Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eichmann-Syndikat: Tom Sydows fünfter Fall (German Edition)

Eichmann-Syndikat: Tom Sydows fünfter Fall (German Edition)

Titel: Eichmann-Syndikat: Tom Sydows fünfter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
Vom Netzwerk:
gegangen,
mehr als er zuzugeben bereit war. Auf Ärger konnte er deshalb verzichten, und sei
es nur, um seine Nerven zu schonen.
    »So, wir
sind da!«, war folglich alles, was Sydow zu sagen hatte, und er sagte es so, als
ob dies ein Termin wie jeder andere war. Das war er freilich nicht, weit mehr als
bloße Routine oder ein Treffen, welches man rasch wieder vergaß. Die Testamentseröffnung,
zu der er geladen war, lag ihm seit geraumer Zeit im Magen, und je mehr sich die
Stunde X genähert hatte, desto größer wurden sein Missmut und Unbehagen.
    »Das sehe
ich.«
    Sydow stellte
den Motor ab und seufzte. So leicht wie erwartet ließ sich Lea offenbar nicht besänftigen.
Nach acht Jahren Ehe hätte er dies eigentlich wissen müssen.
    »Also ehrlich,
Tom Sydow, du solltest dich was schämen!«
    Der Getadelte
zog es vor, auch diese Bemerkung zu ignorieren. Die Tatsache, dass Lea ihn mit Vor-
und Nachnamen anredete, war ein Alarmzeichen, Vorsicht demnach oberstes Gebot. »Wie
heißt dieser Winkeladvokat doch gleich?«
    »Lenk nicht
ab, Tom«, erwiderte Lea und dachte offenbar nicht daran, aus dem Aston Martin zu
steigen. »Ob du es nun hören willst oder nicht – so geht man mit seiner Mutter nicht
um.«
    »Wie man
in den Wald hineinruft, so schallt es wieder raus.« Eine Beerdigung und im Anschluss
daran ein Disput, bei dem er nicht gerade gute Karten hatte. Und dann noch die anstehende
Testamentseröffnung.
    Das konnte
ja heiter werden.
    »Guck nicht
so, Tom, du weißt genau, dass ich recht habe. Man schiebt seine Mutter nicht einfach
ab.«
    »Was heißt
hier ›abschieben‹«, rang sich Sydow dazu durch, Widerstand zu leisten. »Ich finde,
sie braucht erst mal Ruhe. Aufstehen in aller Herrgottsfrühe, der anstrengende Flug,
der Rummel bei der Beerdigung – eine Frau in ihrem Alter verkraftet das nicht so
leicht. Deswegen, mein Schatz, habe ich sie einstweilen ins Hotel chauffieren lassen.
Kein Grund zur Aufregung, heute Abend sind wir wieder vereint.«
    »Du bist
ein Heuchler, Tom Sydow, weißt du das?«
    »Und dann
erst diese Testamentseröffnung«, fuhr Sydow unbeirrt fort, erleichtert über den
amüsierten Tonfall in Leas Stimme. War dies der Fall, hatte er Kap Hoorn umschifft,
wofür er unter den gegebenen Umständen dankbar war. »Ich denke, wir sollten ihr
das ersparen.«
    »Illustre
Gesellschaft, muss ich schon sagen.«
    »Meine Familie,
meinst du?«
    Die Miene
von Sydows Frau entspannte sich, und obwohl sie dagegen ankämpfte, stahl sich ein
Lächeln auf ihr Gesicht. Es war dieses Lächeln, auf das er, je länger er verheiratet
war, mit umso größerer Hilflosigkeit reagierte und widerstandslos die Waffen streckte.
»Nicht nur die.«
    »Ach so,
du meinst diese Frau.« Lea gab keine Antwort, woraus Sydow folgerte, dass er mit
seiner Vermutung richtig lag. »Möchte wissen, wer das war.«
    »Ich auch.«
    »Fraglich,
ob wir es je herausfinden werden!«, antwortete Sydow und machte Anstalten, aus dem
Wagen zu steigen. »Ich weiß nicht, aber irgendwie hatte ich das Gefühl, sie zu kennen.«
    »Kommt drauf
an, wie viele Leichen du im Keller hast, mein Schatz.«
    »Jede Menge,
aber keine, von der du nicht weißt!«, versetzte Sydow mit einer Bestimmtheit, die
seine Frau bewog, die Sache auf sich beruhen zu lassen und die Wagentür zu öffnen.
»So, und jetzt komm, damit wir die Sache hinter uns bringen.«
     
    *
     
    Dr. Carl Malinowski, Anwalt von
Tante Lu, gehörte zu den Zeitgenossen, die Sydow nicht geheuer waren. Dabei wusste
er nicht einmal genau, wieso. An der Art, wie er mit ihm im Vorfeld der Bestattung
umgegangen war, konnte es nicht liegen. Der Anwalt, in etwa 15 Jahre älter als er,
besaß gepflegte Umgangsformen, galt als ausgewiesener Experte und stammte zudem
aus der gleichen Gegend wie er. Darüber hinaus war er beredt, humorvoll und auf
dem Laufenden, was seine Meriten und die Karriere bei der Berliner Kripo betraf.
Entweder hatte er dies aus der Zeitung, folgerte Sydow, oder Tante Lu, berstend
vor Stolz, hatte mit ihrem Lieblingsneffen geprahlt. Ein Rest von Argwohn, den Lea
offenbar nicht teilte, ließ sich jedoch nicht vertreiben, weshalb Sydow sich vornahm,
nichts Privates preiszugeben.
    Malinowski,
dem Sydows Reserviertheit nicht entgangen war, ließ es beim üblichen Small Talk
bewenden und sprach ihm nochmals sein Beileid aus. Beinahe im gleichen Atemzug beauftragte
er seine Sekretärin, Kaffee aufzusetzen und bat Lea und ihn in sein Büro, von wo
aus sich ein ungehinderter Blick auf die

Weitere Kostenlose Bücher