterstühlen bequem.
»Was können wir für Euch tun, Hauptmann?«, fragte einer der Männer.
»Meister Naumann, wir müssen dringend mit dem Meister von Wiesen sprechen.« Dabei verneigte sich Wolfram in Richtung des anderen Herrn.
»Und was wollt Ihr von mir?«, fragte nun der andere.
»Wir untersuchen den Mord an Eurem Schwager.«
»Mord?« Die beiden Meister schauten sich überrascht an. »Nicht Selbstmord?«
»Richtig. Alles deutet darauf hin, dass der Händler ermordet wurde.«
Nach einem Augenblick des Erstaunens ergriff Agnes das Wort: »Meister von Wiesen, wir würden uns gern mit Euch allein unterhalten.«
Der Wollweber zog erstaunt die Augenbrauen hoch. »Was sollte ich Euch denn noch sagen? Mein bescheidenes Wissen reicht sicherlich nicht an Eure Erfahrungen heran. Bei Mord oder sonstigen Verbrechen bin ich ein kompletter Laie. Wenn es um Wolle oder ums Weben ginge, könnte ich Euch wahrscheinlich eher helfen.«
»Wir wollten mit Euch über Euer Verhältnis zu Eurem Schwager sprechen.«
Von Wiesen rutschte ein wenig in seinem Stuhl hin und her. Doch bevor er antworten konnte, sagte Meister Naumann: »Ich lass Euch am besten allein. Ihr könnt hier in Ruhe miteinander sprechen. Ich bin solange in der Werkstatt unten.« Damit stand er auf.
Aber sein Amtskollege bat ihn eifrig: »Nein, nein! Bitte bleibt doch, guter Freund. Was sollen die Herrschaften denn schon Geheimnisvolles entdecken können? Was ich zu sagen habe, kann jeder hören. Ich habe ein reines Gewissen. Ich habe mir wirklich nichts vorzuwerfen.«
Meister Naumann stand unschlüssig im Raum und kratzte sich nachdenklich an der Nase. Schließlich setzte er sich doch wieder an den Tisch.
Von Wiesen wandte sich an den Hauptmann: »Was möchtet Ihr wissen?«
Aber nun war Agnes schneller: »Wir
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