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Eichmann-Syndikat: Tom Sydows fünfter Fall (German Edition)

Eichmann-Syndikat: Tom Sydows fünfter Fall (German Edition)

Titel: Eichmann-Syndikat: Tom Sydows fünfter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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Doktor
jur. Carl Malinowski zurück und weidete sich an der Verblüffung, die sich in den
Blicken seiner beiden Gäste spiegelte. »Für den Fall, Herr Kriminalkommissar, dass
Sie diese Absicht überhaupt hegen!«

Der Prozess
     
    ›JERUSALEM, 11. April. Vor dem Jerusalemer
Bezirksgericht hat am Dienstagmorgen, 9 Uhr Ortszeit, der Prozess gegen den früheren
SS-Obersturmbannführer Adolf Eichmann begonnen. Er ist der Beteiligung an der Ermordung
mehrerer Millionen Juden angeklagt. Die erste Sitzung war mit der erwarteten zähen,
aber korrekt geführten Auseinandersetzung zwischen dem Verteidiger und dem Generalstaatsanwalt
über die Zuständigkeit des Gerichts ausgefüllt. Diese Auseinandersetzung wird vermutlich
noch einige Zeit beanspruchen. Erst wenn das Gericht über diese Frage entschieden
und der Generalstaatsanwalt seine Anklagebegründung abgegeben hat, kann der Vorsitzende
an Eichmann die Frage stellen, ob er sich zu den 15 Punkten der Anklage schuldig
oder nichtschuldig bekennt – ein Augenblick, auf den das Auditorium mit größerer
Spannung wartet als auf den von beiden Seiten mit langen straf- und völkerrechtlichen
Argumenten ausgetragenen Streit. Er wurde sofort nach Verlesung der Anklageschrift
durch den Vorsitzenden, Richter Landau, von Rechtanwalt Servatius eingeleitet, der
beantragte, sowohl alle drei Richter als befangen zu erklären, wie auch die Zuständigkeit
des Gerichts abzulehnen. Er forderte, als Beweis für die völkerrechtswidrige Entführung
Eichmanns aus Argentinien zwei israelische Zeugen zu vernehmen.‹
     
    (Aus: Frankfurter Allgemeine
Zeitung , Mittwoch, 12. April 1961, S. 1)
     
     
    ›Es darf angenommen werden, dass,
hätten sie dieser Aufgabe höhere Priorität beigemessen, die CIA, der deutsche Verfassungsschutz
oder der israelische Mossad Eichmann ohne Weiteres hätten ausfindig machen können.‹
     
    (Aus: Tom Segev, Simon Wiesenthal.
Die Biographie , München 2010, S. 12)

Zweites Kapitel
     
    (Berlin,
Donnerstag, 31. Mai 1962)

7
     
    Berlin-Charlottenburg, Hotel
Savoy in der Fasanenstraße │ 14:55 h
     
    ›Satan in der Zelle‹ – aha!, dachte
sie, nachdem sie den Fehler begangen hatte, die neueste Ausgabe eines Hamburger
Nachrichtenmagazins durchzublättern. Diese Schmierfinken ließen sich doch immer
etwas Neues einfallen.
    Datum: 29.
April 1962. Schauplatz: das Besucherzimmer des Gefängnisses von Ramla in Israel.
Hauptfiguren: ein zum Tod verurteilter SS-Obersturmführer und seine Ehefrau, eingeflogen,
um Lebewohl zu heucheln. Ein Lebewohl ohne Händedruck, Umarmungen oder sonstige
Zärtlichkeiten, da beide durch eine Glaswand voneinander getrennt sind und Eichmann,
Vater dreier Söhne, einen Kopfhörer aufsetzen muss, um ein paar Belanglosigkeiten
mit der molligen Mittfünfzigerin auf der anderen Seite der Glaswand auszutauschen.
    Soweit also
der Artikel des Hamburger Schmierblattes, die für die Öffentlichkeit bestimmte Version
einer Geschichte, über die sie, Ex-Geliebte des Todeskandidaten, nur lachen konnte.
Eichmann war schon immer ein Heuchler gewesen, was das betraf, war er sich selbst
treu geblieben. Kaum verheiratet, hatte er die erste Geliebte gehabt, die erste
von über einem Dutzend, zu dem auch sie, zum damaligen Zeitpunkt 24, gehört hatte.
Nicht, dass sie ihm auch nur ein Wort geglaubt hätte. Dazu war sie viel zu realistisch
und nüchtern gewesen. Im Gegensatz zu den anderen ›Pantscherln‹, wie er seine Anhängsel
zu titulieren pflegte, hatte sie sich von Anfang an keine Illusionen gemacht. Ohnehin
nicht der Typ, der sich etwas vorgaukelte, hatte sie Eichmann, ihren Bettgenossen
aus Theresienstädter Tagen, für ihre eigenen Ziele benutzt. Das war auch dringend
geboten gewesen, damals, als man nicht wusste, was aus einem werden sollte. Als
man gezwungen war, sich Gedanken über die Zeit nach dem Krieg zu machen.
    Darin war
Eichmann, der ohne Flachmann aufgeschmissen gewesen wäre, übrigens einsame Spitze
gewesen. Er, der Millionen auf dem Gewissen hatte, war nicht so dumm wie all die
anderen gewesen, die den Amerikanern oder den Russen in die Arme gelaufen waren.
Adolf Eichmann, Chef des ›Judenreferats‹ im Reichssicherheitshauptamt, Abteilung
IV B 4, hatte sich so seine Gedanken gemacht. Und das rechtzeitig. Glück im Unglück,
dass er wie der Durchschnittsbürger schlechthin ausgesehen hatte. Mittelgroß, lichtes
Haar und die Aura eines kaufmännischen Angestellten. Die halbe Miete, um zu überleben.
Um in der Menge all jener, die

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