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Eichmann-Syndikat: Tom Sydows fünfter Fall (German Edition)

Eichmann-Syndikat: Tom Sydows fünfter Fall (German Edition)

Titel: Eichmann-Syndikat: Tom Sydows fünfter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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sie
wiederzuerkennen, wer dann? Ergo: Ihrem Vorhaben stand nichts mehr im Weg. Höchste
Zeit, mit Phase drei, dem krönenden Abschluss, zu beginnen. Auf dass von Agnes,
dem bestgehassten Menschen auf dieser Welt, nicht das Geringste übrig bleiben würde.
    »Mein Gott,
diese Ähnlichkeit … entschuldigen Sie, wenn ich Sie einfach anspreche, aber …«
    Weitergehen.
Einfach weitergehen. So tun, als habe sie nichts gehört. Ins Taxi steigen, das soeben
rechts rangefahren war. Und zusehen, dass sie von der Bildfläche verschwand.
    »Entschuldigen
Sie, aber kann es sein, dass wir uns schon einmal gesehen haben?«
    Aber natürlich
konnte das sein. Tagtäglich, mitunter mehrere Male. Und das mehr als 20 Jahre lang.
Im Flur, auf der Treppe, beim Einkaufen, auf dem Heimweg von der Schule.
    »Ist zwar
schon ein paar Jahre her, aber man kann ja nie wissen!«
    Nein, man
konnte nie wissen, ob ein minutiös ausgearbeiteter Plan funktionieren würde. So
viel zum Thema Strategie. Ärgerlich nur, dass sie sich diesbezüglich etwas vorgemacht
hatte. Ärgerlich, aber nicht zu ändern.
    »Was heißt
da ›ein paar Jahre‹! ›Jahrzehnte‹ trifft es vermutlich besser.«
    Wie recht
du doch hast!, dachte sie, nur noch wenige Schritte von dem wartenden Taxi entfernt.
Und falls es dich beruhigt: Ich habe dich damals schon gehasst. Gehasst wie nur
irgendetwas. Und weißt du auch, warum? Weil du hinter mir herspioniert, mich bei
Vater verpetzt, mich bei Tom, meinem ach so anständigen Bruder, permanent angeschwärzt
hast. Weil dir nichts, aber auch gar nichts entgangen ist.
    Weil du
mich einfach nicht in Ruhe gelassen hast.
    »Moment
mal, wie lange ist das eigentlich …«
    »Verzeihung,
aber ich glaube, hier liegt eine Verwechslung vor.«
    »… her?
Kaum zu glauben, schon 17 Jahre!«
    Kühl bis
ins Mark, drehte sie sich um, rückte ihre Brille zurecht und nahm die Pose ein,
von der sie annahm, dass sie den gewünschten Effekt erzielen würde. Und das ausgerecht
jetzt! Da half nur noch die Flucht nach vorn, und, falls ihre Schroffheit nicht
fruchtete, ein Griff ins Sammelsurium ihrer Drohgebärden.
    »Wie gesagt:
Ich denke, hier liegt eine Verwechslung vor!«, wiederholte sie, Auge in Auge mit
der Rentnerin, deren Miene verriet, dass ihre Schauspielkünste nicht ausreichen
würden, um den Kopf aus der Schlinge zu ziehen. »Sorry, Ma’am, aber ich kann mich
nicht an Sie erinnern!«

8
     
    Berlin-Spandau, Johannesstift
in der Schönwalder Allee │ 15:35 h
     
    »Jetzt komm schon, Tom, davor kannst
du dich nicht drücken!« Wie recht Lea doch hatte. Davor konnte sich der frisch gebackene
Universalerbe namens Sydow in der Tat nicht drücken. Es galt, den Tatsachen ins
Auge zu sehen, ob es ihm passte oder nicht. Und das bedeutete, er musste Tante Lus
Habseligkeiten durchforsten, zwischen Wichtigem und Entbehrlichem unterscheiden,
Erinnerungsstücke aufbewahren und den Rest, der ein gutes Dutzend Kisten füllen
würde, auf dem Trödelmarkt verhökern.
    So einfach
war das. Und doch so schwer.
    Schwer vor
allem, weil dies hier nicht nur Tante Lus Wohnzimmer, sondern auch ein Teil seiner
eigenen Vergangenheit war. Wohin er auch blickte, überall Gegenstände, die eine
Erinnerung in ihm wachriefen. Reminiszenzen an zu Hause, an seine Kindheit in der
Nähe von Neuruppin, an den Hickhack mit der kleinen Schwester, die partout nicht
auf ihn hatte hören wollen. Erinnerungen aber auch an die großen Ferien, die er
hin und wieder auf dem Gut von Onkel Erwin, Tante Lus Gatten und Freiherr von Zitzewitz,
verbracht hatte. Dort, unweit von Varzin in Hinterpommern, hatte man nach Herzenslust
herumtoben, ausreiten, bei der Heuernte helfen oder zusammen mit den Nachbarskindern
die Gegend unsicher machen können. Kein Mensch, schon gar nicht seine kinderlose
Tante und ihr sanftmütiger Gatte, hatte etwas dagegen gehabt. Anders als zu Hause,
wo er ständig von Mutter herumkommandiert und nach Kräften gemaßregelt worden war.
    Bei einem
dieser Besuche, irgendwann in den frühen Zwanzigern, wäre es dann beinahe zu einer
Tragödie gekommen. Agnes, damals noch ein kleines Kind, hatte sich klammheimlich
auf Entdeckungstour begeben. Und das ausgerechnet in einer Gegend, in der es von
Teichen, Tümpeln und kleinen Seen nur so wimmelte. Sie konnte nicht schwimmen, hatte
es zeitlebens nicht gelernt. Das ganze Gut war auf den Beinen, und die Aufregung,
die der Wildfang verursacht hatte, war immens gewesen. Zu guter Letzt hatte er,
Sydow, die Kleine entdeckt, am Ufer

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