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Ehre sei dem Vater (German Edition)

Ehre sei dem Vater (German Edition)

Titel: Ehre sei dem Vater (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisa May
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übernommen und natürlich eine Loge für sie beide bestellt. Sie
kauften sich noch je eine Cola und das obligatorische Popcorn. Alles deutete
auf einen vergnüglichen Abend hin. Als die Vorstellung begann, rückte Verena so
nah als möglich an Julians Seite, um ihn zu ermuntern, seine Hand um ihre
Schultern zu legen. Er rückte seinerseits ein Stückchen von ihr weg. Verenas
Blicke suchten möglichst unauffällig nach ihren Freundinnen. Als Eva kurz
winkte, wusste sie nicht, ob sie beruhigt oder doch eher das Gegenteil davon
sein sollte. „Wahrscheinlich ist er nur schüchtern“, beruhigte sie sich,
während sie flüchtig seine Oberschenkel berührte. Der Film hatte soeben erst angefangen,
aber Jules war anscheinend zu vertieft in die Handlung, um ihre offensichtlichen
Annäherungsversuche zu bemerken. „Ich muss wohl doch direkter werden“,
entschied sie. Sanft streichelte Verena über die Innenseite seiner Schenkel,
als er plötzlich aufsprang und den gesamten Inhalt seines Colabechers über ihren himmelblauen Faltenrock schüttete. Doch nicht genug, dröhnte er auch
noch für sämtliche Kinobesucher laut vernehmlich: „Ich will das nicht!“,
während er über die mittlere Treppe zum Ausgang stürmte. Plötzlich schien sich
im gesamten Kino keine einzige Person mehr für die Handlung auf der Leinwand zu
interessieren. Alle Gesichter waren auf die Hauptfigur im „Logendrama“
gerichtet. Verena fiel die Entscheidung, ob sie lieber cool (und pitschnass) sitzen
bleiben, oder vor aller Augen ebenfalls die Flucht ergreifen sollte, sichtlich
schwer. Am besten wäre natürlich Versinken gewesen, aber da diese Handlung
leider nicht einem Film entsprungen war, musste sie sich wohl oder übel eine
der herkömmlichen Methoden aussuchen. Sie starrte einen Moment lang mit
unbeteiligter Miene auf die Leinwand in der Hoffnung, damit die Blicke der
Menschen im Raum von sich abzulenken, dann erhob sie sich so leise wie möglich
und rannte schließlich in gebückter Körperhaltung, ohne links oder rechts zu
schauen, aus dem Saal.
    Niemals zuvor hatte sie sich so elend
gefühlt. „Am besten ich besorg mir gleich einen Strick, mein Leben ist
gelaufen!“, ging es ihr durch den Kopf als sie tränenüberströmt zu Hause um die
Ecke bog. Sie war nicht schlecht verwundert, als sie eine bekannte,
zusammengekauerte Gestalt auf der Treppe sitzen sah.
    „Du wagst es hier aufzutauchen?!“
    Julian war gekommen, um sich zu
entschuldigen. Er selbst war in keinem viel besseren Zustand als Verena. Seine
geröteten, verschwollenen Lider ließen darauf schließen, dass auch er geweint
hatte. „Ich weiß auch nicht, was in mich gefahren ist, am liebsten würde ich
die Zeit noch einmal zurückdrehen. Ich hätte mich nicht mit dir verabreden
sollen!“
    „Na toll, ich bin also so schrecklich, dass
man sich mit mir nicht verabreden sollte! Danke!“
    „Nein, so war das nicht gemeint, im
Gegenteil. Ich wollte vor meinen Schulkameraden mit dir prahlen, stattdessen
habe ich alles gründlich vermasselt. Scheinbar krieg’ ich auch wirklich gar
nichts auf die Reihe. Ich weiß, das ist ein schwacher Trost, aber irgendwie
interessiere ich mich in Wirklichkeit noch gar nicht für Mädchen. Du solltest
meine Ehrenrettung vor den Hänseleien meiner Kumpel sein. Aber irgendetwas in
mir sträubt sich gegen diesen Gruppenzwang. Wenn, dann sollte es von mir selbst
kommen, das ist mir inzwischen klar. Was dich betrifft, leider zu spät. Bitte
verzeih mir. Ich bin so ein Idiot!“
    „Ach, wie leid du mir doch tust! Und wie,
bitte schön, soll ich jetzt aus dieser jämmerlichen Situation heraus kommen?
Soll ich vielleicht meinen Freundinnen erzählen, sie haben heute Abend nur eine Fatamorgana gesehen?“
    „Die Idee ist vielleicht gar nicht so
schlecht! Wenn wir so tun, als wäre nichts geschehen und uns offiziell
vielleicht sogar als Paar ausgeben, wären wir beide aus dem Schneider!“
    „Bist du verrückt?“, entfuhr es Verena, doch
noch während sie sprach, erkannte sie seinen Vorschlag als einzige Chance,
diese Misere erhobenen Hauptes hinter sich bringen zu können.
    Egal, was die Anderen wirklich gedacht haben,
damals entstand eine Freundschaft fürs Leben!
    „Ich möchte den peinlichen Vorfall von damals auf keinen Fall missen“, sagte
Verena, während sie genüsslich einen Schluck des Campari-Mixgetränks auf der
Zunge zergehen ließ. „Allein, wenn ich die Stunden zusammenzähle, die wir uns
später gemeinsam darüber amüsiert haben, bin

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